Neueste Artikel

Mein Leben mit dem Besonderen #93 Von der Angst nicht der Norm zu entsprechen

Als ich mit meinem ersten Sohn im dritten Monat schwanger war, waren wir im Urlaub an der Ostsee. Dort am Strand schlief ich in der Sonne ein und erwachte, nachdem mein Oberkörper, vor allem Gesicht, Dekolleté, Brust blaurot verbrannt waren.


Ich denke da heute noch dran, weil ich mich manchmal frage… ob durch diese intensive Sonneneinstrahlung irgendwelche (vielleicht toxischen?) Vorgänge in meinem Körper abgelaufen sind, die meinem Jungen damals im Embryostadium geschadet haben?


Die Geburt selbst war, denke ich, normal. 28 Stunden Wehen, der Kopf geboren, als ich beschloss: „Tut mir leid, ich kann nicht mehr, ich geh jetzt nach Hause“ – und sich die Hebamme auf meinen Bauch warf, mit beiden Unterarmen drückte, bis der Junge ganz auf der Welt war. Das war im Februar 1990.

Ein liebes Baby mit einem normalen Schlafrhythmus – bis zu seinem 7. Monat. Im September weinte er oft nachts – oft und vor allem lange. Mindestens eine Stunde lang, später länger. Durch nichts ließ er sich beruhigen, weder durch trinken noch Windeln wechseln noch herumtragen. Oder ihn mit zu mir ins Bett holen. Nichts funktionierte. Als ich im Februar 1991 wieder zu arbeiten begann, hatte ich seit einem halben Jahr nicht geschlafen und keine Ahnung, wie dem „beizukommen“ war bzw. was noch auf mich wartete. Ich sage bewusst „auf mich“ – denn mein Ex-Mann (auch in seiner Hilflosigkeit) erwartete lediglich, dass ich mich um das Problem zu kümmern hätte – und um die Lösung. Ich war es, die nachts aufstand, wenn das Kind zu schreien begann. So sehr, dass die Nachbarn neben uns sich beschwerten, weil deren Tochter davon geweckt wurde. So sehr, dass die Nachbarn aus dem Haus gegenüber „Ruhe!“ brüllten, weil wir es im Hochsommer gewagt hatten, die Fenster ob der kühleren Nachtluft geöffnet zu halten. Man steht ja nicht auf und denkt: „Huch das Kind schreit, Fenster zumachen, damit es die Nachbarn nicht stört.“ Man steht (irgendwann mechanisch) auf und denkt: „Was soll ich machen? Hoffentlich nicht wieder die halbe Nacht lang.“ Die Fenster haben wir aber dann natürlich immer geschlossen.


Der Kinderarzt wusste keinen Rat, der Kinderpsychologe meinte, es läge daran, dass das Kind im Zimmer mit uns schlief (was wegen der kleinen Wohnung damals nicht anders ging) und das Kind eben die Situation ausnutze. Die alte hutzlige Frau auf der Insel, zu der wir gingen, strich ihm über die Stirn und meinte: „Er ist von jemandem besessen. Es sitzt jemand auf ihm.“ In meiner Verzweiflung nach mittlerweile zwei Jahren des nächtlichen Schlafentzugs tat ich sogar, was sie riet: eine Nähnadel über den Türeingang in die Wand pinnen, mit der Nadelspitze nach unten. Das sollte „den bösen Geist“ fernhalten.


Geholfen hat nichts. Gar nichts. Auch nicht, dass der Junge später allein im Zimmer schlief. Er schrie tatsächlich jede einzelne Nacht – bis vier Wochen vor seinem dritten Geburtstag.
Von einer Nacht auf die andere hörte er mit dem Schreien auf. Zu der Zeit waren wir gerade auf der Insel, daran erinnere ich mich so genau. Meine Tante hatte ihr erstes Kind bekommen und meine Mum und ich sagten zu dem Jungen: „Komm, wir schenken dem Baby deinen Nuckel, du brauchst ja keinen mehr.“ Natürlich haben wir ihr den nicht geschenkt – aber der Kleine hat es geglaubt. Ob das zufällig alles zusammen fiel oder warum auch immer – der Junge hörte fast augenblicklich mit dem nächtlichen Schreien auf. Bis heute bin ich da nicht sicher, denn ein „Nuckelkind“ war mein Sohn eben auch nicht. Der Nuckel war halt eben nur da, benutzt hat er ihn selber so gut wie nie.

Wie war er als Kleinkind? Unglaublich wissbegierig, neugierig, zutraulich, offenherzig. Er ging auf alles und jeden zu, er kannte mit 3 Jahren sämtliche Autotypen, erkannte viele bereits an kleinen Details und er dachte wesentlich schneller als er zu sprechen vermochte. Dadurch verhaspelte er sich oft und der Vater war genervt: „Ich weiß nicht, was der von mir will, kannst du mir das sagen, verstehst du den?“

Unsere Ehe war ein Krampf, wir stritten oft und heftig, mal warf er was, mal zertrümmerte er Mobiliar, mal ohrfeigte er mich. Aber immer beleidigte und erniedrigte er mich auf das Äußerste.
„In einem Streit will ich gar nicht, dass da was bei rauskommt. Ich will dir dann nur weh tun, so viel wie möglich“, waren seine Worte.


Meist stritten wir wegen dem Jungen. Weil der Junge einer Norm zu entsprechen hatte und weil er „was zum Angeben haben wollte“. Was den Sohn und seine Frau betraf.  Nach außen hatten wir zu funktionieren. Außen wäre nie jemand auf die Idee gekommen, wie die Ehe im Inneren tatsächlich war. Weil er im Außen nur von „seiner Liebsten“ sprach, seine tolle Frau, die alles konnte und alles machte. Eine starke Frau, die ihren Mann stehen würde. Das erfuhr ich Jahre später von anderen.
Zu Hause war das ganz anders. Zu Hause sagte er mir oft, was für ein Versager ich sei, wie scheiße ich aussehe und dass ich nur froh sein konnte, einen Mann wie ihn bekommen zu haben. Ohne ihn sei mein Leben nichts und ohne ihn käme ich sowieso nicht klar. Ich würde einbrechen ohne ihn.
Hört man das lange genug, glaubt man das – egal wie sehr man sich dagegen wehrt.

Und der Junge? Ihm ging es genauso.
Meine damalige Freundin hat so oft gesagt: „So kann man doch nicht leben, du musst dich trennen, ich helfe dir!“
Aber ich war damals noch nicht so weit. Damals dachte ich wirklich noch, man kann das schaffen, wenn man will – und wir hatten doch den Jungen. Ich traute mir diesen Sprung einfach nicht zu.

Unvergessen für mich der Abend, als wir beim Essen saßen und der Kleine trotz des Lieblingsessens nichts haben wollte. Keine Nudeln, keine Tomatensoße. „Möchtest du stattdessen einen Joghurt?“ habe ich ihn gefragt und mein Ex fuhr dazwischen: „Der isst gefälligst das, was auf den Tisch kommt!“
Er zwang das heulende Kind zu essen, und zwar alles, ich konnte es kaum mit ansehen. Als der Junge sich anschließend erbrach, auf seinen Teller, auf den Tisch, da sprang mein Ex auf, der Stuhl fiel zur Seite und er wollte das Kind packen. Da ging ich dazwischen: „Wage es nicht, den Jungen anzufassen!“
Das war der Moment, in dem er völlig austickte, weil ich es gewagt hatte, VOR dem Jungen IHM zu widersprechen.
In der Nacht schlief ich im Zimmer mit dem Jungen und am Tag darauf fuhr ich mit ihm auf die Insel.
Meine Eltern waren es, die den Streit schlichteten und uns wieder näherbrachten.

Der Junge war drei Jahre alt, als ich zwei- oder dreimal das Kind aus der Kita holte und schockiert war von seinem Anblick: entweder das Gesicht völlig blutig verschrammt oder einmal eine dicke blaue Beule über die halbe Stirn, so dass er aussah wie ein Mutant. Tatsächlich.
Auf meine Frage, was passiert sei, hieß es, man könne es sich nicht erklären. Einmal habe er neben ihnen gestanden und sei aus dem Stand aufs Gesicht gefallen.
Das andere Mal sei er mit dem Dreirad gefahren und – obwohl sie ihn gerufen hätten – sei er gegen die Mauer gefahren.


Ich weiß bis heute nicht, ob das so stimmte, aber ich habe meine – vermutlich berechtigten – Zweifel an den Aussagen. Immerhin wussten die Erzieher oft nicht, wo mein Sohn überhaupt war, wenn ich ihn abholen wollte. Oder sie dachten, er sei schon von Oma & Opa abgeholt worden. Er spielte dann meist im Garten, wo auch Klettergerüste etc. stehen.
Vom Kinderarzt wurden wir zu einem Neurologen überwiesen – ein ehemaliger Sportler, der sich auf dem Gebiet der Neurologie kundig gemacht hatte. Der veranlasste ein EEG und überfiel mich mit der Aussage: „Ihr Kind hat schwere Absencen. Das ist eine Form der Epilepsie, in der das Bewusstsein abschaltet. In diesen Momenten registriert er nichts mehr, auch wenn er körperlich da ist. Bei ihm sind die Ausfälle so stark, dass ihm ungefähr ein Drittel vom Tag fehlt.“


Er wurde medikamentös eingestellt, regelmäßige EEGs veranlasst. Bei jedem Termin wurde ich gefragt, wie es dem Kind ginge. Der Junge war mein erstes Kind, das erste in der Familie überhaupt – auch in der Familie meines Ex-Mannes. Ich hatte null Erfahrung damit, was „normal ist und was nicht“. Wenn ich was erzählte und fragte, hieß es lediglich: „Wie groß ist er jetzt? Wie schwer? Wir erhöhen die Dosierung.“ Das steigerte sich bis hin zu 2 Medikamenten am Tag. Leider Gottes reagierte ich da immer noch nicht. Ich war so verdammt arztgläubig. Und dumm.

