Allgemein, Down-Syndrom, Familienleben, Zöliakie

Aber bitte oooohne Kohlengetrate!

Bis vor drei Jahren gab es ein Krisenthema bei uns: der Mops!

Manch ein treuer Leser erinnert sich sicherlich noch vage an meinen sehnlichen Mops-Wunsch und Herrn Sonnenschein, der „es nicht so mit Möpsen hat“.

Und auch, wenn sich mein Wunsch dann schicksalhaft doch noch erfüllt hat, wenn auch der Mops etwas plüschiger wurde, als ursprünglich geplant, ist das Krisenthema Nummer 1 irgendwie immer noch der Mops.

Aber diesmal ist nicht der Hund gemeint.

Bis Ende 2018 war Ernährung nie ein großes Thema bei uns. Doch dann kam bei Sonea die Diagnose Zöliakie dazu und alles wurde anders.

Mit dem Thema glutenfreie Ernährung waren wir schon ein wenig vertraut, weil Herr Sonnenschein irgendwann feststellte, dass er Gluten und histaminhaltige Lebensmittel nicht so gut verträgt. Also stellten wir die Ernährung entsprechend um und für Sonea war die Diagnose dann nicht ganz so schlimm, weil „Papa hat das ja auch. Ich bin nicht allein damit“.

Seitdem hält sie sich wirklich vorbildlich daran (ihr Papa zumindest in ihrer Gegenwart) und isst auch nicht heimlich glutenhaltige Lebensmittel. Glutenfreie jedoch schon… und so passierte es in der Vergangenheit leider nicht selten, dass mich beim Aufräumen plötzlich geheime Verstecke mit Verpackungen von Wurst und Käsewürfeln oder glutenfreien Keksen und Süßigkeiten überraschten.

Ich war nie ein Freund davon bestimmte Lebensmittel komplett zu verbieten, weil ich Sorge hatte, dass meine Kinder überfordert sein könnten, wenn sie woanders sind, wo es diese Einschränkungen nicht gibt. Wie soll man einen gesunden Umgang mit Lebensmitteln lernen, wenn sie komplett verboten werden? Andererseits finde ich es wirklich bewundernswert, wenn ich sehe wie das woanders klappt und Kinder gar nicht das Verlangen nach Süßem haben, weil sie es einfach nicht kennen. Trotzdem unvorstellbar, weil ich mir ein Leben ohne Schokolade einfach gar nicht vorstellen könnte.

Nach der Zöliakie Diagnose wuchs Sonea immer mehr in die Breite. Das führte hier neben den ständigen Durchfällen trotz strenger Kontaminationsvermeidung zu vielen Diskussionen. „Wenn Du ihr ständig Mettwürstchen vom Einkaufen mitbringst, brauchen wir uns nicht zu wundern…!“ schimpfte ich. „Wenn DU Dir ständig die Schokolade reinstopfst und das Zeug hier vor ihrer Nase steht, bist Du auch kein bisschen besser!“ konterte Herr Sonnenschein.

Und irgendwie hatte er ja Recht. Wenn wir nicht an uns als Vorbildfunktion arbeiten, können wir nicht erwarten, dass unser Kind die Essgewohnheiten ändert.

Anfang des Jahres suchte ich Rat bei meiner Jumping-Trainerin, die außerdem ausgebildete Ernährungsberaterin ist. Einen Termin bei einem Gastroenterologen wollte ich auch machen, denn obwohl wir uns inzwischen sehr belesen haben, sind da eben noch so viele Fragezeichen und eben auch noch Durchfälle und Bauchkrämpfe, wo keine sein sollten.

Die Zöliakie-Diagnose wurde Ende 2018 ohne Darmspiegelung aufgrund der stark erhöhten Antikörper gestellt. Aber was das jetzt in unserem Fall konkret bedeutet und wie das Zusammenspiel mit einer zusätzlichen Schilddrüsenunterfunktion sowie einem langsameren Stoffwechsel aufgrund des Down Syndroms ist… es blieben viele ungeklärte Fragen offen und brachten viel Unsicherheit mit sich.

