Kinder mit Down-Syndrom sind infektanfällig und ständig krank, hieß es oft, als Sonea noch ein ganz kleines Baby und ich völlig unerfahren mit dem Down-Syndrom war.
Mein Vorwissen zeugte noch aus Zeiten, in denen man von mongoloiden Menschen sprach und doch wusste ich nicht viel. Ich kannte bis zur Geburt meiner Tochter eine einzige Person mit dem Down-Syndrom.
Ziemlich schnell wusste ich, dass meine Tochter mit den mongoloiden Menschen von damals nichts zu tun hat. Sie hatte Trisomie 21 oder aber das Down-Syndrom. Aber vor allem war sie ein ganz normales, absolut zuckersüßes Baby.
Und ich wartete auf die ersten Infekte. Aber sie kamen nicht. Und als sie dann kamen, waren sie auch schnell wieder weg. Völlig unproblematisch (im Gegensatz zu all den Babys – ohne Down-Syndrom – um uns herum, die ständig Infekte hatten).
Ich lernte, dass es einige Zusatzerkrankungen geben kann, die in Verbindung mit dem Down-Syndrom auftreten können. Beim Herzfehler hatte Sonea ausgesetzt, bei Lebensmittelunverträglichkeiten bislang auch, nur bei der Schilddrüsenunterfunktion hatte sie dafür umso lauter HIER! gerufen. Nun ja, aber medikamentös gut eingestellt, ist so eine Schilddrüsenunterfunktion auch kein Weltuntergang.
Bei Menschen mit dem Down-Syndrom treten durch die etwas andere Schädelform gerne auch mal Probleme mit den Gehörgängen auf. Oft sind diese zu klein. Die Folge sind zum einen eine Schwerhörigkeit, ein größeres Infektrisiko und Schwierigkeiten beim Spracherwerb.
Ich war jedes Mal erleichtert und fast schon ungläubig, wenn der HNO nach dem Hörscreening sagte, dass alles einwandfrei sei. Vor der Einschulung waren wir dann beim Ohrenarzt zu einem weiteren ausführlichen Screening (die herkömmlichen Hörtests beim Kinderarzt etc. decken meist nicht alle Bereiche ab) und es hieß, dass wir in ein paar Monaten noch einmal vorstellig werden sollten, weil ein paar Werte auffällig seien. Das könnte mit der mangelnden Konzentration auf die Dauer des Tests zusammenhängen, aber auch auf eine Innenohrschwerhörigkeit hindeuten. Doch man ging davon aus, dass Sonea gut hört.
Auch wir hatten absolut nicht das Gefühl, dass unsere Tochter schlecht hört, außer eben sie will nicht hören. Und deshalb zog erst einmal das erste Schuljahr ins Land bis ich den nächsten Termin beim Hals-, Nasen-, Ohrenarzt vereinbarte. Wir haben gute Ärzte in der Nähe, aber fahren doch lieber von Zeit zu Zeit in die Stadt zu einem HNO speziell für Kinder und spezialisiert auf kindliche Hörstörungen und daher auch mit fundierten Erfahrungen im Umgang mit Kindern, die das Down-Syndrom haben.
Mittlerweile macht Sonea die ganzen Tests und Screenings alleine und ich sitze im Wartebereich und warte. Aus Gewohnheit rechnete ich mit einem Ergebnis wie all die anderen Male (zumal Sonea breit grinsend aus dem Testraum gestapft kam und sagte „Ich hab alles gut gehört!“), doch diesmal hieß es „Wir haben hier Unstimmigkeiten. Laut dem einen Test sollte Ihre Tochter gut hören, aber laut dem anderen Test haben wir Auffälligkeiten. Bitte kommen Sie in drei Monaten nochmal wieder“.
Ich war ein wenig genervt. Innerlich. Schon wieder einen Arzttermin am Morgen. Schon wieder während der Schulzeit (und meiner Arbeitszeit). Sie hört doch gut! Der Folgetermin rückte immer näher und ich war fast schon versucht ihn nochmal zu verschieben. Die Schule hatte gerade erst wieder angefangen, ich hab Arbeit genug und keine Zeit für einen freien Vormittag. Ach was nerven diese ganzen Arzttermine! Schon alleine deshalb würde ich kein drittes Kind haben wollen. Weil es krank werden könnte, weil man dann mit dem Kind zum Arzt muss und all diese Organisiererei. Noch mehr Elternabende. Noch mehr schmutzige Wäsche. Noch mehr schlaflose Nächte und vor allem… noch weniger Platz im eigenen Bett. No way!
Nun ja, das Ergebnis unseres HNO-Termins war auf jeden Fall, dass Sonea noch schlechter hört als beim letzten Test. Eine so genannte Schallleitungsschwerhörigkeit. Man könnte sich das quasi so vorstellen, als hätte Sonea ständig Watte im Ohr und hört deshalb zwar alles, nur eben ein bisschen dumpfer, da die Schallsignale leiser gehört werden.
In ihrem Fall wird dies durch eine kleine OP behoben, in der das Trommelfell aufgeschnitten und ein Paukenröhrchen eingesetzt wird. Viele Eltern, deren Kind das Down-Syndrom hat, kennen das und ich muss ich das nicht weiter erklären. Es gehört für viele schon zur Routine dazu.
Der Eingriff ansich ist nicht schlimm. Schlimm sind nur die Vorwürfe, die ich mir mache, weil ich nicht sagen kann seit wann Sonea Probleme mit der Schallwellenstörung hat. Hätte ich schon viel eher mit ihr zum Spezialisten gehen müssen? Ist es erst durch eine kürzliche Wachstumsphase aufgetreten? Oder bestand das Problem schon immer, aber konnte nie wirklich erkannt werden?
Egal wie man es dreht und wendet und auch wenn man alles getan hat, um immer vorzubeugen und Beeinträchtigungen auszuschließen, ist das Kind in den Brunnen gefallen.
Ich hoffe sehr, dass Sonea bald wieder richtig gut hören und vielleicht auch besser zuhören kann. Und dann stellen sich uns neue Herausforderungen, wie Tauchverbot. Erzählt das mal meiner kleinen Meerjungfrau. Dann antwortet sie aber ganz bestimmt mit „Lass mich in Ruhe, Du Blödaaa!“. Denn sie taucht für ihr Leben gerne und kann das auch richtig gut.
Das neue Jahr hält also schon die ersten Überraschungen und Herausforderungen bereit. Schauen wir mal, was da noch kommt.
Mich findet Ihr heute bei RUMS. Und mit dabei sind diesmal der wunderschöne Big Berry von Mia Maigrün für lillestoff und MaJuna von ki ba doo.