Alle Artikel in: Mein Leben mit dem Besonderen

Mein Leben mit dem Besonderen #97 Mein Leben im Wartesaal

An meinem Hochzeitstag, einem sonnigen September Samstag, stach mich eine Wespe in den Finger und sofort fiel mir dieser Spruch ein, den Mütter ihren Kinder zu flüstern, wenn sie sich wehgetan haben: „Es wird alles gut, bis du heiratest, ist es wieder gut“.  Ich kannte meinen Mann damals schon seit 9 Jahren. Wir hatten uns gut geprüft, bevor wir uns ewig binden würden und waren Willens in guten und in schlechten Zeiten zueinander zu stehen, einander zu lieben und zu stützen. Dieses Versprechen gewinnt nun für mich eine ganz besondere Bedeutung, denn ich kann wirklich und wahrhaftig sagen, dass ich den perfekten Mann ausgesucht habe. Den, der immer bei mir ist und an meiner Seite steht. Ich heiße Katrin, bin 42 Jahre alt und lebe in Berlin. Ich bin glücklich verheiratet und wir haben einen wundervollen 10-jährigen Sohn. Meine Jungs sind mein seelisches Ein und Alles, meine Stütze. 2013 ging es mir von einem auf den anderen Tag schlecht. Ich war schlapp, müde, völlig kaputt und wusste nicht so genau woher. Zuvor hatte ich eine …

Mein Leben mit dem Besonderen #96 Normal und irgendwie doch nicht normal

Nach außen hin sieht man uns als Familie. Familie mit 3 Kindern, 2 Hunden, Haus und so. Schaut man genauer hin, sieht man 2 Mädchen, 11 Jahre alt und 9 Jahre alt und einen lebhaften Jungen 5 Jahre alt. Eine Frau, Mutter, 35 Jahre alt und einen Mann, Vater, 45  Jahre alt. Und wieder sieht man nichts besonderes. Eigentlich. Aber unsere Älteste ist besonders. Mal mehr, mal weniger. Sie ist anders als andere. Sie leidet seitdem sie 6 ist unter Verlustängsten. Es kam für uns von jetzt auf gleich. Emmely kam überraschend in unser Leben, aber nicht weniger geliebt. Im Gegenteil. Aber wie die Schwangerschaft eine Überraschung und eine Herausforderung war, waren es auch ihre ersten Monate. Sie war ein Schreikind. 6-8 Std. am Tag. Nachdem wir als „Ersteltern“ alles durch hatten von Schreiambulanz, Ostheopath bis hin zu diversen Ärzten, war klar: Sie ist ein klassisches Schreikind. Zeitweise dachte ich sie wächst an mir fest. Ich konnte sie nicht ablegen. Nach 6 Monaten wurde sie ruhiger, ausgeglichener und entwickelte sich wie alle anderen Babys. War …

Mein Leben mit dem Besonderen #95 Ein Zuhause voller TCKs

Ich zähle zu den Lesern, die sich jeden Freitag auf einen neuen Beitrag dieser besonderen Rubrik freuen. Als „Mein Leben mit dem Besonderen“ noch in den Kinderschuhen war, habe ich bereits einen Artikel dafür geschrieben. In Beitrag Nr. 10 habe ich unseren Sohn Josia vorgestellt, der wie Sonea das Down Syndrom hat. Inzwischen ist er knapp 4 Jahre alt  und ich könnte hier jede Menge Geschichten aus unserem Alltag mit ihm erzählen, denn er hält uns wirklich sehr auf Trab! Aber heute möchte ich über etwas ganz anders schreiben. Wer unseren Beitrag damals gelesen hat, mag sich vielleicht noch vage daran erinnern, dass wir im Ausland leben. Dies war bis vor wenigen Monaten auch noch der Fall, aber seit Mitte 2016 sind wir zurück in Deutschland. Und das nicht wie sonst üblich für einen Besuch, sondern so richtig. Wir haben unseren kompletten Hausrat aufgelöst, die Projektarbeit an unsere Teamkollegen übergeben und sind mit unseren Kindern, unzähligen Koffern und unserer Katze nach Deutschland geflogen.  Für mich ist es eine Rückkehr in die alte Heimat, auch wenn …

