Alle Artikel in: Mein Leben mit dem Besonderen

Mein Leben mit dem Besonderen #47 Wenn das Kind einen Tumor hat

Ich erinnere mich noch sehr gut an den Tag im Dezember 2010 kurz vor Weihnachten. Meine Kontrolle beim Frauenarzt stand an und mein Mann sagte noch eine Woche vorher, dass er nicht mitkommen wollte, doch am Sonntags sagte er, dass er doch mit kommen würde. Als hätte er es geahnt. Nun saßen wir beim Frauenarzt und der Arzt schallte und schallte. „warum dauert das so lange?“ dachte ich mir noch. „Arbeitet ihr Vater noch in der Klinik? Ich habe hier etwas, was ich nicht genau diagnostizieren kann und es muss ein weiterer Ultraschall gemacht werden!“ – Bum… Das saß. Wir bekamen eine Überweisung und eine Krankmeldung für die Woche. Es war kurz vor Weihnachten. Die Arzthelferinnen schauten uns schon mitleidig an, aber ich war noch ganz locker, als ich die Überweisung anforderte. Dann unten auf der Straße rief ich meinen Vater an. Als ich seine Stimme hörte, da brachen bei mir alle Dämme und ich fing an zu weinen und mein Mann übernahm für mich das Gespräch. Zwei Tage später hatten wir den Termin in …

Mein Leben mit dem Besonderen #46 Raul Krauthausen – ich war selber auch nicht immer nur ein Engel

Raul Krauthausen ist bekannt als Aktivist, der sich für viele soziale Projekte einsetzt und vor allem, wenn es um Themen wie Barrierefreiheit, Inklusion oder allgemein um die Belange von Menschen mit Behinderung geht, ist Raul ein beliebter Ansprechpartner. Denn Raul ist nicht nur unglaublich sympathisch, sondern lebt selbst mit der Glasknochenkrankheit. Ich folge Raul schon lange mit großer Begeisterung und bin immer wieder sehr beeindruckt von den großartigen Projekten, die er auf die Beine stellt, wie zum Beispiel den Verein Sozialhelden, den er zusammen mit seinem Cousin gegründet hat. Oder aber sein Buch Dachdecker wollte ich eh nicht werden: das Leben aus der Rollstuhlperspektive. Und die 3D-druckbare Mini-Rampe, die er im vergangenen Jahr entwarf. Neben all seinen Projekten und seinem sozialen Engagement, interessierte es mich aber vor allem einmal zu erfahren – wie war das so in seiner Kindheit, als Raul so alt war, wie Sonea jetzt. Und ich freue mich wirklich sehr, dass Raul ohne zu zögern einem Interview mit mir zusagte. Here you are! Du bist allgemein bekannt als Aktivist, der sich für …

Mein Leben mit dem Besonderen #45 Was „es“ mit mir macht

WUT Mein Sohn, mein Erstgeborener, mein Stammhalter, mein Wunschkind, mein Augenlicht, mein Stern, mein Mottenkäfer – ist „behindert“. BAH, was für ein Wort! Und welch elendig langer Weg bis zur Akzeptanz desselbigen. Also ICH akzeptiere es, mal mehr, mal weniger. Und dennoch macht es mich unglaublich WÜTEND !!! Doch gegen wen richtet sich die Wut einer Mutter, deren Kind so feine und doch massive Störungen mitbringt? Gegen „das Schicksal“? Ja, in besonders schwachen Momenten auch das. Aber im Alltag bin ich wütend auf reelle Menschen! Diese Art Behinderung akzeptieren ist kein Leichtes, das ist mir sehr schmerzhaft bewusst. Aber verurteilt man jemanden, nur weil man das was ihn beeinträchtigt nicht sehen oder skalieren kann? Unser Umfeld reagiert mit Augenrollen, Glotzen, Lästern, bösen Worten und Gezischel. Fremde motzen mich an, mischen sich ein, beleidigen uns. Details erspare ich euch. Und keiner von denen hat einen blassen Schimmer, was für ein Kind sie da vor sich haben. Aber es fragt auch niemand! Selbst die eigene Familie steht dem nicht-gesellschaftstauglichen Verhalten verständnislos gegenüber. Und als wenn all diese …

