Allgemein, Down-Syndrom, Inklusion, Lillestoff, Werbung

Lass die Sonne rein

… denn heute ist Geburtstag.

Mit 39 näht man sich nicht mehr T-Shirts mit einer bunten Zahl drauf, sondern Kleider, die sich drehen, wenn man durch Leben tanzt.

Let the sun in – enemenemeins

Mit 39 ist man wunschlos glücklich. Zumindest fast. Den einen oder anderen Wunsch hätte ich da schon.

Im Moment träume ich wieder viel wirres Zeug.

Neulich hatte ich so einen Traum, der mich so sauer machte, dass ich davon wach wurde. Mein Puls ging auch im Laufe des Tages jedes Mal in die Höhe, wenn ich nur daran dachte. Und auch Tage danach ist das so.

Let the sun in – enemenemeins

In meinem Traum saß ein Mädchen schmollend auf unserem Sofa, ein anderes hatte sich bei uns heulend im Bad verschanzt. Töchter von Freunden. Der Grund für ihr Verhalten war meine Tochter. Diese wurde für „ekelig“ befunden.

Ich muss Euch nicht sagen wie diese Reaktion mich traf. Obwohl es ein Traum war und trotz der Tatsache, dass diese Mädchen Sonea außerhalb meiner Traumwelt eigentlich mögen bzw. gar nicht kennen. Es war wie ein schwerer Schlag mitten ins Herz.

Dieser Traum arbeitet seitdem sehr in mir. Ständig denke ich an diese Situation. Daran wie sich solche Situationen wohl für Sonea anfühlen müssen. Daran, dass wir Situationen, wie diese in ähnlicher Form schon einige Male erlebt haben. Abneigung ist für Sonea nicht fremd.

Let the sun in – enemenemeins

Und auch, wenn Sonea nahezu unbeeindruckt wirkt, oder so als würde sie es gar nicht mitbekommen, wenn wildfremde Kinder auf einem Spielplatz tuscheln oder gar laut über die „Behinderte“ oder „die mit dem hässlichen Gesicht“ reden. Sie spürt es sehr wohl, denn ihre Antennen für die Befindlichkeiten anderer sind stets auf vollem Empfang.

Let the sun in – enemenemeins

Sie hat über die Jahre ihre Strategien entwickelt und zieht sich meistens zurück, wenn kleine Menschen aufeinander treffen. Dabei ist sie grundsätzlich ein geselliger Mensch. Und eigentlich freut sie sich im Vorfeld auch immer riesig. Ihr Verhalten macht mich traurig und nachdenklich zugleich.

Let the sun in – enemenemeins

Gerade haben wir so eine extrem aufreibende Phase mit Sonea, die wir wahrscheinlich nicht oder zumindest in dieser Form nicht hätten, wenn sie nicht das Down-Syndrom hätte. Manchmal steht ihr ihre Behinderung selbst im Weg und uns dann natürlich auch. Nichts, was wir nicht gemeistert bekommen, aber eben anstrengend und tränenreich.

Sie ist anders. Und alles, was anders ist, wird in unserer Gesellschaft kritisch beäugt. Der Mangel an Toleranz für Menschen, die offensichtlich anders sind, anders denken oder einfach ein anderes Lebensmodell haben, als das, das der „Norm“ entspricht, haben es nicht leicht. Aber wer legt diese eigentlich fest und bestimmt, dass sie alleingültig richtig ist.

Ich wünsche mir, dass das anders wäre.

Dass die Herkunft und Religion der Menschen keine tragende Rolle spielt und keinen Hass schürt. Dass es keine Diskussionen über stillende Mütter in der Öffentlichkeit gibt. Dass unterschiedliche Erziehungsmodelle nicht permanent diskutiert würden. Dass gleichgeschlechtliche Liebe mehr Akzeptanz und Selbstverständlichkeit findet. Und auch, dass Menschen, wie meine Tochter mehr Selbstverständlichkeit erfahren. Dass Inklusion nicht als Belastung, sondern als Bereicherung gesehen wird. Und dass ich mir deswegen nicht ständig den Kopf zerbrechen muss.

Let the sun in – enemenemeins

Obwohl ich ein starker Inklusions-Befürworter bin (aus verschiedenen Perspektiven betrachtet), schwanke ich gerade sehr und hadere mit mir, ob wir Sonea damit einen Gefallen tun.