Er war zwei oder drei Jahre alt, als er die Windpocken bekam. Er sah wirklich richtig schlimm aus im Gesichtchen, kein freier Platz, alles übersät von den Pusteln, die Augen halb zugeschwollen. Der Kinderarzt war konsterniert: „So einen schweren Fall habe ich noch nie in meiner Praxis gesehen. Wenns schlimm kommt, kann er noch eine Lungenentzündung bekommen.“
Die bekam er auch.
Der Kinderarzt meinte ein paar Jahre später mal zu mir: „Bei Ihnen habe ich mich drauf eingestellt, dass alles immer anders läuft als bei anderen Kindern. Immer wenn ich denke, ja das wird schon, wir machen das so und so, kommt bei Ihren Kindern immer noch was Außergewöhnliches nach. Es ist nie einfach.“

Er war vier Jahre alt, als seine Oma am Krebs elend zugrunde ging.
Als er im Herbst aufgrund einer Infektallergie und der akuten Gefahr, daran ersticken zu können, ins Krankenhaus musste, sagte er: „Wir sind immer so schön auf die Insel gefahren. Jetzt können wir das nicht mehr.“ Er dachte, jetzt müsse auch er sterben, weil er eine Infusion gelegt bekommen hatte.
Die Ärztin gestattete mir, die Tage bei ihm in der Klinik bleiben zu dürfen. Mein damaliger Chef hatte dafür kein Verständnis. Ich glaube, er hat mich ohnehin nie wirklich akzeptiert. Ich war ihm zu nachgiebig, zu weich, zu wenig ehrgeizig. Mir oblag die Führung des Schreibbüros, doch seiner Meinung nach zeigte ich das zu wenig. Weil mir wichtiger war, mich mit den Leuten zu verstehen, ein gutes Arbeitsklima zu haben. Ich war immer eher Freund statt Vorgesetzte.

Mein Sohn wurde mit 6 Jahren eingeschult, im September 1996. Im November/ Dezember 1996 veranlasste der Neurologe eine spezielle Tauglichkeitsuntersuchung in einer psychiatrischen Klinik. Warum, weiß ich nicht mehr genau. Konkrete Anlässe gab es jedenfalls keine.
Damals wurde ich gefragt: „Wollen Sie 8-Uhr-Termine oder eher nachmittags?“
Im Hinblick auf das Mobbing in der Firma entschied ich mich für Termine am Nachmittag. Weder wurde ich im Vorfeld darüber aufgeklärt, was dort gemacht wurde noch welche Bedeutung das Ganze hatte.


Es war einer der Termine, vor dem ich – seit 2 Monaten erst im Besitz des Führerscheins – einen schweren Unfall selbst verschuldete. Niemandem war körperlich etwas passiert – aber beide Autos waren Schrott. Mein eigenes – ein Trabant – und der andere. Der andere, der zu Recht maßlos sauer auf mich hätte sein können, der mich aber auf der Kreuzung tröstete, weil ich Angst hatte, heimzukommen und das meinem Ex zu beichten. Auch ein Kollege, der zufällig dazukam, meinte beruhigend: „Bei DEM Crash wird Ihr Mann froh sein, dass Ihnen nichts passiert ist.“
Ich wusste es besser – und behielt auch recht. Er hat dermaßen getobt, dass ich mich vor Angst bei seiner Schwester verkroch. Es war das einzige Mal übrigens, dass sie für mich da war.
Sonst hat sie immer gesagt „Ich will mich da nicht gegen meinen eigenen Bruder stellen.“
Sprich: Sie hat sich aus allem rausgehalten.
Vielleicht kann man das menschlich nachvollziehen.


Aber ich fühlte mich komplett allein gelassen, denn hier hatte ich niemanden. Auch die Freundin nicht mehr, weil die – begreiflicherweise – irgendwann sagen musste: „Ich verstehe, dass du nicht tun kannst, wozu du noch nicht bereit bist. Aber ich kann mir das nicht mehr mit ansehen. Ich muss auch mich selber schützen. Erzähl mir nichts mehr davon.“

Das Ergebnis der psychiatrischen Klinik war dann: „Ihr Kind besitzt eine unterdurchschnittliche Intelligenz. Er muss sofort aus der Normalschule raus und auf eine Sonderschule.“
Sie zeigten mir ein Diagramm, wonach er irgendwelche Aufgaben nur schlecht und nur eine einzige – an der Stelle völlig unerwartete – Aufgabe am Rande der Genialität bewältigt hatte.
Nach dem ersten Schock fragte ich nach, was das für Aufgaben waren, ließ mir das zeigen.
Das war im Herbst 1996, kaum dass er in die Schule gekommen war. Er, der wie viele andere Erstklässler gefordert war von den neuen Anforderungen und jeden Tag Mittagsschlaf hielt. Er, der an den Tagen, die wir in die Klinik mussten, nicht schlief, sondern nach der Schule komplexe Konzentrationsübungen zu bewältigen hatte. Konnte er das überhaupt schaffen? Die meisten Kinder machen in der Phase nicht mal Ausmalübungen, sondern spielen nur.
Warum wurden mir der Umfang und die Bedeutung nicht vorher erklärt? Hätten sie mich nicht darauf hinweisen müssen, dass solche Übungen morgens und nicht erst nach einem für ein Kind langen Tag nach Schule und Hort hätten vorgelegt werden sollen?
Meine Mum ist Erzieherin. Sie glaubte kein einziges Wort: „Ganz ehrlich? Er war jeden Sommer bei mir – das wäre mir aufgefallen. Er ist nicht dumm, im Gegenteil. Er ist viel beweglicher als andere in seinem Alter.“
Bereits Ende der 1. und Anfang der 2. Klasse entwickelte er verstehendes Lesen. Etwas, das wohl normal erst in der 3. Klasse kommt. Er schrieb gerne und viel, rechnete gerne und viel und schrieb auf jedes Stück Papier, das er finden konnte. Bis heute denke ich an seine erste selbsterdachte Rechenaufgabe, die er in der 1. Klasse auf den Zeitungsrand kritzelte:
„3 – 5 = Gonieks“ – gar nichts 🙂

Er war ein ganz verspieltes Kind, das es selten rechtzeitig zur Toilette schaffte. Eine Zeitlang war das so ausgeprägt, dass der Kinderarzt eine Untersuchung in der Uniklinik veranlasste. Ergebnis: Organisch alles OK, Miktion vollständig, Kind ist zu verspielt und geht zu spät.
Mein Ex konnte das nicht hinnehmen. Er wollte den Jungen schocktherapieren, indem er ihn kalt duschte. Natürlich ergebnislos.
Es erledigte sich von selbst, als der Junge älter wurde.

Aufgrund seiner Infektallergie empfahl die behandelnde Ärztin, seine Mandeln operieren zu lassen. „Die sind so zerklüftet von den vielen Infekten, dass die ihre Funktion eingestellt haben und jegliche Keime ungefiltert ins Blut geben. Daher die Infektallergie. Aber so einfach können wir ihn nicht operieren. Er ist ja mit Antiepileptika eingestellt. Das muss der Neurologe mit steuern, nicht dass der Junge während der OP wegbleibt.“
Und der Neurologe sagte etwas, das ich bis heute nicht vergessen kann: „Na und? Und wenn das passiert, gibts doch auch immer noch genug Mittel und Wege, um den Jungen zurückzuholen.“
Das war endlich der Moment, in dem ich aufstand und sagte: „Jetzt reicht es.“
Der Kinderarzt bestätigte: „Es haben sich schon mehrere Eltern negativ geäußert.“ Er überwies mich an die Uniklinik, die die weitere Betreuung der Absencen vornehmen sollten.
Dort wunderten sie sich: „Brauchen Sie uns jetzt zur zweiten Meinung oder warum sind Sie hier? Wenn Sie uns fragen: Ihr Sohn hat keinerlei Auffälligkeiten im EEG.“
Natürlich revidierten sie sich dahingehend, dass sie meinten: „Kann ja auch sein, er ist medikamentös so gut eingestellt, er braucht aber in jedem Fall keine Medikamente, wir schleichen die langsam aus.“

Wegen seiner sprachlichen „Verhaspelungen“ sollte er in der Uni noch bei der Sprachtherapeutin begutachtet werden. Da war er kurz vorm Übergang in die 2. Klasse. Ihr erzählte ich erst mal gar nichts zur Vorgeschichte. Ihr Ergebnis: „Ihr Sohn ist völlig in Ordnung. Bisschen verspielt, verträumt, aber alles super.“
Ich erinnere mich noch so deutlich an sie mit ihren blond ondulierten Locken, der weißen Perlenkette und dem aufgeschlagenen Neckermann-Katalog unterm Schreibtisch und diesen Termin, weil mir das folgende wie eine Farce vorkam.
„Da bin ich aber wirklich echt froh. Weil es letztes Jahr hieß, seine Intelligenz sei unterster Durchschnitt und er müsse sofort raus aus der Schule, ich würde ihn überfordern. Dabei war das weder in der Kita ein Thema noch bei meiner Mutter, die auch Erzieherin ist, und bei den Lehrern in der Schule auch nicht.“
Sie war ganz erstaunt darüber, wandte aber sofort ein: „Na jaaaaa…. Wenn man es ganz genau besieht….“
Ich reagierte: „Wie denn nun? Gerade noch ist alles in Ordnung und jetzt doch nicht?“
„Sie können ihn ja wenigstens bis zur 4. Klasse in die Sprachheilschule schicken.“
„Und warum sollte ich das tun? Sie haben doch gerade gesagt, es ist alles super und in Ordnung?“
„Na ja aber Sie sehen ja selber, dass er sich öfter mal verhaspelt.“
„Haben Sie nicht selber gesagt, er denkt schneller als er sprechen kann? Dass das für seinen regen Geist spricht? Für seine geistige Beweglichkeit? Muss er dazu auf eine Sonderschule, obwohl sie gerade noch sagten, es ist alles gut so wie es ist?“
Ich bin nie wieder zu ihr hingegangen. Ich habs nicht verstanden. Aber er ist anschließend für rund zwei Jahre mit mir zur Logopädin gegangen. Das ist nämlich auch ein Weg, anstatt ein Kind gleich völlig aus dem Gewohnten zu reißen.

Die Epileptika wurden ausgeschlichen, es wurde ein ADS-Syndrom diagnostiziert („Sie sehen doch selber, er ist immer in Bewegung, auch wenn man denkt, er sitzt nur da und liest ein Buch. Aber dabei schaukelt er mit dem Bein oder kratzt sich oder sonstwas. Er hat ADS.“)
Ich frage mich übrigens, was ich dann habe. Ein dreifaches ADS? Weil der Mann neben mir verrückt wird manchmal und ich ihn ganz nervös mache, weil ich mich genauso verhalte, wenn ich aus verschiedenen Gründen angespannt bin? Gibt es tatsächlich sowas wie eine Norm, und alles, was davon abweicht, ist krankhaft? Ich verstehe das immer öfter nicht. ADS oder ADHS sind für mein Verständnis viel zu schnell und zu leicht missbrauchte Diagnosen.