Mein Leben mit dem Besonderen #44 Eine Mütze voll Glück

Wie fühlt es sich an, wenn das Leben vollkommen aus den Fugen gerät? Wenn man nur weinen könnte, so aufgeputscht ist voll Sorge als hätte man zu viel Kaffee getrunken und nicht weiß wie es weiter gehen wird. Es geht weiter, das haben mein Mann und ich in den inzwischen zwei Jahren gelernt und wir haben damit gelernt zu leben. Zu Leben mit der Angst die sich in unserem Herzen einen Platz „gesichert“ hat. Die Überraschung und der damit einhergehende Schrecken waren in unserer Familie im Juli 2013 groß. Bei unserem Sohn wurde eine akute Leukämie in der Hämatologischen Poliklinik Tübingen diagnostiziert. Sicher, er war in den zwei Monaten zuvor etwas abgeschlagen und infektanfällig gewesen. Aber wie so viele andere betroffene Eltern hätten wir nie an eine Leukämie gedacht. Von einem Tag auf den anderen wurden wir aus dem geregelten Leben gerissen. Und unser Sohn konnte mit seinen 6 Lebensjahren nicht begreifen, was um ihn herum passierte. Wir mussten nach der Diagnosestellung im Krankenhaus bleiben, und am nächsten Tag fing schon die Chemotherapie an. Infusionen, …

Mein Leben mit dem Besonderen #43 Retinitis Pigmetosa

Als ich meine Frau zum ersten mal sah wusste ich innerhalb eines Wimpernschlages,dass sie meine Frau ist, dass ich sie heiraten und mein Leben mit ihr teilen werde. Sie davon zu überzeugen und ihr Herz zu erobern, dauerte genau ein Jahr. Sie selbst sprach in diesem Jahr nur wenig mit mir und ich erfuhr über andere Menschen mehr über sie und auch ihre Krankheit Retinitis Pigmetosa. Eine Krankheit die zur Blindheit führt und bei ihr bereits sehr weit fortgeschritten ist. Nachts stellte ich mir vor, wie wir zusammen leben würden und wie ich sie beschützen, begleiten und retten würde. Beschützen und retten tut sie heute allerdings mich! Sie beschützt mich davor eines Tages meinen Kopf zu verlieren und rettet mich täglich indem sie sich um meine Ausweise, verlorenen Schlüssel, meine Unordnung und meinen Alltag kümmert. Zum Dank lege ich ihr zum 100. Mal Sachen in den Weg über die sie fällt, vergesse wieder einmal die Zahnpastatube zuzudrehen und den Kaffeefilter so hinzustellen, dass sie ihn finden kann. Ich bewundere jeden Tag ihre Kraft, ihre Stärke …

Mein Leben mit dem Besonderen #42 Meine Schwester Carina

Hallo 🙂 Ich bin Isabelle und ich bin 18 Jahre alt. Ich hab schon ab und zu mal daran gedacht auch mal einen Text für diese Rubrik zu verfassen, habe den Gedanken dann aber doch relativ schnell wieder verworfen … Letzendlich hab ich mich dann jetzt doch dazu entschieden es mal zu versuchen. Erstmal denke ich, dass eigentlich jeder Mensch mit etwas Besonderem lebt, es gibt immer etwas was sein Leben von dem der anderen unterscheidet. Oft bemerkt man das aber gar nicht mehr wirklich, weil man es nie anders kannte, oder es ist einfach „normal“ geworden. Meine kleine Schwester Carina ist jetzt 17 . Sie trägt Windeln, läuft komisch, redet oft in ihrer eigenen Sprache mit sich selbst oder singt Lieder vor sich hin. Manchmal wird sie ohne Grund sehr laut und schreit . Das sind alles Dinge die mit ihrer geistigen Behinderung zusammenhängen. Aufgrund dieser wohnt sie mittlerweile auch in einer (wirklich tollen) Jugendwohngruppe. Ich denke, dass ich, bis ich ungefähr 10 Jahre alt war, nie wirklich darauf geachtet habe, dass meine Schwester anders …

Mein Leben mit dem Besonderen #41 Mein Leben mit MS

Hallo, ich bin Julia Sue, kurz JuSu, 36 Jahre alt, berufstätig, habe zwei süße Töchter (*2011, und *2012) und bin an Multipler Sklerose erkrankt. Über mein Leben mit Job, Kindern und Krankheit schreibe ich auch auf meinem Blog Mama Schulze.  Was ist Multiple Sklerose? Multiple Sklerose, kurz MS, ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems und die zweithäufigste neurologische Erkrankung neben Epilepsie. Sie bricht meist im frühen oder mittleren Erwachsenenalter auf (um die 30) und Frauen haben sie häufiger als Männer. Kurz gesagt, kann bei der Erkrankung alles betroffen sein, bei dem im Körper Nerven im Spiel sind. Also bei der Motorik und der Sensorik (Fühlen, Sehen, Hören, Bewegen, Merken, Sprechen, etc…). Sie verläuft am Anfang meist in Schüben, das bedeutet, dass es kurze Phasen mit neuen Symptomen geben kann, die sich dann nach diesen Phasen meist wieder zurückbilden oder leider bleiben. Diese Symptome kommen durch Entzündungen an den Nerven im Hirn und Rückenmark. Im Verlauf der Krankheit wird die Krankheit dann meistens zunehmend schleichend, d.h., dass immer mehr Beeinträchtigungen dazu kommen. Das kann alles …