Mein Leben mit dem Besonderen #94 Besonders

Ich habe viele Besonderheiten. Es fing schon früh an. Ich heiratete meine Jugendliebe. Das war besonders schön. Die nächste Besonderheit, wir sind immer noch verheiratet, glücklich. Auch besonders. Seit 23 Jahren. Besonders. Mittlerweile 6 Kinder. Besonders, vor allem weil es in meiner Jugend hieß, sie können auf natürlichem Wege keine Kinder bekommen. Unser letztes Kind ist ganz besonders. Zerebrale Parese. Ich wollte besonders schöne Begebenheiten erzählen. Und schwups, mischt sich diese Aussage dazwischen. Und wieder kullern die Tränen bei mir. Ich wollte so viel. Wollte diese Besonderheit positiv sehen. Ich kann es noch nicht. Ich lerne noch daran. Ich will aus meinem Leben erzählen. Vor allem von unserer größten Besonderheit. Ich muss ein bisschen weiter ausholen. Bei der Jugendliebe. Sehr früh haben wir uns kennengelernt. Für mich früh. Neunzehn war ich. Als wir uns das erste mal sahen, wussten wir, wir gehören zusammen. Die Hälften wurden zusammengefügt. Ein besonderes Gefühl, als ob du jemanden schon immer kennst, gleiche Ansichten hast, alles stimmt. Meine Familie war dagegen. Einen geduldeten Ausländer. Wir haben trotzdem geheiratet. Ohne Familie. …

Mein Leben mit dem Besonderen #93 Von der Angst nicht der Norm zu entsprechen

Als ich mit meinem ersten Sohn im dritten Monat schwanger war, waren wir im Urlaub an der Ostsee. Dort am Strand schlief ich in der Sonne ein und erwachte, nachdem mein Oberkörper, vor allem Gesicht, Dekolleté, Brust blaurot verbrannt waren. Ich denke da heute noch dran, weil ich mich manchmal frage… ob durch diese intensive Sonneneinstrahlung irgendwelche (vielleicht toxischen?) Vorgänge in meinem Körper abgelaufen sind, die meinem Jungen damals im Embryostadium geschadet haben? Die Geburt selbst war, denke ich, normal. 28 Stunden Wehen, der Kopf geboren, als ich beschloss: „Tut mir leid, ich kann nicht mehr, ich geh jetzt nach Hause“ – und sich die Hebamme auf meinen Bauch warf, mit beiden Unterarmen drückte, bis der Junge ganz auf der Welt war. Das war im Februar 1990. Ein liebes Baby mit einem normalen Schlafrhythmus – bis zu seinem 7. Monat. Im September weinte er oft nachts – oft und vor allem lange. Mindestens eine Stunde lang, später länger. Durch nichts ließ er sich beruhigen, weder durch trinken noch Windeln wechseln noch herumtragen. Oder ihn mit …

Mein Leben mit dem Besonderen #92 Die Krankheit heißt „Der doofe Dieter“

Als unser erstes Kind, ein Sohn, 2 Jahre und 7 Monate war, kam zwei Wochen nach dem errechneten Entbindungstermin unsere Tochter zur  Welt. Ich hatte eine sehr schnelle, anstrengende Geburt und wurde nach drei Tagen gesund mit dem Baby nach Hause entlassen. Am 5. Tag ihres Lebens wurde unser Mädchen dann ganz schnell wieder ins Krankenhaus eingewiesen, das Neugeborenen-Screening zeigte einen sehr, sehr hohen TSH Wert. Unsere Diagnose lautet also seit Tag 5 konnatale Hyopthyreose – Schilddrüsenüberfunktion. Gut, damit können wir und unsere Tochter leben. Aber im 4., 5. Lebensjahr wurde unser Mädchen, die dann schon eine Brille trug, immer starrer im Gesicht, tapsiger. Sie fiel oft hin. Irgendwas war komisch. Zum Glück war die unserem Wohnort zugeordnete Grundschule eine für normale und für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf, bevorzugt körperlich – motorisch. Wir waren hier also richtig. Unser Mädchen ist ein fröhliches Kind, sie kann es durch ihre Mimik leider nicht zeigen, der Mund ist ständig offen, Lachen geht nicht. Dadurch denken viele, dass unser Kind auch geistig krank ist. Sie läuft mit einer Orthese …

Mein Leben mit dem Besonderen #91 Beziehungswaise

Ich bin 24 Jahre alt und hatte noch nie einen Freund.  Aber ich fange lieber etwas weiter vorne an… geboren worden bin ich in die Arme meiner Mutter, zu der ich auch heute noch eine sehr enge Beziehung habe. Einen Vater gibt es zwar, den kenne ich aber kaum. Mein Opa ist früh gestorben und mit der restlichen Familie habe ich relativ wenig Kontakt. Später war ich auf einem Mädchengymnasium  und habe einen sehr frauenlastigen Beruf ergriffen – ich bin Erzieherin. Männer waren also immer „fremde Wesen“ für mich – und ja, das Lied von den Wise Guys darf gerne mitgesungen werden 😉 In meiner Ausbildung habe ich mich mit dem einzigen Kerl aus der Klasse angefreundet. Er ist ein sehr besonderer Mensch und wir hatten eine sehr besondere Beziehung zueinander, die am Ende durch zu viele Gefühle (positive und negative und das von uns beiden) und ein paar anderen Faktoren zerbrochen ist – und mein Herz gleich mit. Heute blicke ich aber mit einem Lächeln auf zwei ganz besondere und schöne Jahre zurück… 🙂 …