In der 3. Klasse bekam er Ritalin verordnet, weil die Lehrerinnen sagten: „Er kann das, er ist klug. Aber er kann sich nicht konzentrieren.“
Und sie sagten folgendes, das mir auch nie wieder aus dem Sinn kam:
„Er ist wie ein Motor, der ganz langsam anläuft. Wenn er mal läuft, dann läuft er und ist nicht aufzuhalten. Aber er braucht Zeit, bis er soweit ist.“
Unter dem Ritalin wurde es spürbar besser – aber sollte das eine Lösung sein? Psychopharmaka, die nicht mal jeder Kinderarzt verschreiben darf?
Es war im März 1999, als ich einen Termin bei dem Professor verpasste und entweder einen Tag zu früh oder zu spät in der Uni war. Ich hatte aber so lange gewartet, dass es der Schwester leidtat: „Sie sollen nicht umsonst gekommen sein; sie könnten auch zu seiner Frau gehen, die liest sich grad in Ihre Akte ein.“
Diese Frau, sehr warmherzig, zugewandt, empfing mich sehr freundlich und mit den Worten: „Ich habe mir die Akte Ihres Jungen mal angeschaut. Das, was da als schwere Absencen diagnostiziert wurde, sind ganz normale frühkindliche Anomalien, die wir bei jedem dritten Kind finden würden, wenn wir alle untersuchen. Aber das gibt sich ganz von alleine, das verwächst sich wieder.“
Also haben wir all die Jahre den Jungen völlig umsonst gequält? Und uns mit? Was wäre uns allen, vor allem dem Jungen erspart geblieben?

Damals schwor ich mir: Ich lasse mich nicht mehr verrückt machen, ich lasse den Jungen einfach den Jungen sein und nehme ihn so wie er ist.

Er war 13 Jahre alt und in der siebten Klasse, als ich mich von meinem Ex trennte, fortgehen wollte aus dieser Stadt und auch diesem Bundesland, und der Junge sagte: „Ich will beim Vater bleiben. Einer muss doch beim Vater bleiben.“
Ich habe das damals zugelassen – und das quält und belastet mich bis heute.
Ich habe es zugelassen, weil ich glaubte, es sei für ihn das Beste. Weil diese 7. Klasse die erste war, von der er sagte: „Ich fühle mich hier so wohl und hab Freunde, woanders habe ich das vielleicht nicht!“ Gemessen an den Jahren bis dahin wollte ich es ihm einfach nicht noch schwerer machen.
Dafür aber gab ich mein Vorhaben, aus dem Bundesland wegzugehen, auf und blieb im Nachbarort. Damit ich in der Nähe war.
Doch was mit der Trennung auf ihn zukam und auch auf mich, das hätte ich mir nie niemals im Leben vorstellen können. Der Rosenkrieg, der auf dem Rücken der Kinder ausgetragen wurde.
Damals wog ich gerade noch 50 Kilo bei fast 1,80 m Größe, mir fielen die Haare aus, die Nägel brachen mir weg und das Blut lief aus mir wie Wasser.
Der Kleine war dabei, wenn mein Ex gegen das Auto schlug und trat oder mich in der Kita vor Eltern und Kindern anbrüllte, dass er von mir ein psychiatrisches Gutachten anfertigen ließe, um zu beweisen, dass ich krank im Kopf sei. Der Kleine hat dann oft geweint, der Große nicht – der verschloss sich mehr und mehr. Wenn der Vater z. B. Tabletten und Alkohol auf den Tisch stellte: „Fahr ruhig mit deiner Mutter auf die Insel, ich löte mich zu am Wochenende, dann merke ich nichts davon.“ Natürlich ist der Junge nicht mit mir gefahren.
Nie vergesse ich seinen Blick, als mein Ex mich von der Firma bis heim mit dem Auto verfolgte, den Großen auf dem Beifahrersitz, nur um mich dann vor der Haustür abzufangen: „Deine Anwältin kann mir zehn Briefe schreiben von wegen Abstand halten, mir doch egal! Ihr könnt mir gar nichts!“


Da war der Junge fast 14. Er wurde von Ex zu einer sogenannten Mediatorin gebracht, aber das tat er nicht für den Jungen, sondern für sich selbst. Denn mir verbot er den Kontakt dorthin und als ich es nach zwei Monaten nicht mehr aushielt und doch mal dort anrief, meinte die zu mir: „Ich habe mich schon gefragt, wann Sie sich mal melden.“
„Mein Ex sagte, ich soll mich nicht melden, Sie würden auf mich zukommen.“
„Wieso sollen Sie sich nicht melden, das ist doch Ihr Sohn.“
Nach dem 1. Gespräch mit mir revidierte sie ihre bisherige Meinung über mich (egoistische Karrierekuh, so hatte mich der Ex dargestellt), sie sagte zu mir: „Sie sind ja ganz anders, als Ihr Ex-Mann Sie beschrieben hat“ (ach nee, na sowas), und nach dem 2. Gespräch mit mir regte sie bei meinem Ex an, dass sie beginnen sollten, mit IHM zu arbeiten. Ich muss wohl nicht erwähnen, dass mein Sohn nie wieder dort hingehen sollte und auch nicht mehr hingegangen ist.

Seine zehnte Klasse hat der Junge dann trotz allem gut (also mit Zwei) abgeschlossen, eine Ausbildung als Elektroniker für Betriebstechnik begonnen, weil er keinen Plan hatte, was er werden wollte – und ich den Ausbilder kannte.
Im Nachhinein sagt er selbst von sich: „Ich hab das erste Jahr gar nichts gemacht, mir fehlt deshalb jede Grundlage.“ In der Praxis gab es Dinge, die ihm super lagen – und andere, wo er völlig versagte: Es lag ihm einfach nicht. Er sagte: „Ich zieh das durch, weil ich kein Abbrecher sein will. Aber danach mache ich was anderes.“


Er erwarb sich den Führerschein und kaufte vom Gesparten sein erstes eigenes Auto – das alte Fahrzeug seiner Tante. Die Wochen über verbrachte er in einer WG, die Wochenenden war er fast ausschließlich bei mir, den Vater sahen sie meistens 1 x im Monat, manchmal auch 2 x.
Kurz vor Ende der Ausbildung wurden mein Ex und ich in die Berufsschule bestellt. Man legte uns nah, ihn abbrechen zu lassen: „Die Praxis wird er schaffen, aber die Theorie nicht. Ihm fehlen alle Grundlagen, aber das können wir ihm nicht mehr vermitteln.“
Es wurde genau andersrum: Die Theorie bestand er mit 3, in der Praxis fiel er zunächst durch. Begründung: Zeit aufgebraucht – er hat die Aufgabe nicht bis zum Abschluss gebracht.
Die Wiederholungsprüfung bestand er dann im Mai 2010 und im August 2010 begann er seine Ausbildung zum Medizinischen Dokumentationsassistenten. Dort fühlte er sich richtig wohl und aufgehoben, alles machte ihm Spaß.
Zu dem Zeitpunkt war er dann schon die meiste Zeit bei uns, weil es ihm bei uns einfach auch besser ging. Keiner, der ihn anbrüllte und auf ihn einhackte. Oder ihn schlug. Oder ihn packte und durch das Zimmer warf. Das sind Dinge, die er nicht selber erzählte – aber sein Bruder mir.
Sein Bruder, der dem Vater Kontra bot – von Anfang an. An den sich der Vater auch nicht „rantraute“. Unvergessen für mich der Satz, den der Große nach einem Streit mit dem Jüngeren zum Vater sagte: „Du musst das verstehen. Mein Bruder ist das nicht gewohnt, dass er angebrüllt wird. Der kennt das von Mutti nicht. Ich schon, ich bin das ja gewohnt.“
Mir verkrampft sich bis heute alles, wenn ich nur an all die Dinge denke.
Und dabei weiß ich noch nicht mal alles.


Er fiel durch eine schriftliche Prüfung, weil er in seiner Versagensangst einen Spicker gebastelt hatte und der erwischt wurde, als er sich entschloss, diesen doch nicht zu benutzen, sondern einzustecken.
„Tut mir leid für Sie“, sagte der Prüfer und der Junge sagte: „Ist okay so, es war ja mein Fehler, nicht Ihrer. Ich hätte so aber nicht durchkommen wollen.“
Die Wiederholungsprüfung im September 2013 bestand er dann und bekam im Februar 2014 den ersten Job in einem Sanitätsfachhandel im damaligen Wohnort. Er blühte regelrecht auf!
Sechs ganze Wochen lang kniete er sich in den Job, versuchte alles zu schaffen und zu bewältigen und fragte immer wieder nach, ob alles gut so sei und wo er sich verbessern könne. Sie haben dann schon geschmunzelt über ihn: „Ach unser T., mach doch einfach dein Ding, das wird schon.“
Von einem Tag auf den anderen, ohne Vorankündigung, wurde er an einem Donnerstag im Rahmen der Probezeit entlassen. Warum, konnte ihm niemand wirklich beantworten. Manche Mitarbeiter waren geschockt. Er am allermeisten. „Du kannst ja, wenn du willst, Freitag noch mal herkommen, aber ab Montag ist dann Schluss.“
Auch dafür liebe ich meinen Sohn, dass er sagte: „Ich bin Freitag da.“
Aber er war am Boden zerstört. Er verstand es nicht. Er wusste nicht, warum und wieso und woran es nun gelegen hatte. Von da an begann eine Schleife, die ich bis heute noch nicht ganz einordnen kann.


Ob er da begonnen hatte, sich aufzugeben?
Im Juli 2014 begann er einen Schichtdienstjob in einem Großkonzern und wurde nach zwei Wochen entlassen, weil er am 1. Arbeitstag seine Arbeitsschutzschuhe vergaß und einmal verschlief und damit eine halbe Stunde zu spät auf Arbeit war. Die Entscheidung des Arbeitgebers war nachvollziehbar. Nur ich erkannte meinen Jungen immer weniger wieder.
Im August 2014 kam er über eine Zeitarbeitsfirma ins Callcenter. Ein Callcenter für Kundenreklamationen bei Waschmaschinen und sonstigen Küchengeräten. Was dort über Wochen und Monate an Druck ausgeübt wurde, ist mit Sicherheit nicht gesund gewesen. Er hat kaum noch geschlafen, kaum noch gegessen, dafür immer mehr geraucht. Mit 1,94 m ist er recht groß,  wog aber mit irgendwas in den 60 Kilo viel zu wenig. Und sah aus so aus. Das Gesicht fiel ein, die Augen wurden immer größer. Rollendes Schichtsystem rund um die Uhr – und die Ausgleichstage wurden meist auf dienstags und donnerstags gelegt – wenn er zum bekannten Nebenjob musste.
Die Vorgabe zum Schluss: 4,50 min für Telefonieren und Dokumentieren. Es reicht ja, wenn die Gespräche an sich passen – und du dann einen Kunden am Telefon hast, der dir 20 min lang das Ohr abkaut: Schnitt versaut. Aber mein Sohn… Er ist Servicemensch. Entgegenkommend. Zugewandt, freundlich, höflich. Aber das wird in der Branche eben nicht gesucht.
Er lag im Schnitt bei 6 min, zerriss sich fast an der Firmenphilosophie, mit der er sich nicht identifizieren konnte („Die Leute sind immer dazu zu bringen, den Monteur kommen zu lassen. Auch wenn ihr zehnmal den Fehler kennt.“) Trotz allem war er Vize bei der Auftragseinholung.
Er hat immer wieder gefragt: „Passt alles? Entlasst ihr mich, weil ich die Zielzeit nicht ganz schaffe?“
Sie haben geschmunzelt: „Was machst du dir denn immer für Sorgen und Gedanken? Mach doch einfach nur deinen Job, es passt schon alles.“
Unmittelbar danach kam im April 2015 die Kündigung.
Unmittelbar danach kam sein Absturz.
Er glaubt nichts mehr, er vertraut niemandem mehr. Er sagt von sich, dass er immer und überall scheitern wird.