Gerade zweifle ich sehr an diesem Weg, der Sonea auf der einen Seite sehr weit gebracht hat, aber auf der anderen Seite immer mehr ihr Anderssein unterstreicht und hervorhebt.

Manchmal verlässt mich der Mut diesen Weg weiter zu gehen und ich frage mich, ob ich ihn Sonea noch zuMUTen kann.

Die inklusiven Möglichkeiten in den weiterführenden Schulen sind bei uns leider sehr beschränkt. Es gibt kaum Schulen, die sich auf diesen Weg voll und ganz einlassen und die Schulen, an denen Inklusion funktioniert, sind wiederum so weit von uns entfernt, dass der tägliche Fahrtweg den Rahmen jeglicher Zumutbarkeit sprengen würde.

Let the sun in – enemenemeins

Wie wird das in der weiterführenden Schule erst sein, wenn sich eine ganze Klasse in der Pubertät befindet und jedes Kind sich erst einmal mit den eigenen Veränderungen auseinandersetzen muss? Wie wird das Bewusstsein und Verständnis dieser Kinder gegenüber Sonea dann aussehen? Wie tolerant sind Teenies im Umgang mit Menschen, die eine Behinderung haben? Insbesondere dann, wenn sie es nicht von klein auf gewohnt sind.

Neulich sprach ich den Gedanken laut aus und Herr Sonnenschein pflichtete mir sofort bei. „Bruchrechnen wird sie eh nie brauchen“ sagte er. Und vielleicht hat er Recht.

Zum 39. wünsche ich mir neben einem Ledersofa und einem neuen Badezimmer also vor allem ein: Liebe! Und zwar für alle Menschen. Egal wieviele Chromosomen und ungeachtet Ihrer Kultur und ihrer Lebensphilosophie.

Let the sun in – enemenemeins

Zum Schluss für die Nähbienen unter Euch noch ein paar Eckdaten zum Kleid:

Stoff: Let the sun in von enemenemeins, aktuell in der Händlervorbestellung bei lillestoff

Schnitt: Frederike von Konfetti Patterns.

12 Kommentare

  1. Marie sagt

    Liebe Katharina,

    just gestern Abend war der Abiball unseres Kindes Nr. 2 und wir sind so froh, dass wir dem System Schule in Deutschland nun ein für allemal entkommen sind.
    Ich oute mich jetzt mal als einer der wenigen Menschen, die gegen Inklusion sind (und bin damit automatisch Fan der blauen Partei, aber Manipilation durch Wahl-o-maten ist ein anderes Thema…)
    Bevor du meinen Kommentar löscht, lass mich meinen ketzerischen Satz vervollständigen… also nochmal:
    Ich bin gegen Inklusion, solange das Modell so halbherzig durchgeführt wird wie derzeit.
    Ohne entsprechendes Personal, ohne entsprechende Schulausstattung und schön über den Rücken von allen Beteiligten hinweg – wie im Übrigen die gesamte Bildungspolitik in diesem Land.
    Als meine Kinder auf die weiterführende Schule sollten, haben wir uns bewusst gegen Inklusionsmodelle entschieden, nicht, weil wir den Grundgedanken ablehnen, sondern weil
    in diesem Bundesland hier nicht einmal für intakte Toiletten geschweige denn für Ausstattung mit modernen Lehrmaterialien Geld ausgegeben wird. Wie soll ein Lehrer (z.B. mein Bruder, ein hochengagierter Lehrer an einer sogenannten Brennpunktschule) mit 25 Kindern/ Jugendlichen klarkommen, von denen auch nur vier besondere Bedürfnisse haben und besondere Ansprüche stellen? Das funktioniert nicht und ich schäume immer noch und immer wieder vor Wut angesichts der Tatsache wie sehr Deutschland seine Bildungspolitik vernachlässigt – perspektivisches gesehen steuern wir auf eine Katastrophe zu und ich bin komplett fassungslos, dass man diesem Umstand ignoriert.
    Sonea hat also die Wahl zwischen „irgendwie mitgeschleift werden“ in einer Klasse, die aufgrund fehlender finanzieller Mittel insbesondere für Personal, wobei sie nur allzu leicht unter die Räder kommen kann oder eben nicht inkludierter Beschulung, aber dafür in kleinen Klassen mit Menschen, die für ihren Job ausgebildet worden sind. Ich verstehe deinen Konflikt nur zu genau.