Mein Leben mit dem Besonderen #90 Besonders normale „Problemchen“

Ich liebe deine Rubrik über besondere Kinder, besondere Eltern, besondere Umstände. Man wird demütig vor dem Leben! Man lernt etwas über Liebe und Hingabe (in ihrer reinsten Form)! Und man sieht seine Problemchen nicht mehr in so einem hellen Licht, als seien sie von einem Scheinwerfer angestrahlt. Das ist auch der Grund, warum ich mich immer davor gescheut habe, für die Rubrik zu schreiben. Ist es denn ein „Problem“? Ist es „groß“ genug? Und natürlich auch: Möchte ich mich so öffnen? Sollen so viele Menschen davon wissen? Andererseits habe ich nicht nur die Texte, sondern auch die Kommentare gelesen und vertraue deinen Lesern in der Hinsicht ein Stück weit. Und ich möchte – ganz egoistisch – nicht, dass die Rubrik „stirbt“. Also, ich habe zwei besondere Kinder. Es sind Mädchen und sie sind 7 Jahre und ganz frisch 11 Jahre alt. Sie sind besonders, weil sie einfach einzigartig sind – so wie es jeder Mensch ist. Und sie sind besonders, weil sie für meinen Mann und mich besonders sind, weil ich mir ein Leben ohne …

Mein Leben mit dem Besonderen #89 Neurodermitis

Mein allgemeines Leben ist nicht sonderlich spektakulär: Ich bin 28 Jahre alt, verheiratet und Mama einer 7-jährigen Tochter und eines 1-jährigen Sohnes. Das „Besondere“ oder, wie ich selbst finde, eher „Leidliche“ an meinem Leben ist, dass ich, seit dem ich ein Baby war, mit Neurodermitis leben muss… Meinen Eltern wurde früher immer weis gemacht, dass die Krankheit mit der Pubertät verschwinden würde, aber davon wusste mein Körper nichts oder hat sich zumindest nicht an die Behauptungen der Ärzte gehalten. Laut meinen Eltern nahm meine Krankheit die extremsten Ausmaße an als ich ein Kleinkind war: Meine Haut war fast überall offen und tägliche bzw. nächtliche Salbenverbände gehörten zum Alltag dazu. Dies war die Zeit in der ich körperlich am meisten darunter litt. Als ich ein wenig älter wurde, wurden die akuten Schübe etwas weniger schlimm und lang … oder die Medizin einfach besser. Das kann ich selbst nicht so beurteilen. Jedoch kam etwas anderes fieses hinzu, dass viele, die mit Neurodermitis kämpfen kennen werden: Asthma! Zu meinem „Glück“ leide ich nur unter Belastungsasthma, so dass ich …

Mein Leben mit dem Besonderen #88 Depressionen

Heute habe ich mich endlich aufgerafft um meine Geschichte zum Leben mit dem besonderen aufzuschreiben. Auch wenn ich mir nicht wirklich sicher bin ob mein Leben so besonders ist. Den eigentlich ist mein Leben ganz normal, ich fühle weder mich besonders, noch mein Leben… Erzählen möchte ich von meiner Familie. Mein Mann ist depressiv. Genau jetzt ist der Moment wo betretenes Schweigen einsetzt, wenn man einem Menschen davon erzählt. Depressionen gehören zu den Krankheiten welche in der Gesellschaft noch immer versucht werden zu verheimlichen.  Denn schließlich ist es ja eine „Kopfmacke“ und wer gibt schon gerne zu, dass er im Kopf „nicht ganz richtig“ ist.  Das macht mich sauer, denn das führt dazu, dass sich Betroffene erst viel zu spät ihr Problem eingestehen. Sich keine Hilfe suchen oder erst so spät. Dabei könnten sie sich viel ersparen, wenn sie sich gleich Hilfe gesucht hätten.  Warum ich das schreibe, weil sich vorige Woche der Bruder meines Mannes zweimal versucht hat das Leben zu nehmen. Beide Male konnte er gerettet werden.  Bis heute sieht er aber nicht …