Anfang diesen Jahres habe ich dann angefangen sporadisch Ernährungstagebücher zu führen, um mir zum einen Überblick zu verschaffen was Sonea am Tag isst und was die Durchfälle und Bauchschmerzen verursacht.

Und immer wieder stolperte  ich dabei über die „zuckerhaltigen Lebensmittel“. Das wollte Sonea natürlich gar nicht hören. Auch noch auf Süßigkeiten verzichten? No way!

Mit dem Lockdown kam dann die totale Eskalation. Sonea igelte sich zunehmend ein und war nicht mehr vor die Tür zu bewegen. Nach dem Frühstück noch einen „Vormittagssnack“ und nach dem Mittagessen noch zweimal Nachschlag… und noch einen Nachtisch… und einen Nachmittagssnack eine halbe Stunde später. Das führte hier zu jede Menge Streit und einer Sonea, wie ich sie noch nie erlebt habe. Sie tobte vor Wut, wenn wir ihr die weitere Nahrungsaufnahme untersagten. Was macht man in so einem Moment? Ich habe viel geweint. Vor Wut, Verzweiflung und Hilflosigkeit. Diese Zeit war ohnehin schon für uns alle eine große Belastungsprobe.

Neben ihren Eskapaden sah ich, wie es sie selbst traurig machte und viele Klamotten, die teilweise noch fast neu waren, ihr nach kurzer Zeit nicht mehr passten. Sie fühlte sich nicht mehr wohl in ihrer Haut und das mitzuerleben, war für mich am allerschlimmsten. Es triggerte mich zudem extrem, wenn jemand sich zu Soneas Figur äußerte „Oh, da hat aber jemand ganz schön zugelegt!“ oder „Ganz schön groß ist sie geworden““ (wie meint sie/er das jetzt?) und es versetzte mich zurück in meine eigene Jugend. Ich weiß wie sich das anfühlt.

Und wenn Sonea selbst sagte „Ich muss abnehmen wegen meinem dicken Bauch“, merkte ich, wie der Kloß in meinem Hals immer größer wurde und mir die Tränen in die Augen schossen. Ich erklärte ihr, dass wir gemeinsam einen Weg finden und, dass sie super ist, genau so wie sie ist. Kinder sollten keine Diät machen müssen. Aber intuitiv funktioniert leider eben auch nicht.

Herr Sonnenschein und ich nutzten die Gelegenheit und kümmerten uns erst einmal um unsere eigene Ernährung. Hier hatten sich auch ein paar unliebsame Kilos aufgrund Bequemlichkeits-Gewohnheiten eingeschlichen. Zu viel „Nudeln mit Soße“, weil es eben schnell geht. Zu oft „Chips und Softdrinks“ am Abend, weil es einfach gemütlich ist und schnell verfügbar. Ja und eben Schoki und Co.

Und so machten wir neben dem ganzen Sport während der Corona-Lockdown-Zeit auch bei einer 2-wöchigen No-Carb Challenge mit. Blöd war nur das Timing und so gab es an meinem 40. Geburtstag statt einer dicken Schokotorte eben einen kleinen Low-Carb-Kuchen. Aber in diesem Jahr läuft schließlich alles anders als erwartet.

Die Challenge half uns sehr ein besseres Bewusstsein für kohlenhydratige- und vor allem zuckerhaltige Lebensmittel zu bekommen.

Aber vor allem bewirkte all der Verzicht genau das, was ich mir davon erhofft hatte. Dass Sonea die Motivation findet aktiv und ohne äußeren Druck von sich aus etwas zu ändern. Sie ist wieder deutlich aktiver und begleitet mich inzwischen einmal die Woche zum Jumping, wo sie zwar überwiegend ihr eigenes Ding macht, aber immerhin in Bewegung ist. Und immer häufiger besteht sie auf Essen „ohne Kohlengetrate“. Dann gibt es morgens eine Brotdose nur mit Obst und Gemüse und ein bisschen Käse oder Wurst (mein selbstgebackenes, glutenfreies Keto-Brot konnte leider nicht überzeugen) und mittags deutlich mehr Gemüse und Salat und weniger Nudeln.