Finanziell und mit seelischem Beistand konnte ich ihm helfen. Aber ihn aufzubauen, habe ich nicht wirklich geschafft. Weil ich alleine nicht alles bewirken kann. „Ich weiß, dass du mich liebst und zu mir stehst. Aber ich bin ja auch dein Sohn“, sagte er mal. Und ich weiß, wie er das meint. Nicht böse, nicht abwertend. Aber es hat einfach nicht DAS Gewicht für ihn. Ganz im Gegensatz zu seinem Vater – bloß von da kommt eben kaum was außer Abwertung. „Du Asi“, „Du Versager“ und „wie du wieder rumrennst, schämst du dich gar nicht ein bisschen?“ etc. Ob und wie er oder überhaupt beide Söhne klarkommen mit ihrer Wohnung, die mal unsere gemeinsame war, bevor ich im Sommer 2014 in ein anderes Bundesland zog, interessiert weder den Vater noch sonst jemanden. Niemand weiß, wie viel Geld, Zeit, Kraft und vor allem Liebe ich da reingebe – auch ich weiß das nicht, weil ich mir sowas nicht notiere (im Gegensatz zu anderen).


Insbesondere, seit der Junge seit Mai 2015 in unserer Firma ist.
Wir hatten eine Stelle zu vergeben, weil der aktuelle Azubi ob seiner Arbeitsmoral nicht zuverlässig war, aber immer noch genug aufpasste, deshalb keine Kündigung zu riskieren.
Ich habe den Chef gefragt: „Wäre das dann nicht vielleicht eine Stelle für meinen Sohn? Mit Büroarbeit kennt er sich doch bisschen aus, da könnte er sich doch einarbeiten?“
Der Chef zögerte, stellte ihn dann doch ein.
Und es entwickelte sich zur kleinen Katastrophe.


Mein Sohn litt schon von klein auf an unter Komplexen und mangelnder Selbstsicherheit (ja woher sollte er die auch bekommen?), er entwickelte derart Versagensängste, dass dann erst recht nichts ging. Ich erinnerte mich an die Worte des Chefs in der 1. Ausbildung: „Er selbst ist sein größter Feind. Er selbst steht sich am meisten im Weg. Wenn er eine Aufgabe zu erledigen hat und kommt dann zu mir, ist sein erster Satz nicht „Schauen Sie mal, ich bin fertig“, sondern er sagt als allererstes: „Ich glaube, ich habs sowieso falsch gemacht.“
Die damals veranlasste Therapie schlug völlig fehl, weil der Junge sich nicht öffnete.
Das ist jetzt in der Therapie, die seit Februar 2016 läuft, ganz anders. Gott sei Dank.

Aber die Probleme häuften sich: Er schlief zu wenig, aß zu wenig, verkrampfte und das Zittern seines gesamten Körpers war unübersehbar. Das hat bei den Kollegen und beim Chef Unmut hervorgerufen, Unmut auch mir gegenüber: „Du haust ab in dein M. und lässt uns hier mit einem kranken Jungen zurück und erwartest von uns, dass wir deine Arbeit machen und deine Verantwortung übernehmen.“
Ja genau. Weil die Firma sich ja drum kümmert, dass die Jungs ausreichend essen, trinken, schlafen, genug Geld auf dem Konto haben, jemanden haben, der ihnen zuhört und Wege aufzeigt, der sich um ihre Wäsche und ihre finanziellen bzw. steuerlichen Sachen kümmert. Warum ich das so aufzähle? Weil ich mich verdammt so allein gelassen fühle damit, während das Umfeld nichts Besseres zu tun hat, als ihn zu beobachten und jeden seiner Fehler registrieren und „dokumentieren“ und mir im Gegenzug jede Woche vorwerfen, wie wenig ich mich kümmere, bloß weil ich nicht jeden Tag da bin. Sondern nur jede 2. Woche die drei, vier Tage. Ansonsten „verpisse“ [O-Ton Firma] ich mich nach M. und überlasse ja alles den anderen…


Wenn ich aber im Büro vor Ort bin, bin ich von 8 Uhr morgens bis 19 Uhr angebunden, bin nie vor 20 Uhr zu Hause und bekomme dann vorgehalten, ich hätte zu wenig Zeit für die Jungs… Ja genau. Dann lasst mich Dienst nach Vorschrift machen und 17 Uhr heimgehen. Nein halt wieso – wieso 17 Uhr? Laut Vertrag muss ich – seit ich in M. wohne – nur bis 15.30 Uhr arbeiten – mehr wird auch nicht bezahlt. Lustig, dass ich in den knapp 30 Monaten, die ich jetzt in M. wohne, nie 15.30 Uhr Feierabend habe. Sondern in der Regel zwischen 17 und 18 Uhr. Aber hier ist das ja egal, nicht wahr? Kann mich ja eh nicht kümmern von hier aus. Das ist so krank alles.

Apropos krank… Sohnemann leidet unter Morbus Basedow mit ausgeprägter Schilddrüsenüberfunktion und leider Gotten sämtlichen entsprechenden Symptomen. Das wissen nun die betroffenen Kollegen, sie wissen es von Anfang an, sie wissen auch von der im Februar diagnostizierten Depression. Sie wissen auch, dass er, je mehr er sich selbst unter Druck setzt, immer weniger effektiv leistet – sie haben auch schon die Überlegung angestellt, ob Sohn eventuell Autist sei. Weil er so verschlossen sei. Weil er in der Mittagspause die Musik in die Ohren stöpselt und gierig raucht, anstatt bei ihnen zu stehen und ihren Gesprächen zu folgen oder sich einzubringen. Weil er auch in Gemeinschaftsveranstaltungen nebenher ist, aber nicht dabei. („Wozu auch?“ sagte er letzte Woche zu mir, „ich flieg doch sowieso hier raus. Wozu dann erst Freundschaften aufbauen, die dann sowieso wieder vorbei sind?“) Zuletzt sogar auch in so einer Veranstaltung mit rund 50 Personen saß mit seinen Kopfhörern in den Ohren. Ja das ist ein No Go, das ist unhöflich – aber warum geht keiner hin und sagt „Du Großer, mach mal die Kopfhörer raus“? Weil er mit damals 26 das selber wissen muss?
Lieber hintenrum das Maul zerfetzen und den Chef ansticheln?
Keiner geht auf ihn zu. Auch dann nicht, wenn sie wissen, dass er nicht wirklich verschlossen ist, aber zu ängstlich, um das selbst zu tun.
Im Grunde… ist er ein ganz normaler junger Mann, wenn auch noch recht kindlich, der vor allem eines sucht: den Halt im Leben. Die Clique ist aufgrund interner Streitigkeiten auseinandergebrochen, der Bruder macht sein eigenes Ding. Mit 26 will man aber nicht mit der Mutter zum See baden gehen – sondern mit Kumpels. Das begreifen sie in der Firma nicht. Aber was soll ich noch tun? Im Juni 2015 habe ich ihn aufgrund seines Zitterns und des Ruhepulses von 100+ zum Arzt geschickt, da kam die Diagnose Morbus Basedow und die medikamentöse Behandlung bis September 2015. Seither werden nur noch die Blutwerte kontrolliert, mehr passiert dann erst mal nicht. Seit Februar 2016 die Verhaltenstherapie. Ihm tuts ganz gut, glaube ich, weil er weiß, dort kann er alles sagen, ohne egal wem wehzutun.
Aber sonst?


Ihm fehlt Anerkennung, Zuspruch und vor allem eine Freundin. Dass er für letzteres selber auch aktiv werden muss, weiß er – aber er schafft es aktuell nicht. Er kommt zwischen 16 und 17 Uhr nach Hause und ist froh, wenn er Ruhe hat. Zugleich spürt er mit der Ruhe aber auch das Alleinsein.
Sein Teufelskreis.


Eine Freundin von mir – selbst die Ruhe in Person – hat ihn letztes Jahr mal besucht, als er grad krankgeschrieben war wegen der Medikamenteneinstellung. Sie sagte: „Die erste halbe Stunde war er total hektisch und nervös, aber dann, als er merkte, ihm passiert nichts, wurde er immer ruhiger und entspannter. Der ist schon in Ordnung, dein Junge, wahrscheinlich sozialer und zuverlässiger als dein anderer – aber der macht sich kaputt mit seiner Unsicherheit.“ Waren ihre Worte.
„Ich schaffe es momentan einfach nicht mehr, mich selber zu motivieren“, sagte er im Juni 2016 zu mir. „Du weißt, ich war immer der totale Optimist. Aber jetzt habe ich nichts mehr, die Leute sind fast alle weg [aus seiner Clique] und mit meinem Bruder, das kannste ja auch total vergessen. Der Chef schmeißt mich sowieso bald raus, kann mir nicht vorstellen, dass er mich behalten will, nur für so bisschen Postbuch und Archivieren, die paar Rechnungen und Aufmaße, aber was dann werden soll, weiß ich auch nicht. In jeder anderen Firma wäre es ja auch nicht anders.“
Aber vielleicht doch? Wenn er in ein Team käme, das ihn annimmt, anstatt ihn zu beobachten und auf Fehler zu warten, die sie ihm dann hörbar für alle anderen vorwerfen können?

Es muss einen Weg geben und den gibt es mit Sicherheit auch.
Ich weiß grad nur noch nicht wie.


Und Stand heute ist: Die Schilddrüsenüberfunktion wird seit ein paar Monaten wieder medikamentös behandelt, die Verhaltenstherapie läuft derzeit wieder etwas engmaschiger und gestern erfuhr ich, dass der Arbeitsvertrag mit ihm zum 1. Mai gekündigt werden soll. Er weiß es noch nicht offiziell, denn er hat nächste Woche Geburtstag und das wolle man ihm nicht verderben. Man hat sich gegen ihn entschieden und stattdessen für jemanden, der in 3,5 Jahren weder fachlich noch menschlich von sich überzeugen konnte. Verstehen muss ich das nicht – ich will es aber auch nicht mehr.

Für meinen Sohn wünsche ich mir ein Leben mit Zuversicht, Anerkennung und Perspektive. Dass er wieder wissbegierig, entspannt und optimistisch wird wie früher als Kind. Das wünscht sich, glaube ich, jeder für sein Kind. Alles, was ich dazu tun kann, werde ich tun und geben und ich hoffe und wünsche sehr, dass es ausreicht, dass er seinen Weg findet und sich nicht aufgibt.