    Oder ihr beschult privat – und hier schlage ich wieder einen Bogen zu meiner eigenen Situation – was ich, müsste ich noch einmal von vorn anfangen, auf jeden Fall machen würde.

    Ich wünsche euch alles erdenklich Gute auf eurem Weg und halte euch ganz fest die Daumen, dass ihr einen guten findet!

    LG,
    Marie

    • Damit hast Du gut auf den Punkt gebracht, woran die Inklusion immer wieder scheitert.

      Vielen Dank für Deine Ehrlichkeit.

      Liebe Grüße
      Katharina

  2. Nina sagt

    Liebe Katha,

    Ich hoffe deine Wünsche gehen in Erfüllung ❤️❤️❤️

    Fühl dich umarmt und geknutscht, Nina

  3. Hannah sagt

    Liebe Katharina, ein schwieriges Thema. Ich kenne sehr viele Kinder, die auf einer Förderschule (als Plan B, nach Inklusion auf einer Regelschule in den ersten Jahren) total aufgeblüht sind. Endlich nicht mehr hinten dran sein, endlich Erfolgserlebnisse haben, endlich mal etwas können, was vielleicht sonst niemand kann. Freunde finden, akzeptiert sein! Das kann ein riesiger Vorteil sein und das Selbstwertgefühl enorm stärken. Manchmal denke ich, diese Erlebnisse sind für ein Kind so viel wichtiger als der (verständliche!) Wunsch der Eltern, eine inklusive Beschulung durchzuziehen. Alles Liebe!

  4. Karin sagt

    Hallo Katharina,
    erstmal alles Liebe zum Geburtstag!!! Ich erinnere mich sehr gut an deinen Beitrag „Die Hässliche kommt“, der mich damals sehr berührt hat. Die Ablehnung zu spüren – das tut weh.
    Ihr könnt sie nur immer wieder stärken und aufbauen und vielleicht auch mal das Gespräch mit den Kindern (auf dem Spielplatz) suchen. Sagen, dass es Sonea und euch verletzt. Das wäre noch so ein Gedanke von mir. Aber vielleicht sagst du, das geht nicht… Liebe Grüße, Karin

  5. Liebe Katherina, du sprichst mir aus dem Herzen. Jeder einzelne von uns Menschen ist wunderbar und wertvoll. Herzlichen Glückwunsch und Gottes Segen wünsche ich Dir zum Geburtstag und deiner tollen Familie. Viele liebe Grüße sendet dir Renate

  6. Katja Pischler sagt

    Oh ja, same here. Felix wechselt im Sommer auf die Realschule. Mit vielen Kindern aus seiner Schule. Trotzdem hab ich Magenschmerzen dabei. Er ist auch immer außen vor. Er ist halt nicht so weit wie die anderen .
    Wir werden es versuchen, aber sobald wir merken das er in irgendeiner Form unglücklich ist, beenden wir die Inklusion.
    LG und noch einen schönen Geburtstag , Katja

  7. Veronika sagt

    Ach liebe Katharina,
    herzlichen Glückwunsch zu deinem 39. Geburtstag. Ich wünsche dir von Herzen ein erfülltes, fröhliches neues Lebensjahr und dass der ein oder andere Wunsch in Erfüllung geht. Du bist eine wunderschöne, starke Frau. Deine Tochter kann stolz sein, so eine Löwenmama wie dich zu haben!
    Ich habe mittlerweile 3 Pflegekinder und wir stoßen auch immer wieder auf Widerstand in der Gesellschaft. Einerseits finden es alle angeblich so toll, dass wir die Kinder aufgenommen haben uns bis über unsere Grenzen hinaus kümmern, andererseits müssen sie aber auch mit dem Strom schwimmen. Alles was links und rechts vom Weg abweicht, wird nicht gern gesehen. Gerade auch in der Schule haben wir immer mal wieder Probleme weil meine Kinder auf Unverständnis von Seiten der Lehrer stoßen. Dieser ständige Kampf und die Gedanken um die Kinder rauben mir manchmal auch den letzten Nerv und eigentlich könnte es doch so schön sein?!.
    Manchmal wünschte ich mir auch wir wären eine ganz normale Familie, mit ganz normalen Kindern. Aber dann frage ich mich was ist eigentlich normal, wer legt das fest und bin doch ziemlich dankbar über unsere chaotische, nie langweilige, sehr besondere Familie.
    Auch wenn wir uns nicht persönlich kennen, fühle ich mich Dir immer sehr verbunden und daher drücke ich dich mal fest aus der Ferne.
    Lass dich feiern!!!!!
    Liebe Grüße von Veronika