Mein Leben mit dem Besonderen #40 Das Leben auf einer Insel

Das Besonderssein fällt mir im Alltag oft gar nicht mehr auf, denn es ist so normal für mich. Was besonders ist bei uns, das fällt den meisten auf den zweiten Blick auf. Auf den ersten Blick scheint alles normal. Ein Elternpaar, ein großer Sohn, ein kleiner Sohn. Irgendwo dahinter spielt sich das Besondere ab. Nicht immer sichtbar. Es ist ein bisschen wie auf einer Insel, ein bisschen entfernt vom Festland. Man gewöhnt sich daran, dass es bestimmte Dinge nicht oder nur selten gibt. Dafür andere Dinge im Überfluss. Kokosnüsse ganz viele, aber Kartoffeln keine. Dafür muss man rübersegeln oder warten, dass Leute vom Festland mal vorbeischauen. Das ist aber selten und immer aufregend. Ein bisschen ein Fest, aber auch mit Sorge und Angst verbunden. Wer weiß, was passiert, wenn Fremde die Insel betreten? Ich hab mich eingerichtet und schon ungeheuer viele Rezepte mit Kokosnüssen kreiert. Es gibt ja etliche Kartoffelrezepte, warum also nicht welche mit Kokosnüssen, wo diese doch auf der Insel überall wachsen? So ist Autismus ein bisschen. Für mich als Mutter und Ehefrau …

Mein Leben mit dem Besonderen #39 Besondere Begegnungen

Ich bin meinen Eltern sehr dankbar für ihre Offenheit, mich bewusst in eine Integrative Grundschule, in eine I-Klasse zu schicken. Wir hatten 4 Kinder mit Förderbedarf, die aber –in meiner Erinnerung- ganz normal zur Klassengemeinschaft gehörten, Freunde von uns waren. Ein Junge, Florian, ist mir in sehr starker Erinnerung geblieben. Er war geistig behindert und saß im Rollstuhl, hatte aber einen unglaublichen Charme, mit dem er um sich warf. Er hat immer wieder geübt, zu laufen, dann war es eines Tages soweit : Mein Klassenlehrer klappte die große Tafel komplett auf, schob Florians Rolli an die eine Seite, Florian stand auf und lief wackelig, sich festhaltend, einmal die gesamte Tafellänge entlang (ich krieg immernoch Gänsehaut wenn ich daran denk). Als er angekommen war, stand die ganze Klasse auf und applaudierte ihm begeistert. Er war soo stolz! Und wir auch. Vielleicht war diese Klasse auch ein Anreiz für mich, später mit behinderten Kindern arbeiten zu wollen. Erst in einem Wohnheim, dann, nach meiner Erzieherausbildung, in einer Förderschule, wo ich einen schwerst-mehrfach-behinderten Jungen 5 Jahre lang begleitete. …

Mein Leben mit dem Besonderen #38 Mutierte Gene

Ich mag dir heute mal meine kleine Besonderheit verraten! Ich bin ein Mutant. 😉 Ich  bin selten und mich gibt es genau so nur eimal. Leider nicht im Sinne der X-Man. 🙁 Ich kann mich  nicht verwandeln, kein Feuer machen oder sonst was wunderbares, sondern ich hab ein mutiertes Gen. Aufgrund dieser kleinen Besonderheit in meinem Erbgut, habe ich eine angebornene und verebliche Muskelüberfunktion. Lange Zeit wussten wir, also meine Familie und ich, überhaupt nicht das es was besondere ist. Denn viele Generationen lebten einfach mit ihren „Springmuskeln“, und Muskelnkrämpfe hat ja jeder mal… aber dann wurden wir durch einen tragischen Vorfall entdeckt von einem engangierten Arzt. Er forschte und fand heraus, das diese Art der Muskelerkrankung sehr selten ist- zum damailgen Zeitpunkt Weltweit in drei Familien vertreten-  und war Feuer und Flamme sie zu erforschen. Damit hatten wir einen Namen für das Ganze:  „Ripplings-Muskel-Erkrankung“. Die Einschränkungen begannen früh, ohne wirklich tragisch zu sein. Als Kind war ein Zehenspitzengang nach Ruhe charakteristisch, Rangeln kaum möglich, weil ich immer wieder bei zu starkem Kontakt Muskelkrämpfe bekam, muskuläres Aussehen …