Alaaf und RUMS!

Als (zugezogene) Kölnerin, muss ich wohl heute mit etwas karnevalistischem bei RUMS auffahren.

Leider bin ich nicht ganz so gut vorbereitet und noch weniger karnevalistisch veranlagt. Wenn ich mich verkleide, dann ausschließlich meinen Kindern zuliebe. Die lieben es natürlich beide sich zu verkleiden. Und über die Liebe meines Sohnes zur kölschen Musik hatte ich bereits berichtet.

Als Kind fand ich das auch noch alles sehr spannend und lustig. Irgendwann verlor Karneval dann seinen Reiz für mich.

Der himmlisch leichte Modal Prantero aubergine von raxn ist ab Samstag bei lillestoff erhältlich.

Ich wünsche Euch auf jeden Fall noch ein paar schöne jecke oder närrische Tage und schau nun noch schnell bei RUMS vorbei.

Der perfekte Fernsehabend

*Werbung*

Ich bin ganz klar ein Trendsetter.

Welcher Fernsetyp bist Du?

Vor zehn Jahren hätte ich mir nicht vorstellen können wie das ist, so völlig ohne Fernseher. Also zumindest das, was so läuft, wenn man durch die Kanäle zappt (oder „joggt“, wie meine Schwiegermutter immer so süß sagt) und dann beim dritten Durchlauf feststellt, dass mal wieder nicht das ansprechende Programm für einen dabei ist. Irgendwie gehörte das zum Abend dazu.

Ich gehe furchtbar gerne ins Kino. Meine Fernsehzeit ist eher selten. Um genau zu sein, gibt es einen einzigen Abend in der Woche, der mich vor die Flimmerkiste zieht: mein Criminal Minds Abend und meine Lieblingsserie auf der Jagd nach Serienkillern. Sowas mag ich.

Ansonsten findet man mich abends eher an der Nähmaschine oder am MacBook beim Verfassen eines neuen Blogbeitrags, so wie heute.

In den letzten Wochen kam die Zeit an meiner Nähmaschine allerdings viel zu kurz. Und während meine Maschinen einstaubten, lümmelte ich in meinem Feierabend Anzug auf dem Sofa.

Wie viel Zeit mir für dieses laszive Abendprogramm bleibt und ob es überhaupt stattfand, hängt in der Regel von dem „Vor“programm ab: das Kinder-ins-Bett-bring-ich-werd-gleich-wahnsinnig-Programm.

Es gibt Abende, da sind die Kinder ratzfatz innerhalb einer halben Stunde eingeschlafen und dann gibt es Abende, da brauchen sie STUNDEN. Sie schlafen gefühlt die ganze Nacht nicht ein. Und dann gibt es Abende, da schläft man ein und schreckt irgendwann hoch, weil man vor den Kindern eingeschlafen ist (die im Idealfall dann neben einem liegen und auch einfach eingeschlafen sind).

Nun, in den letzten Wochen waren wir recht erfolgreich und sobald die Kinder schliefen, schlichen wir uns runter in unsere „Monsterfreie Zone“. Dicht gefolgt von Gläserklirren und Chipstütengeraschel.

Ich liebe Krimis und Psychothriller, ich mag Dokumentationen und ab und an muss es auch einmal eine Komödie oder ein kitschiger Liebesfilm sein. Aber vor allem mag ich gute Serien. Da die neue Staffel von „Game of Thrones“ ja leider noch ein Weilchen auf sich warten lässt, suchten wir in der Weihnachtszeit nach einer Alternative. Da fiel mir „Dexter“ wieder ein. Der sympathische Serienkiller, der ausschließlich Jagd auf die Bösen macht. Die ersten drei Staffeln habe ich in den Schwangerschaften mit den Kindern geschaut, während ich nachts nicht schlafen konnte, weil ich keine passende Liegeposition fand oder aber ständig aufs Klo musste, weil da jemand auf die Blase drückte. Über die ersten drei Staffeln hinaus bin ich dann irgendwie nicht gekommen.

Ohne spoilern zu wollen: Staffel 4 war mit Abstand die Beste. Manchmal habe ich zitternd unter meiner Decke auf dem Sofa gelegen, weil es einfach zu spannend war.

Da wären wir auch schon bei den Rahmenbedingungen für einen gelungenen Fernsehabend: Monsterfreie Zone, Softdrinks, Chips (die ungarischen) mit Frischkäse (der aus der ovalen grauen Packung und ja – Doppelrahmstufe), Wohlfühl-Anzug, meine Wolldecke und Herrn Sonnenschein an meiner Seite.

Wenn ich nämlich eins nicht mag, ist es alleine vor der Flimmerkiste zu sitzen. Oder wenn Herr Sonnenschein nach zehn Minuten zu schnarchen beginnt.

Und dann wäre da noch Sonea. Die hat natürlich längst gecheckt – sobald ich schlafe, packen Mama und Papa die Chips und die Cola aus und machen Party. Ohne mich.

Der Löwe ist natürlich auch nicht auf den Kopf gefallen. Als ich irgendwann mal eine Tüte mit Einkäufen auspackte, fragte er „Kommt heute Abend Fußball?“ und ich fragte verwundert „Nein, wieso?“, „Du hast Chips gekauft! Die isst der Papa doch immer beim Fußball!“.

Natürlich ist es nicht so, dass wir jeden Abend, den wir vor dem Fernseher verbringen, mit Limo und Cola begießen und Chips in uns reinstopfen (noch seltener mit Doppelrahm-Frischkäse). Das findet so nur jeden Abend in der Vorstellung meiner Tochter statt (und ein bisschen auch auf meiner Waage, die gerade zwei Kilos mehr anzeigt, als ich es gewohnt bin).

Es gibt Serienabende, in denen eine spannungsgeladene Szene von einem langsamen Poltern und dem Knarren unserer Holztreppe unterbrochen wird. Monsteralarm! Nicht selten ist die Reaktion auf dieses Poltern ein hektisches Chipsschüssel unterm Couchtisch und Getränke hinter den Sofakissen verstecken und das schnelle Drücken der Standby-Taste. Herr Sonnenschein und ich sind da bereits ein erprobtes und eingespieltes Team. Zum Glück streamen wir überwiegend Filme und Serien, so dass solche spontanen Monsterbesuche kein Problem ist.

Das Szenario findet seine Fortsetzung darin, dass eine völlig zerzauste Sonea im Halbschlaf zu uns ins Wohnzimmer gestampft kommt und nach einem intensiven Couchtisch-Scanblick (so herrlich) sich zu uns aufs Sofa rollt und dort augenblicklich ihren Schlaf fortsetzt. Sollten sich keine Softdrinks, sondern geschmackloses Mineralwasser auf dem Couchtisch befinden (was viel häufiger der Fall ist), wird sich vorher noch ein Glas geschnappt und mit hastigen Schlücken geext, bevor man wieder in die Schlafstarre übergeht. So ist das.

Im Idealfall schaffen Herr Sonnenschein und ich zwei Serienfolgen an einem Abend. Die Regel ist allerdings eine Folge… und manchmal der Rest der letzten. Da diese am Vorabend von eindringlichen, tiefen Schnarchgeräuschen unterbrochen wurde.

Nun sind nur noch zwei Folgen „Dexter“ bis zum Serienfinale übrig. Ein einziger Fernsehabend mit allem, was für so einen gelungenen Abend dazu gehört. Und irgendwie zögern wir es schon die ganze Woche hinaus, weil danach müssen wir uns wieder eine neue Serie suchen.

Wie ist das bei Euch? Welcher Fernsehtyp seid Ihr? In einem kleinen Quiz von AO könnt Ihr das heraus finden. Ich bin sehr gespannt auf Eure Antworten.

Nach Jahren wollen wir uns für unser Schlafzimmer einen neuen 33 Zoll Fernseher kaufen, aber so lange die Kinder nachts lieber in unserem als in ihren Betten schlafen, warten wir lieber noch ein bisschen damit (sonst schauen sie nachts noch heimlich Bernd das Brot… im Idealfall).

Dieser Beitrag wurde von AO.de gesponsert. Die Inhalte und Meinungen in diesem Beitrag sind meine eigenen. 

Mein Leben mit dem Besonderen #92 Die Krankheit heißt „Der doofe Dieter“

Als unser erstes Kind, ein Sohn, 2 Jahre und 7 Monate war, kam zwei Wochen nach dem errechneten Entbindungstermin unsere Tochter zur  Welt. Ich hatte eine sehr schnelle, anstrengende Geburt und wurde nach drei Tagen gesund mit dem Baby nach Hause entlassen.

Am 5. Tag ihres Lebens wurde unser Mädchen dann ganz schnell wieder ins Krankenhaus eingewiesen, das Neugeborenen-Screening zeigte einen sehr, sehr hohen TSH Wert. Unsere Diagnose lautet also seit Tag 5 konnatale Hyopthyreose – Schilddrüsenüberfunktion. Gut, damit können wir und unsere Tochter leben.

Aber im 4., 5. Lebensjahr wurde unser Mädchen, die dann schon eine Brille trug, immer starrer im Gesicht, tapsiger. Sie fiel oft hin. Irgendwas war komisch. Zum Glück war die unserem Wohnort zugeordnete Grundschule eine für normale und für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf, bevorzugt körperlich – motorisch. Wir waren hier also richtig.

Unser Mädchen ist ein fröhliches Kind, sie kann es durch ihre Mimik leider nicht zeigen, der Mund ist ständig offen, Lachen geht nicht. Dadurch denken viele, dass unser Kind auch geistig krank ist. Sie läuft mit einer Orthese noch selbst, ist aber schnell erschöpft. Jetzt in der 5. Klasse, hat sie weiterhin sehr gute Noten und möchte unbedingt Ärztin werden, um anderen Kindern mit so einer Krankheit zu helfen.

Zuhause näht sie viel an ihrer Veritas-Nähmaschine, das hat sie von mir, liebt Pferde, hat sie nicht von mir, und ist gerade mitten in einer Zickenphase – also ganz normal und doch anders. Wir gehen oft durch die Stadt und zeigen uns gegenseitig das Besondere bei anderen Menschen – einer schielt, einer hat keine Haare mehr, der Bauch ist dick etc. Unsere Tochter ist so wie sie ist, wir lieben den Großen und auch die Kleine.

Nach sechs Jahren Untersuchungen, meist im Universitätsklinikum Dresden, das jetzt auch ein Zentrum für Seltene Erkrankungen hat, bei  Humangenetikern etc. gibt es immer noch keine Diagnose. Aber unser Mädchen hat sehr selbstbewusst schon vor Monaten beschlossen, ihre Krankheit „Der doofe Dieter“ zu nennen! Dann ist doch eigentlich alles klar.

