Das letzte Jahr war ziemlich bunt und doch hast Du in letzter Zeit lieber Buntes gegen Schwarzes eingetauscht. Zwei Herzen in Deiner Brust und hingerissen zwischen Enid und Wednesday. So richtig festlegen kannst Du Dich noch nicht für eine der beiden Seiten. Und das finde ich gut. Ich mag beide Seiten an Dir.
Wie alle anderen 14-jährigen experimentierst Du und musst erst einmal den Weg zu Dir selbst finden. Ich kann mir vorstellen, dass Dir das nicht immer leicht fällt.
Du liebst es zu polarisieren, aber das macht es uns manchmal auch etwas schwer.
Wenn wir mit der umgänglichen, super vernünftigen und durch und durch freundlichen Sonea rechnen, die Du in den letzten Monaten oft bist, schlägt uns plötzlich Dein purer Trotz entgegen. Das ist nach all den Jahre auch noch nicht anders und einfach Teil Deiner wunderbaren und doch hin und wieder herausfordernden Persönlichkeit.
Du nimmst die Dinge gerne selbst in die Hand. Ob es die Krankmeldung in der Schule ist und wir bei unserem Anruf vom Sekretariat mitgeteilt bekommen, dass Du vor 5 Minuten bereits selbst angerufen und Dich krank gemeldet hast. Oder die Einladungen für Deinen Geburtstag. Die hast Du diesmal komplett alleine geschrieben. Nach zwei Jahren, die wir nicht feiern konnten, wolltest Du eben keine Zeit verschwenden und nix dem Zufall überlassen. Und nicht zuletzt die „Zimmer-Regeln“, die Du aufgestellt hast, weil Du es richtig scheiße findest, dass Du nicht selbst entscheiden darfst, wann Du abends das Licht aus machst.
Die letzten Monate waren auch geprägt von der ersten (unerwiderten) Verliebtheit und den Tücken Deines Andersseins. Es ist nicht nur alles neu für Dich, sondern auch für uns anderen. Gemeinsam wachsen wir da schon rein. Und ich bin jetzt schon gespannt auf Deinen ersten richtigen Freund… oder Freundin 🙂
Im Sommer sind wir endlich Deinem Wunsch nachgekommen Dich beim Taekwondo reinschnuppern zu lassen. Viel zu lange hatten wir damit gehadert, weil wir dachten, dass Du nicht die Energie aufbringen würdest, das durchzuziehen. Inzwischen hast Du den weiß-gelben Gürtel und wir alle sind mächtig stolz auf Dich. Aber nicht nur das: wieder einmal hast Du gezeigt, dass Du so viel mehr kannst, als wir Dir oftmals zutrauen.
Die Zeit um Deinen Geburtstag macht mich aus vielerlei Hinsicht immer besonders sentimental und ich staune jedes Mal, wenn ich zurückblicke und sehe was für ein großartiges Mädchen, man kann fast schon sagen: eine junge Frau, aus Dir geworden ist.
Die Eiskönigin und Elfen-Phase hast Du nahezu komplett hinter Dir gelassen. Inzwischen magst Du es lieber düster und bist der Harry Potter und Wednesday-Begeisterung verfallen. Heute gehen wir mit Deinen Freundinnen ins Kino und ich konnte Dich gerade so davon überzeugen, dass „Die drei ???“ auch ein cooler Film ist. Denn am liebsten hättest Du den Horrorfilm „Megan“ geschaut.
Heute ist das größte Spektakel für Dich im Jahr. Der Tag, auf den Du mit voller Vorfreude quasi das ganze Jahr hinfieberst. So sehr, dass Du die letzten Nähte vor Aufregung kaum geschlafen hast und Deine Schulbegleitung eine nicht ganz so leichte Zeit mit Dir hatte. Es gibt eben neben den vielen Momenten, in denen Du schon recht erwachsen wirkst, auch noch zahlreiche Momente, in denen man denken könnte, Du wirst heute 4 und nicht 14. Aber auch das ist, denke ich, ziemlich normal, oder?
Vor 14 Jahren habe ich um das Kind getrauert, das ich nicht bekommen sollte. Aber da war ich noch völlig ahnungslos und kannte noch nicht das Kind, das du tatsächlich bist. Wusste nicht, dass Du all das, was ich gedacht hatte, verloren zu haben, übertreffen würdest.
Du bist die, die mich oft in schiere Verzweiflung treibt, aber auch die, die mich nach einem langen Tag einfach nur anlächeln braucht und alles ist gut. Dein sanftes Wesen ist Gold in stressigen Zeiten.
14 Jahre und „es dauerte nicht mehr lange und dann bin ich auch einer von den Erwachsenen!“ sagst Du immer wieder. Du kannst es gar nicht erwarten. Ich hoffe und bin aber auch recht zuversichtlich, dass Du Dir damit noch etwas Zeit nimmst. Aber es wird spannend wohin Deine Reise gehen wird. Zugegeben macht es mich aber auch etwas nervös und ich mag nicht allzu viele Gedanken an das verschwenden, was mal sein wird. Du hingegen schmiedest schon fleißig Zukunftspläne. „Wenn mein Bruder bald auszieht, kriege ICH sein Zimmer!“. „Vielleicht ziehst Du ja schon vor ihm aus?“. „Nein! Ich werde hier für immer wohnen bleiben. Du kannst dann ja in ein Altersheim. Du bist ja schon eh alt!“.
Wohin der Weg auch gehen wird, wir sind da und freuen uns Dich zu begleiten. Und heute, heute freuen wir uns erstmal auf einen wunderbaren Tag mit Dir und Deinen „Ladys“, wie Du sie immer nennst.
Und um es mit Deinen Worten zu sagen: ich hab Dich lieb. Ganz doll im Herzen!