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Der Wunsch nach Chemie-Unterricht, glutenfreiem Essen und… Inklusion!

Ich wünschte, ich wäre so klar in meinen Entscheidungen, wie meine Tochter.

Wenn man Sonea fragt was ihr an der weiterführenden Schule besonders wichtig ist, sagt sie „Ich will glutenfreies Essen und Chemie-Unterricht!“.

Für uns stellt sich die weiterführende Schule vor ganz andere Herausforderungen.

Inklusion ist ein fest verankertes Menschenrecht. Viele wissen das nicht, oder aber… Ja, immer dieses verdammte ABER.

Wir haben uns in den vergangenen Monaten auch intensiv mit all diesen ABERs hinsichtlich der schulischen Inklusion auseinander gesetzt. Sie haben mir nachts den Schlaf geraubt und mich tagsüber grübeln lassen.

Vor zwei Wochen waren wir noch einmal bei mittendrin ev., die uns in den vergangenen Monaten beratend zur Seite standen. Man könnte sagen, dass mittendrin ev. quasi die Wanderrouten, die uns bevorstanden und auch noch bevorstehen, in hilfreich wegweisende Bereiche unterteilt und Bereiche markieren haben, in denen Lawinengefahr besteht. Die Bergwacht, falls doch mal etwas auf der steinigen Bergroute passieren sollte.

Als wir vor zwei Wochen dort waren, wurden wir mit einer Sensations-Nachricht empfangen. Unser Stadtteil ist in Sachen Inklusion wieder im Rennen. Leider kam diese Nachricht so überraschend und unverhofft, dass wir im Vorfeld nicht beim Tag der offenen Tür waren und unsere Fühler zwischenzeitlich in sämtliche andere Richtungen gestreckt haben.

Zum Glück konnten wir dann vergangene Woche zumindest zu einem Infoabend an die Gesamtschule und sind nach einem Gespräch mit der didaktischen Leitung mit einem positiven und bestärkten Gefühl nach Hause. Es gab plötzlich einen realistischen Plan B zu unserer Wunschschule und ein Aufatmen nach wochenlangem Luftanhalten.

In den nächsten Tagen führten Herr Sonnenschein und ich verbale Pro und Kontra Listen und diskutierten die ganzen Für und Widers.

Es gibt immer noch so viele Faktoren, die uns hoffen lassen, dass wir einen Platz an der Wunschschule bekommen. Der einzige Punkt, der uns Sorgen macht, ist die Entfernung und auch die Sorge, dass uns der Anspruch auf einen Fahrdienst gestrichen werden könnte (insbesondere nun, wo wir nun wohnortsnäher eine Alternative haben).

Laut dem Routenplaner liegt der Unterschied gerade mal bei 4 Kilometern. Zeitlich gesehen liegt meist locker eine halbe bis eine dreiviertel Stunde zwischen den Fahrten zu den Schulen.

In der Beratung durch mittendrin ev. gab man mir auch den Denkanstoß wie wichtig es ist, wenn man die Leute von der Schule auch im Alltag trifft. Nicht mal unbedingt direkte Verabredungen, sondern zufällige Begegnungen beim Einkaufen, beim Arzt, beim Sport. Wo auch immer.

So wie jetzt, wenn Sonea beim Einkaufen eine Betreuerin aus ihrer OGS trifft und freudestrahlend begrüßt oder aber schnell zum Blumenladen abbiegt (der Papa ihrer Freundin arbeitet dort), um sich eine Blume schenken zu lassen und mir anschließend freudestrahlend zu überreichen.

Es wäre so viel leichter, wenn Sonea die Gesamtschule besuchen könnte. Sie könnte womöglich ihren Taxifahrer behalten, der die Schulfahrten nun seit fünf Jahren macht. Sie würde viele Schüler bereits kennen, weil sie mit ihr zusammen zur Schule gegangen sind. Und ich würde ihr zutrauen den Schulweg irgendwann alleine zu bestreiten.

Ganz klar dagegen spricht die Größe der Schule. Ein riesiges Gebäude mit über 1000 Schülern und mein Kind mittendrin. Eine Schule, die Inklusion gemacht hat, dann wieder nicht und nun wieder doch.

Ich bin hin und hergerissen und würde gerne in der Schule hospitieren, bevor wir unseren Anmeldeschein dort abgeben und mir ein Bild davon machen wie die Lehrer und Fachkräfte zur Inklusion stehen. Mein Bauchgefühl meldet noch so viele Vorbehalte und ich habe unendlich viele Fragen. Die Zeit bis zur Entscheidung ist sehr knapp. Gerade mal eine Woche.