Rapunzel und Iron Man

*Werbung*

Die Kinder lieben es Post zu bekommen und noch mehr lieben sie es sich zu verkleiden. Dank Disney hatten wir nun die Möglichkeit beides zu verbinden.

Die Kinder durften sich im Disneystore ihr Lieblings-Karnevalskostüm aussuchen. Der kleine Bruder wollte Zazu vom König der Löwen werden, fiel damit aber trotz sehr großer Auswahl ein wenig aus dem Rahmen. Sonea überraschte mit ihrem Kostümwunsch. Denn es sollte nicht die Eiskönigin sein, sondern Malefiz, die böse Fee aus Dornröschen. Ein wirklich ausgefallenes und sehr cooles Kostüm, das allerdings in ihrer Größe ausverkauft ist.

Nun war davon auszugehen, dass ihre Wahl auf die Eiskönigin fällt, weil das Doc McStuffins Kostüm nur bis Größe 128 geht und mir das Risiko, dass es nicht passen könnte, einfach zu groß war.

Und welche Kostüme es letztendlich wurden, erfahrt Ihr hier:

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Sonea als Rapunzel, das hätte ich niemals für möglich gehalten (mal ganz davon abgesehen, dass sie niemals eine rapunzelige Haarpracht besitzen wird), aber nachdem Rapunzel von ihrem bösen Fluch befreit wurde, sieht sie ja original aus wie Sonea. Seht Ihr auch so, oder?

Der Löwe wollte ursprünglich Spiderman werden, denn Superhelden sind im Moment DAS Thema im Kindergarten und er kennt sie alle, auch wenn er noch nie einen einzigen Marvel-Film gesehen hat. Aber was ist schon ein Spiderman, wenn man ein Iron Man sein kann??

Und falls Ihr schon immer mal wissen wolltet wie blöd Leute gucken können, dann geht mal mit Euren kostümierten Kindern einkaufen. Die Kinder wollten natürlich nicht bis Weiberfastnacht warten und bestanden darauf für unseren samstäglichen Einkauf ihre Kostüme anzulassen.

Für uns kein Problem. Aber manch einer ist nicht so flexibel im Kopf. Und Karneval ist ja auch erst nächste Woche.

Das Rapunzelkostüm bekommt Ihr hier und Pascal auch.

Und der coole Iron Man ist hier zu finden.

Vielen Dank an Disney Deutschland für die tolle Zusammenarbeit. Die Kinder haben sich riesig gefreut.

 

Gibt es im Himmel keine Leiter nach unten?

„Heute bin ich im Kindergarten auf einen Baum geklettert, ganz hoch! Bis in den Himmel! Und da habe ich Opa Duck und Opa Horst gesehen. Die haben Blumen gepflückt. Warum kommen die nicht mal zu uns runter? Haben die keine Leiter?“

Die Philosophie und Gedankenwelt eines Vierjährigen ist manchmal verblüffend und faszinierend zugleich.

Es macht mich manchmal sehr traurig, dass meine Kinder ohne ihre Opas aufwachsen müssen. Beide wurden uns viel zu früh genommen. Mein Opa war ein wunderbarer Mensch. Er hat mir das Angeln beigebracht und jede Menge Quatsch. Opas sind gute Lehrer und Entertainer. Mein Papa hätte beiden Kindern sehr gut getan. Nicht zuletzt, weil er ein Erbsenzähler der deutschen Grammatik war. Aber vor allem wäre er ein guter Entertainer gewesen und hätte die Kinder sicherlich nicht nur Quatsch gelehrt.

Opa Duck war vor allem durch und durch Camper und wie gerne hätte ich meinen Kindern im Sommer unbeschwerte Nachmittage auf dem Campingplatz beschert. Es sollte aber anders kommen.

Beide Opas fehlen manchmal sehr und doch sind sie immer irgendwie da. Die Kinder sprechen oft von ihren Opas und manchmal ist es als ob sie sie kennen würden, dabei können sie sich unmöglich an sie erinnern bzw. haben sie nie kennengelernt.

Sonea sagte irgendwann mal aus heiterem Himmel zu Herrn Sonnenschein „Sei nicht traurig wegen Deinem Papa. Er ist wieder gesund. Ihm geht es gut!“

Wie unvoreingenommen und unbefangen die Kinder mit diesem Thema umgehen, beeindruckt mich immer wieder aufs Neue. Mir macht der Gedanke an den Tod Angst.

Vor einigen Wochen war der Löwe mal krank und weil ich ihm zwar auf dem Sofa Gesellschaft leisten konnte, aber dennoch zu arbeiten hatte, schlug ich ihm vor einen Film zu schauen. Da meine Nerven an diesem Tag weder die Minions noch die Eiskönigin als Geräuschkulisse bei der Arbeit ertragen hätten, schlug ich ihm was ganz Neues vor, den „König der Löwen“ und mein Löwe war begeistert.

Ich weiß, dass der Film in den 90ern einer meiner absoluten Lieblingsfilme war, aber so detailliert hatte ich ihn nicht mehr vor Augen. Und ich hätte nicht gedacht wie sehr dieser Film einen Vierjährigen beschäftigen und ergreifen könnte. Vielleicht auch einfach deshalb, weil ich diese Art von Fragen im Anschluss eines Films von Sonea nicht kannte und auch heute nicht kenne.

Von „Was heißt Hakuna Matata und gibt es das Wort auch in Echt?“ über „Was ist Zazu für ein Vogel?“ (übrigens eine seiner Lieblingsfiguren im Film) bis hin zu den einzelnen Charakteren, beschäftigte ihn immer wieder der böse Scar, der den Löwenkönig Mufasa tötet, weil er seinen Platz als König einnehmen möchte. Er hinterfragte die Gründe für das böse Handeln und machte sich Gedanken darüber, ob es nicht andere Möglichkeiten für Scar gegeben hätte König zu werden. Und er fragte warum es Scar so wichtig sei König zu sein.

Aber vor allem machte er sich plötzlich Gedanken über den Tod und wurde sich der Vergänglichkeit unseres Lebens bewusst. Plötzlich fing er an zu weinen und sagte „Aber ich will nicht, dass Du stirbst! Und… sterbe ich auch irgendwann?“.

Ich erklärte es ihm dann mit dem ewigen Kreis. Mit seinen beiden Opas, die im Himmel sind und trotzdem immer bei uns sind, obwohl sie gestorben sind, weil Erinnerungen an geliebte Menschen unsterblich sind. Und ich sagte ihm, dass er noch ein langes Leben vor sich hat und noch viele tolle Abenteuer auf ihn warten.

Irgendwie schien ihn das als Erklärung zu besänftigen und danach wurde „Der König der Löwen“ mindestens noch fünfmal geschaut und der Soundtrack 84 Mal abgespielt. Der Löwe kann natürlich textsicher alle Lieder singen. Und die einzige Frage, die er immer wieder stellt, ist „Ist Scar böse und warum?“.

Am Wochenende haben wir einen spontanen, kleinen Ausflug in den Kölner Dom gemacht. Als Kölner ist man schließlich stolz auf seinen Dom und sollte ihn auch kennen.

„Kinder, wisst ihr was der Kölner Dom ist“.

„Ja, das ist das mit den zwei Spitzen!“.

Es war so schön wie andächtig und fasziniert die Kinder waren „So eine große Kirche habe ich noch NIE gesehen!“.

Der Löwe stellte natürlich wieder viele Fragen „Wo sind hier die Glocken? Bimmeln die gleich mal? Warum singt hier keiner? Darf ich hier singen?“.

Wir zündeten noch zwei Kerzen für die Opas an und setzten anschließend unsere Reise durchs Leben fort.

Während für den Löwen im Himmel Blumen wachsen, sieht Soneas Vorstellung vom Himmel ganz anders aus:

JÄTTEFINT Event 2017

Alle guten Dinge sind drei. Und beim dritten jättefint-Event in Köln hat es nun endlich mal geklappt und ich konnte persönlich bei diesem tollen Event dabei sein.

Herr Sonnenschein, der mich die beiden vergangenen Events wirklich gut vertreten hat, war auch dieses Mal mit dabei und hat tolle Bilder gemacht. Es würde den Rahmen sprengen, wenn ich Euch hier alle Bilder zeigen würde. Deshalb beschränke ich mich auf eine kleine Auswahl und einem kleinen Bericht, der Euch hoffentlich ein kleines Stück mitnimmt auf dieses gelungene Event.

 

Ich liebe den wunderschönen Laden von Johanna. Schon als ich vor viereinhalb Jahren in ihr altes Ladenlokal gestolpert bin, war ich sofort verliebt. Wie Ihr wisst, bin ich ein riesen Skandinavien-Fan und fühle mich mit Dänemark tief verwurzelt.

Das neue jättefint Ladenlokal ist ein wahrer Shopping-Traum. So viele tolle skandinavische Label und so liebevoll und sorgfältig ausgewählt. Dass die jättefint-Gründerin Johanna, die selbst Finnin ist, eine beeindruckende und herzliche Frau ist, habe ich wohl schon oft genug geschrieben und kann es auch nicht oft genug betonen. Aber nachdem ich Samstag nun endlich auch einmal selbst bei dem jättefint-Event dabei sein konnte, wurde mir nochmal deutlich bewusst wieviel Herzblut und Hingabe alle Initiatoren in ihre Arbeit und dieses wunderschöne Event stecken. Noch einmal tausend Dank an dieser Stelle an Johanna, Maria, Alison und das ganze jättefint-Team.

Und nicht zu vergessen die klassischen jättefint-Label und ein paar Neulinge, die vor Ort vertreten waren und deren neue Kollektionen uns auf dem Event vorgestellt wurden.

Starten wir mit dem absoluten Klassiker: Maxomorra. Wir lernten am Samstag den Gründer Johan Ström sowie den Maxomorra-Designer Pelle und Wilma, die PR Mitarbeiterin. Johan erzählte uns vom Werdegang von Maxomorra, der Gründung des farbenfrohen GOTS-zertifizierten Labels sowie den Ursprung des Namens Maxomorra. Denn Johan Ströms Sohn heißt Max und seine Tochter sollte ursprünglich Morra heißen, bekam aber nach der Geburt einen anderen Namen.

Ein weiteres Label, das von jättefint nicht wegzudenken ist, ist das Label blade & rose. Leider konnte die Gründerin Amanda nicht persönlich beim Event sein, aber Johanna hat uns die traumhafte neue Kollektion präsentiert und hach… wenn ich nochmal so einen kleinen Mini-Sonnenschein hätte, dann wäre blade & rose nicht aus unserem Kleiderschrank wegzudenken. Aber ich habe etwas für die Kleinkind-Mamas unter Euch mitgebracht und werde hier ganz bald noch eine kleine blade & rose Verlosung starten.