So ganz gelingt mir der Verzicht auf Schoki & Co. nicht. Aber insgesamt ist unsere Ernährung seit einiger Zeit deutlich bewusster, abwechslungsreicher und kohlenhydratärmer. Und das tut uns allen sehr gut.

Ich möchte mich mit niemanden über Essen und Ernährung streiten und vor allem möchte ich nicht, dass meine Tochter mit elf Jahren sich ausgiebige Gedanken über Gewichtsreduktion macht. Und ich hoffe einfach, dass wir mit unserer eigenen Umstellung zu einem besseren Bewusstsein des Essverhaltens beitragen und so eine weitere rapide Gewichtszunahme vermeiden können.

Es gibt immer wieder mal kleine Rückschritte, denn sie isst einfach leidenschaftlich gerne. Aber insgesamt sind wir auf einem ganz guten Weg mit weniger „Kohlengetraten“ und so.

(noch eine kleine Werbeunterbrechung)

Den fröhlichen Regenbogen-Stoff Rainbowlove von Miss Patty bekommt Ihr übrigens ab Samstag bei lillestoff in mehreren Stoffqualitäten. Ich habe einen Ferdinand Hoodie aus Summersweat genäht.

3 Kommentare

  1. Liebe Katharina, mir gefällt das echt gut, wie Ihr das macht: Ihr alle stellt Euch auf das bewusstere Essen ein und damit um, und ich persönlich denke, dass es langfristig auch nur so funktionieren kann.
    Bewusstes Essen bedeutet für mich nicht, dass man sich täglich mit Kalorienzählen beschäftigt und genau abwiegt, wie viel Gramm von dem und dem ich heute (noch) essen darf. Es bedeutet, dass man den Tag mit seinen Mahlzeiten einfach bewusst und vor allem gesund gestaltet, und ich selbst habe an mir erlebt, wie man sich daran gewöhnen kann – und wie normal es dann mit der Zeit auch wird.
    Ein „Vollverzicht“ auf Schokolade ist gar nicht notwendig, wenn man weniger bewusst genießt, anstatt heimlich hinter dem Sofa eine Tafel Schokolade „zu inhalieren“, weil man nicht weiß, wanns die nächste gibt.
    Und der Effekt auf Sonea gibt Euch ja auch recht 🙂

  2. Ariane sagt

    Das ist toll, dass ihr diese Vorbildfunktion ausfüllen könnt. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es mit nur einem Elternteil, einer Oma und 3 großen pubertierenden Brüdern nicht funktioniert. Seufz.

  3. Liebe Katharina,

    einmal mehr zeigst du mit diesem liebevollen und würdevollem und rücksichtsvollem Beitrag, warum man so gern bei dir mitliest.

    Du schreibst ehrlich und offen aus eurem Leben und von Dingen, die jeden betreffen (können).

    Die „Kohlengetrate“ (diese Wortschöpfung könnte auch von meinem Junior stammen 🙂 ) sind leider auch in unserer Familie die größten Feinde. Wobei wir die Konstellation haben, dass 2 Familienmitglieder gertenschlank sind (und essen und trinken können, was und so viel sie wollen, ohne an Gewicht zuzulegen) und 2 haben sichtbare Wohlfühlpfündchen.

    Unsere Kinder sind im Alter eurer Kinder. Und ich teile deine Ansichten.

    Wir haben hier die unglückliche Situation, dass die Kinder rohes Gemüse schlichtweg nicht vertragen (endet mit Magendarmbeschwerden).
    So fällt dies leider als gesunder Snack weg.

    Aber auch wir feilen/basteln an einer kleinen Ernährungsumstellung, ohne etwas verbieten zu müssen.

    Und Sonea ist und bleibt ein sehr, sehr schönes und liebenswertes Mädchen!

    (Und bitte nicht vergessen: Sie steckt in der Pubertät, da verändert sich der Körper eh, ich habe zwar „nur“ Jungen, aber mein Großer ist so alt wie Sonea und verändert sich ganz stark Richtung „Mann“). 🙂

    Alles Gute – und ich bin froh, dass Sonea dich zur Mutter hat – du bist genau die Richtige für sie, weil du eine sehr gute Lebenseinstellung hast (wenn ich das mal so sagen darf)!

    Liebe Grüße
    Anja

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