Am 04.02. ist nicht nur Soneas Geburtstag, sondern auch der Tag, der den Weg weisen wird, den sie in ein paar Monaten einschlagen wird. Wird es unsere Wunschschule sein oder aber werden wir sie an diesem Tag an der für sie örtlich nächstgelegenen Gesamtschule anmelden?

Und dann gibt es da ja noch die Förderschule, direkt um die Ecke, an die ab Sommer Soneas beste Freundin gehen wird. Gestern habe ich noch mit ihrer Mutter telefoniert und ihre Worte „Hast Du Dir das gut überlegt!“, die sie mir hinsichtlich unserer Entscheidung für die weitere schulische Inklusion zu bedenken gab.

Natürlich haben wir das. Mehr als das. Tag für Tag. Nacht für Nacht. Und trotzdem wissen wir nicht was richtig ist. Wir können nur auf unser Gefühl hören. Und auf Soneas Wunsch nach glutenfreiem Essen und Chemie-Unterricht.

6 Kommentare

  1. Ulrike Goebel sagt

    Liebe Katharina,
    ich lese schon lange mit — weil ich ganz anders und doch wieder aehnlich betroffen bin, gerade in Hinblick auf das Inklusionsthema.
    Ich wurde in den 60er Jahren mit einer unklaren Koerperbehinderung geboren (moeglicherweise hat der Schwangerschaftstest Duogynon eine Rolle gespielt, den meine Mutter wohl verwendet hat). Schwer fuer meine Eltern, gerade weil es keine genaue Diagnose und Prognose gab. Aber weil ich geistig wach war, haben sie das fuer diese Zeit Ungewoehnliche getan und durchgesetzt, dass ich in die Regelschule aufgenommen wurde. Das schien wunderbar zu gehen! Ich war an meiner Grundschule eine der Besten (laut den damals beliebten IQ-Tests) und ging aufs Gymnasium. Ich habe studiert und lange im Wissenschaftsbetrieb gearbeitet. Aber ich hatte im Alter von 13 Jahren beschlossen, mich aus der Welt zurueckzuziehen, in die ich ganz offensichtlich nicht gehoerte. Ich bin in die Buecher ausgewandert, und keiner hat es gemerkt … Heute stehe ich alleine da, ohne eigene Familie, ohne wirkliche Freunde, vom prekaeren Wissenschaftsbetrieb ausgespuckt. Jetzt weiss ich, dass ich es „alleine gegen die Normalwelt“ nicht schaffen kann, aber jetzt ist es wohl zu spaet.

    Was ich damit sagen will: es ist schwer fuer ein Kind, anders zu sein (auch wenn das heute sicher etwas besser ist als in den 70ern und 80ern). Das Kind muss eine Loesung finden, um mit dieser Situation umzugehen. Wenn es eine konstruktive Loesung ist, wunderbar! Das ist dann der Blick vom Berg in die Weite, den man im Tal nicht haben kann. Wenn es aber eine langfristig schaedliche Loesung ist wie in meinem Fall, dann waere das Tal (vielleicht?) besser gewesen. Da muessen die Eltern genau hinschauen. Ich druecke euch die Daumen!

    UG

  2. Veronika sagt

    Liebe Katharina,
    das liebe leidige Thema Schulwahl. Ich fühle so mit Dir, wie stehen/ standen genau vor der gleichen Entscheidung. Unser Sohn kommt im Sommer auch auf die weiterführende Schule. Unsere Stadt ist in Sachen Inklusion überhaupt nicht auf dem Vormarsch. Das müssten wir leider schmerzhaft erfahren. Alle Kinder, die links und rechts vom Weg abweichen haben hier gefühlt an der Schule nichts verloren. Das macht mich sehr sehr traurig. Wir haben auch die Erfahrung gemacht, dass es fast zu hundert Prozent auf die Lehrer ankommt. Ab der 3. Klasse ging unser Sohn auf eine Förderschule mit dem Schwerpunkt Hören. Es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht und wir sind sehr froh, dass wir uns für diese Schule entschieden haben. Die Schule ist 70! km von uns entfernt und unser Sohn muss sehr viel entbehren. Das tut mir oft sehr leid für ihn aber er ist sehr tapfer und bestreitet glücklich seinen Weg. Er wird dort auch zur weiterführenden Schule bleiben. Diese Entscheidung hat er für sich selbst getroffen und ich bewundere seinen Mut.
    Am 4.2.20 haben wir die Schulanmeldung für den Kleinen. Mir ist sehr mulmig zumute, sind wir doch vor zwei Jahren dort gescheitert. Der Kleine ist ein anderes Kind aber ich bin die gleiche Mutter…….Das Thema Schule bereitet mir auch immer wieder unwahrscheinlich Kopfzerbrechen. Schließlich möchte man wirklich nur das Beste für sein Kind.
    Ich bin in Gedanken bei dir und wünsche euch und vor allem Sonea, dass ein Wunder passiert und das möglichst an Soneas Geburtstag.
    Alles Liebe von Veronika