Lipfish, mit diesem Label hat meine Liebe für Johannas zauberhaften jättefint Laden damals angefangen, als ich diese Äffchen Mütze kaufte. Es gibt aber großartige Neuigkeiten, die sicherlich nicht nur uns begeistern, denn neben den klassischen Tierapplikationen gibt es ab sofort bei Lipfish auch noch Superhelden und Berufsmotive.

Ebenfalls vertreten war in diesem Jahr zum wiederholten Male die Marke blafre mit tollen Accessoires, wie BPA-freien Brotdosen, Alu-Trinkflaschen und Canvas-Taschen und Rucksäcken.

Mein absolutes Highlight war Lily Balou. Nicht nur Geschäftsführerin Astrid war zum Verlieben, sondern auch die ganze neue Lily Balou. Ich habe am Samstag einige Favoriten aus der neuen GOTS-zertifizierten Retro-Kollektion gefunden und werde sie noch einmal separat zusammen mit einem kleinen Interview, das ich mit Astrid geführt habe, auf dem Blog präsentieren.

 

Die schwedische Marke Kids Concept ist ganz neu bei jättefint erhältlich und Herr Sonnenschein verliebte sich vor allem in das kleine Schaukel Mammut. Mir zuliebe gingen wir aber anschließend nicht mit Mammut (es war wirklich absolut zauberhaft), sondern mit dem Zebra von done by deer nach Hause. Die Kinder haben es sofort adoptiert. Die Sachen von Kids Concept bekommt Ihr hierzulade im Shop von Schwedenkids.

Noch so ein Label, das stark an unserer abgeschlossenen Familienplanung kratzt, ist Baby Bites. Ich meine, schaut Euch das an! Das sind ja wohl die obercoolsten Schlafsäcke, oder??

Irgendwie finde ich dazu auch gerade keine Bilder. Vielleicht hat Herr Sonnenschein sie auch bewusst unterschlagen. Nicht auszudenken.

Ach doch, hier hab ich ein Bild für Euch mit Alison, die einen dicken Haifisch an der Angel hat:

Natürlich wurden auch die aktuellen Mumins Produkte präsentiert. Absolut kultig und aus Schweden nicht wegzudenken. Viele tolle Mumins-Produkte bekommt Ihr ebenfalls im jättefint Laden sowie im Online-Shop von jättefint.

Mal was ganz anderes, aber ebenfalls ein schwedisches Label, ist das Schmuck-Label Mint. Ich bin eigentlich keine Schmuckträgerin, aber über das filigrane Armband in meinem Goodiebag habe ich mich sehr gefreut.

Bloomon – überall standen am Samstag diese atemberaubenden Blumensträuße. Ich liebe Blumen und auch schöne Blumensträuße, aber ich mag es grundsätzlich nicht, wenn man für mich Geld für Blumen ausgibt. Aber wenn sie dann bei mir auf dem Tisch stehen, finde ich sie wunderschön. So wie den traumhaften Strauß, den ich am Samstag mitnehmen durfte.

Zwischendurch gab es natürlich auch die eine oder andere Pause, in der wir mit kulinarischen Genüssen von der Fleischboutique verwöhnt wurden.

Es war das erste Mal für mich, dass ich Pulled Pork gegessen habe. Mehr als ein Brötchen schaffte ich an diesem Tag aber leider nicht, weil ich zu sehr mit Quatschen beschäftigt war (am nächsten Tag ist Herr Sonnenschein extra nochmal mit mir losgezogen um meinen Heißhunger auf weitere Schweinereien zu stillen).

Es gab außerdem selbst gebackene Zimtschnecken, Waffeln und einen himmlischen Baiserkuchen, den ich aber leider nur zur Hälfte essen konnte, da sich die andere Hälfte während meines lebhaften Gesprächs mit Mari von Baby Kind und Meer verabschiedet hat. Ja, wir Blog-Omis hatten uns eine Menge zu erzählen und hätten sicherlich noch Stunden weiterreden können. Vielleicht ein anderes Mal.

Ganz besonders habe ich mich auch gefreut Vanessa von Frollein Pfau endlich mal persönlich kennenzuleren. Nachdem wir es zwei Jahre lang nicht mal auf ein lange geplantes und längst überfälliges Sushi-Date geschafft haben. Und das, obwohl wir beide in Köln wohnen (mit dem Rhein dazwischen).

Und vor allem habe ich mich auch gefreut Maria von artventure public relations endlich persönlich kennenzulernen. Persönlich ist das doch ganz anders als per Mail und nun freue ich mich umso mehr auf Mails von der smarten Powerfrau.

Auf dem Bild seht Ihr von links nach rechts Maria, Alison und Johanna.

Ich habe mich sehr gefreut einige Blogger wiederzusehen und andere endlich mal kennenzulernen:
Ich und Du Und Du // Call it cool // Nenalisi // Kullakeks // Liebling,ich blogge jetzt // Frollein Pfau // Mami und Beebi // Kinderchaos Familienblog // Metterschling & Maulwurfn // von Ahoi // Kleine Familienwelt //  Natürlich Anna // Apfelbäckchen // Baby, Kind & Meer // Emma bloggt // Familie Nimmerland // Frieda Friedlich

Falls Ihr noch mehr Bilder von dem tollen Jättefint Event sehen wollt, hat Herr Sonnenschein noch eine Extra-Bilder Galerie angelegt.

Noch einmal vielen lieben Dank an Johanna und ihr tolles Team für diesen fantastischen Nachmittag!

Mein Leben mit dem Besonderen #91 Beziehungswaise

Ich bin 24 Jahre alt und hatte noch nie einen Freund. 

Aber ich fange lieber etwas weiter vorne an… geboren worden bin ich in die Arme meiner Mutter, zu der ich auch heute noch eine sehr enge Beziehung habe. Einen Vater gibt es zwar, den kenne ich aber kaum. Mein Opa ist früh gestorben und mit der restlichen Familie habe ich relativ wenig Kontakt.
Später war ich auf einem Mädchengymnasium  und habe einen sehr frauenlastigen Beruf ergriffen – ich bin Erzieherin. Männer waren also immer „fremde Wesen“ für mich – und ja, das Lied von den Wise Guys darf gerne mitgesungen werden 😉

In meiner Ausbildung habe ich mich mit dem einzigen Kerl aus der Klasse angefreundet. Er ist ein sehr besonderer Mensch und wir hatten eine sehr besondere Beziehung zueinander, die am Ende durch zu viele Gefühle (positive und negative und das von uns beiden) und ein paar anderen Faktoren zerbrochen ist – und mein Herz gleich mit. Heute blicke ich aber mit einem Lächeln auf zwei ganz besondere und schöne Jahre zurück… 🙂

Mittlerweile ist es für mich normal geworden, freundschaftlich oder kollegial mit Männern umzugehen. Aber wenn ich jemanden neu kennenlerne (was selten genug vorkommt!), landen wir quasi direkt in der Freundschaftsschiene (was dann auch nicht hält), mehr ist nie daraus geworden.

Ich kenne es nicht, ein „Ich liebe dich“ zu hören.
Ich kenne es nur, „Lass uns Freunde sein“ zu hören.

Ich kenne es nicht, begehrt zu werden.
Ich kenne nur freundschaftliche Umarmungen.

Ich kenne kein blindes Vertrauen, kein sich-fallen-lassen.
Ich kenne es nur, abgelehnt zu werden.

Ich kenne kein „du bist wunderschön“.
Ich kenne nur meine eigenen negativen Gedanken, wenn ich in den Spiegel schaue.

Ich kenne keinen Streit und anschließende Versöhnung, kein Erzählen vom Tag und Zuhören, kein nebeneinander einschlafen und aufwachen.
Ich kenne es nur, alleine zu sein.

Ich bin zur Einzelgängerin geworden und habe mich in mein Schneckenhaus zurückgezogen, aus lauter Angst, schon wieder enttäuscht zu werden und eine weitere Narbe davonzutragen. Wenn ich nicht in meiner gewohnte Umgebung bin, in der ich mich sicher fühle (z.B. auf der Arbeit), fällt es mir schwer, auf neue Menschen zuzugehen und sie kennenzulernen. Freunde habe ich sehr wenige, es sind eher Bekannte. Aber wen rufe ich an, wenn es mir mal richtig mies geht?
Mir ist klar, dass sich mein Problem dadurch nicht verbessert, aber ich lerne dazu, z.B. zu unterscheiden, „verliebt in die Person“ oder nur „verliebt in die Tatsache, dass da jemand ist“ – gar nicht so einfach!

Manchmal komme ich ganz gut damit zurecht und habe die Hoffnung, dass mir irgendwann der Mann meines Lebens über den Weg läuft, der mich so nimmt wie ich bin und mit dem ich eine Familie gründen kann.
Aber manchmal verkrieche ich mich über Tage in meinem Bett, weine viel und sehe völlig schwarz, dass mich irgendwann mal jemand liebt. Dann rede ich mir ein, dass ich ein ganz schrecklicher Mensch bin, hässlich, fett und unscheinbar. Mich wollte ja schließlich noch nie jemand, warum sollte sich das je ändern?

Meine größte Hoffnung ist zugleich auch meine größte Angst. Jemanden in mein Leben lassen? Er könnte wieder gehen und eine riesengroße Lücke hinterlassen.  Viele Dinge zum ersten Mal erleben –  erster Kuss, erstes Mal zusammen einschlafen, erstes Mal Händchen halten in der Öffentlichkeit, erstes Mal den Eltern vorgestellt werden, erstes Mal zu hören „das ist meine Freundin“, erster großer Streit und so vieles andere – andere erleben diese in der Pubertät, ich erst mit Mitte 20. Ja, ich habe da Angst vor! Denn ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll, während mein Gegenüber diese Dinge sicher schon kennt – wenn auch nicht mit mir. Mache ich was falsch? Mache ich mich lächerlich?

Ich habe einen wunderbaren Beruf, den ich über alles liebe genauso wie die tollen Kinder mit und ohne Behinderung, die ich ein paar Jahre während ihrer Kindergartenzeit begleiten darf und die mir sehr ans Herz gewachsen sind. Ohne diese vielen Glücksmomente hätte ich sicherlich schon aufgegeben, denn die Kinder zeigen mir immer wieder, dass ich doch liebenswert bin. Klar sind die Zwerge richtige Energieräuber, aber sie geben auch so viel zurück, mit Worten, Blicken, Kunstwerken, einem vertrauensvollen auf-den-Schoß-klettern oder einfach nur einem Lächeln 🙂

Das alles einmal aufzuschreiben und nicht nur im Kopf und im Herzen mit mir herumzutragen, hat mir schon sehr geholfen. Vielleicht fühlt sich ja sogar jemand angesprochen oder sogar verstanden?

Dir, liebe Katharina, vielen Dank für diese tolle Rubrik, die ich immer wieder gerne lese! Ich schaue gerne auf deinem Blog vorbei, verfolge, wie es Sonea und dem Löwen geht und versetze ich mich auch mal in die Elternsicht 😉 durch deine Texte kann ich oft manche „meiner“ Eltern besser verstehen, die ein Kind mit Behinderung haben.

RUMS mit Small Apples und Liva… und ganz viel Superkraft

Ich liebe diese Wochen, die vollgepackt sind mit sämtlichen Terminen und genau so liebe ich es, wenn sie vorbei sind.

Eigentlich geben mir diese randvoll, überquillenden Wochentage auch einfach nur mein Leben im Griff zu haben und die Zeit zu nutzen. Denn nichts hasse ich mehr als Zeitverschwendung.

IMG_0737k

Als Mutter ergreift einen so oft das Gefühl seine Zeit nicht genutzt zu haben und am Ende des Tages denkt man im Stillen „Was habe ich eigentlich den ganzen Tag getan“.

Nun, im Prinzip ist es eine ganze Menge und man steht morgens schon auf Maximalleistung, da kann manch ein Manager in gehobener Position nicht mithalten.

IMG_0740k

Wir Mütter können nicht nur viel, wir sind auch unglaublich belastbar. Und wenn wir mal ganz genau hinsehen, sind wir richtige Superheldinnen.

Was wohl der kleine Löwe dazu sagt, wenn er erfährt, dass seine Mama Superkräfte hat? Ach, ich glaube, im Prinzip wissen unsere Kinder das. Nur wir Mamas vergessen das von Zeit zu Zeit immer wieder. Und dann kommen unsere Kinder wieder mit fünf Wünschen auf einmal, die alle gleichzeitig erfüllt werden MÜSSEN. Ja und dann fällt es uns wieder ein.

IMG_0743k

Nur, dass wir es nicht mit einem roten Umhang und engem Latexanzug extrovertiert nach außen tragen, sondern mit einem geheimnisvollem Lächeln in uns verbergen.

Zum Glück, denn wie ich bereits in meinem letzten Post erwähnt habe, mag ich grundsätzlich lieber legere, lässige Kleidung.

IMG_0748k

Das Kleid Liva nach einer Schnittidee von Rosa P. ist ganz nach meinem Geschmack und die Small Apples von BORA ein lang gehütetes Stoffschätzchen in meinem Stoffsammelsurium.

Leider habe ich im unteren Bereich mehr darauf geachtet, dass der Stoff noch ausreicht und dabei aus den Augen verloren, dass der Stoff absolut bündig liegt. Die kleinen Tatsachen, die einem im Nachhinein ärgern, aber selbstgenähte Kleidung zu einem ganz besonderen Einzelstück machen.

IMG_0741k

 

Der tolle Kleiderschnitt erscheint am Samstag bei lillestoff und mich findet Ihr außerdem heute bei RUMS.

Mein Leben mit dem Besonderen #90 Besonders normale „Problemchen“

Ich liebe deine Rubrik über besondere Kinder, besondere Eltern, besondere Umstände.
Man wird demütig vor dem Leben! Man lernt etwas über Liebe und Hingabe (in ihrer reinsten Form)! Und man sieht seine Problemchen nicht mehr in so einem hellen Licht, als seien sie von einem Scheinwerfer angestrahlt.
Das ist auch der Grund, warum ich mich immer davor gescheut habe, für die Rubrik zu schreiben. Ist es denn ein „Problem“? Ist es „groß“ genug? Und natürlich auch: Möchte ich mich so öffnen? Sollen so viele Menschen davon wissen?
Andererseits habe ich nicht nur die Texte, sondern auch die Kommentare gelesen und vertraue deinen Lesern in der Hinsicht ein Stück weit. Und ich möchte – ganz egoistisch – nicht, dass die Rubrik „stirbt“.

Also, ich habe zwei besondere Kinder. Es sind Mädchen und sie sind 7 Jahre und ganz frisch 11 Jahre alt. Sie sind besonders, weil sie einfach einzigartig sind – so wie es jeder Mensch ist.
Und sie sind besonders, weil sie für meinen Mann und mich besonders sind, weil ich mir ein Leben ohne sie nicht vorstellen kann und ich sie so liebe, dass es wehtut!
Ich bewundere sie, ich liebe es mit ihnen durch das Leben zu gehen und erfreue mich an ihnen.

Die Große war ein sehr leichtes Kind – ist es noch.
Die Schwangerschaft war ein Traum, die Geburt …. naja, es war eine Geburt, da kann man nichts schön reden … sie schlief mit 2,5 Monaten durch (so richtig, mindestens 12 Stunden am Stück), sie ließ sich gut in den Kindergarten eingewöhnen, hatte bis jetzt nie ernsthafte Problem in der Schule, ist wahnsinnig selbständig usw..
Mit 2,5 Jahren war sie mal für einen Monat in der Trotzphase (so richtig) und dann hatte sie zwischen 7.5 Jahren und 8,5 Jahren mal ziemliche Probleme mit der Eifersucht ihrer Schwester gegenüber. Ansonsten ist sie momentan zwar körperlich und geistig (so früh schon!) in der Pubertät, aber es läuft!
Sie ist kein Wunderkind (obwohl jedes Kind ein Wunder ist), aber sie hat ihren eigenen Kopf, ist verträumt, phantasievoll, oft etwas langsam, gewissenhaft, sorgfältig, selbständig, etwas zu eigenbrötlerisch von Zeit zu Zeit.

Tja, bei unserer Kleinen sieht das etwas anders aus. Und ich bin froh, dass wir die Große haben, da ich ansonsten sehr an mir/uns zweifeln würde!
Die Schwangerschaft war schwerer (weil auch sie einfach schwerer war, dann war es Sommer und keine erste Schwangerschaft mehr … und ich war fast 4 Jahre älter).
Sie schlief auch super durch (mit 8 Wochen), ließ sich leicht in den Kindergarten eingewöhnen.

Ich weiß nicht, wann es anfing. Wenn man mich fragt, denk ich oft, dass wir seit über 7 Jahren kaum einen friedlichen Tag und eine ruhige Minute hatten; aber das stimmt so natürlich nicht und wäre auch ungerecht ihr gegenüber.
Trotzdem ist es bei unserer Kleinen leichter, die leichten Zeiten aufzuzählen – um ihren 4. Geburtstag war sie mal für ein paar Wochen zuckersüß.

Ich liebe mein Kind! Sie ist sehr hübsch, hat grüne Augen, rotes Haar und Sommersprossen seit einiger Zeit. Nicht nur optisch gleicht sie ihrer großen Heldin Pippi Langstrumpf.
Sie ist wahnsinnig sportlich, clever, tiefgründig, sie kann ganz in den von ihr kreierten Welten versinken, sie ist sehr fürsorglich und auch liebevoll, wortgewandt, gesellig, oft auch sehr dankbar.
Draußen fühlt sie sich sehr wohl und auch mit unserer Tieren, sie fährt gerne Fahrrad, klettert toll, schwimmt begeistert, sie malt und bastelt, verkleidet sich und spielt mit Playmo, Schleich, Autos.
Mary Poppins mag sie, die Schlümpfe, Meerjungfrauen, Zauberwesen. Sie ist also ein vollkommen normal entwickeltes Mädchen von 7 Jahren.

Auf der anderen Seite ist sie wild (wenn ich es nett formulieren möchte, sage ich lebendig), zu überschwänglich, wie ein aufgedrehter Duracell-Hase (was auch ihren kernigen, muskulösen Körperbau ohne ein Gramm Fett erklärt).
Ständig ist sie in Bewegung, turnt herum (und ihr ist egal, wo sie es tut). Bewegungsfreude ist toll und bis zu einem bestimmten Maß normal, aber bei ihr ist es schon extrem. Sie kann still sitzen und sich konzentrieren, aber nicht, wenn sie in diesem Stimmungen ist.

Manchmal denke ich, sie ist mit etwas über einem Jahr in die Trotzphase gekommen und schafft es nicht mehr heraus. Ihr Verhalten uns gegenüber ist äußerst ambivalent. Sie stößt uns in einer Sekunde weg und kommt kurz danach – als sei nichts gewesen – liebevoll schmusen.
Es scheint, als würden wir mit Dr. Jekyll und Mr. Hyde unter einem Dach zusammenwohnen! Man muss ständig auf einen Ausbruch gefasst sein. Er kommt nicht langsam, sondern ist eher wie ein Vulkan, der ausbricht oder eine Flutwelle, die über einen zusammenkracht!
Sie wettert, tobt, braust und rast. Die kleinste Kleinigkeit kann ein Auslöser sein. Sie steht sich selbst im Weg und stößt so oft so viele Menschen vor den Kopf.
Oft ist es mir peinlich, mit ihr in die Öffentlichkeit zu gehen (und es ist mir unangenehm, darüber zu schreiben). Ich stehe kurz davor, Treffen und Termine abzusagen, weil es oft eine Schmach, ein Spießrutenlaufen und Entschuldigen ist.
Ich denke, viele denken auch, sie sei ungezogen/nicht erzogen. Wir geben ihr Regeln, Struktur, wir sind konsequent …. und trotzdem scheint es wenig zu fruchten. Oft kommt die Einsicht später und nicht in dem Moment.

In der Schule eckt sie mit ihrer Art auch an.
Wenn es ihr zu viel wird, wirft sie das Handtuch. Sie mauert und lässt niemanden mehr an sich heran (ein Grund, warum die Lehrerin das Wort „Autismus“ ins Spiel gebracht hat). Ich denke nicht, dass es das ist. Sie hält Augenkontakt, sie ist nicht stupide Stereotyp, sie liebt Nähe und Körperkontakt usw..
Ich vermute ADHS, was mein Mann gar nicht hören möchte. „Sie kann sich doch sehr gut konzentrieren und sie hat doch ruhige Phasen!“
Auf jeden Fall hat sie eine sehr niedrige Frustrationstoleranz.

Jedenfalls bin ich sehr glücklich, dass wir jetzt für Ende Januar einen Termin bei einem passenden Arzt bekommen haben! Mein Mann hat auf das gemeinsame Drängen der Erzieherin, Lehrerin und mir endlich zugestimmt.
Vielleicht bedeutet es endlich Hilfe?! Hilfe für unser Kind! Hilfe auch für uns! Ich komme oft an meine Grenzen und fühle mich so hilflos. Ich WEIß, dass sie wunderbar ist und ich möchte, dass sie es auch sehen kann!

Es ist seltsam, den Text geschrieben zu haben. Und die Vorstellung ist seltsam, wenn er bei „Sonea Sonnenschein“ abgedruckt wird.
Ich hätte wahrscheinlich auch nicht geschrieben, wenn Katharina auf ihrem Blog nicht darum gebeten hätte!