  3. Barbara sagt

    Liebe Katharina, Du weißt ja, wir kämpfen an den gleichen Fronten, nur ein Jahr versetzt und in anderen Bundesländern. Ihr habt mit mittendrin e.V. einen starken Partner an Eurer Seite, das ist wichtig, um im Dschungel nicht die Orientierung zu verlieren. Der inklusive Weg ist leider sehr steinig, doch das wussten wir ja, als wir ihn uns ausgesucht haben. Wenn ich mir dann die Erfolge von Emma anschaue, weiß ich, das war genau der richtige Weg. Zum Glück ist unsere Schule durchgängig und die Sorge eines Wechsels nach der Grundschulzeit entfällt. Dafür bleibt aber der stetige Kampf hinter den Kulissen, damit unseren Kindern das Menschenrecht auf Bildung auch entsprechend zuteil wird. Denn auch das wissen wir alle längst, Inklusion ist oftmals eine Mogelpackung, die durchaus mit Miracoli und Co mithalten kann. Doch bei allem für und wider zur Inklusion, wenn niemand den Weg geht, wird es ihn irgendwann auch nicht mehr geben. Ich drücke Euch ganz ganz fest die Daumen, dass Sonea an Eurer Wunschschule glücklich wird, bei Chemie-Unterricht, glutenfreiem Essen UND Inklusion!

  4. Ich kann von meiner Erfahrung sagen das die Schule an sich total egal ist . Mein Sohn braucht nur die richtigen Lehrer/in damit es klappt .1 +2 klasse Montessori Schule ( auch lange geguckt wohin und sogar selber gefahren jeden Tag ) leider Pech mit der Lehrerin. Zur 3 Klasse wechsel zu einer Förderschule mit super Lehrer wo er dann super schnell alles aufgeholt hat und total integriert in der Klasse war . 4 Klasse Lehrer ist umgezogen, also neue Lehrerin. Er sass nur noch allein in der Küche mit Schulbegleitung und durfte nicht mehr am Unterricht teilnehmen. Irgendwann kam Post er wäre nicht mehr beschulbar ohne Grund und vorwahnung .Sind wir mit sehr harten kampf erfolgreich gegen angegangen und er durfte schon nach Weihnachten auf eine Private weiterführende Förderschule wechseln .Und dort wieder mega tolle Lehrer/ in die sich echt den Popo aufreißen jeden Tag .Und er ist wieder voll integriert und alle glücklich . Wenn die Lehrer keine Lust haben bringt es leider alles nicht .Ich bin auch total für Inklusion aber leider ist unsere Stadt da auch noch lange nicht so weit das ich mich getraut hätte ihn auf eine Gesamtschule zu beschulen. Ich drück euch die Daumen das ihr die richtige Entscheidung trefft und eure Tochter weiter eine schöne Schulzeit hat.

  5. Silke sagt

    Ich kann die leider nichts raten, aber vielleicht zum Thema Bauchgefühl…..
    Bei der ersten Grundschule unseres Kindes haben wir auch auf das Thema Umgebung, wohnungsnah, Leute treffen gehört… und es war für unser Kind ein Reinfall…. wir haben dann zu Klasse drei auf die Schule gewechselt die von Anfang an mein Favorit war und weiter weg….und es war gut so….. und der kleine ist jetzt gleich dort;) auch bei der weiterführenden Schule…. auch ich habe alle angeschaut, mit den Rektoren gesprochen- lange bevor der Tag der offenen Tür war….und nur bei einer Schule habe ich vor Glück geweint..dort ist unser Sohn…super integriert und es wird auf seine Besonderheiten geachtet…ich denke das Bauchgefühl zählt mehr als alles andere…ich wünsche euch eine gute Entscheidung….Silke

    • Liebe Silke,

      wir haben auch nach unserem Bauchgefühl entschieden und können nun einfach nur auf die Zusage an unserer Wunschschule hoffen. An Soneas Geburtstag wissen wir mehr.

      Liebe Grüße
      Katharina

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