  8. Inge knodel sagt

    Hallo Katharina, dieses Kleid ist der Hammer. Es steht Dir wunderbar. Ich bin ein Nachkriegkind und mit Behinderten ( Anderssein) groß geworden. Ich finde es traurig wie sich viele Menschen verhalten. Der Egoismus nimmt ständig zu egal in welchem Bereich. Kann Sonea auf ihrer Schule nicht bleiben? Ist es keine Gesamtschule? In jedem Bundesland ist das unterschiedlich. Dein Traum kann auch mal Wirklichkeit werden. Vielleicht kannst du mal mit einem Psychologen sprechen und Dir dort einen Rat holen. Ich würde einen Kinderpsycholgen nehmen. Die sind auf solche Situationen geschult. Vielleicht kann er Sonea auch behilflich sein und sie stärken, sollte mal so eine oder eine ähnliche Situation entstehen. Liebe Grüße Inge

  9. Cleocleo138 sagt

    Herzlichen Glückwunsch! Ich wünsche Sonea, aber auch uns allen, dass Deine Geburtstagswünsche in Erfüllung gehen!

  10. Liebe Katharina, ich wünsche Dir von ganzem Herzen alles Liebe zum Geburtstag!!

    Ich mag das Kleid sehr – und Klatschmohn liebe ich sowieso 🙂

    Was die Gesellschaft betrifft… Manchmal wundere ich mich immer noch. Wir sind inzwischen alle so aufgeklärt, wir wissen so vieles – und dennoch fehlt für immer noch so vieles, das eigentlich selbstverständlich sein sollte, das Verständnis. Oder wenigstens die Toleranz.
    Meinen Kindern habe ich immer mit auf den Weg gegeben, dass niemand besser oder schlechter ist, nur weil manche Menschen eben anders sind. Aber ob sie dies auch immer dann beherzigt haben, wenn sie in ihrer Clique unterwegs waren, das kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Ich wünschte es mir!
    Mein Ältester ist momentan in der Krankenbeförderung tätig, an einem Abend durfte ich mal (aus Gründen) für eine Stunde mitfahren. Wir haben einen Mann vom Pflegeheim geholt, der zur Dialyse musste, und ihn wieder ins Pflegeheim gebracht. Wie alt mochte er gewesen sein? 40 vielleicht? Oder jünger? Was mir auffiel und ich meinem Sohn später auch sagte: „Ich fand das wirklich richtig schön, wie du mit ihm gesprochen hast. So zugewandt! Du handelst deine Fälle nicht nur ab, du beschäftigst dich mit den Menschen!“ Er hat die Schultern gezuckt. „Joa. Ist doch ein Mensch.“
    Er braucht mehr Zeit als andere – und manchmal nimmt er sie sich einfach auch. Oft genug wurde über ihn gesagt, er sei zu langsam. Scheiß Quoten.
    Das ist es, was mir oft fehlt: Die Tatsache zu sehen, dass wir einen MENSCHEN vor uns haben. Ganz gleich, ob (sichtbar) beeinträchtigt oder nicht. Ganz gleich, welcher Herkunft. Warum ist sowas wichtig?
    Gestern waren wir an der Isar spazieren. Dort stand ein Mann, vielleicht auch so um die 30-40, er war dem Äußeren nach sichtbar anderer Herkunft. Er stand da und starrte auf das Wasser, auf die Schwäne, auf die Enten. Nur ganz kurz hat er den Blick gehoben, und ehrlich, der sah so traurig aus, ich wäre am liebsten hingegangen und hätte ihm die Hand gegeben. Das war ein so spontaner Impuls – aber ich hab es nicht gemacht. Warum nicht? Ob er mich für aufdringlich gehalten hätte? Ob er sich gefreut hätte?
    Ist er allein? Ist er krank? Fehlt ihm die Heimat oder einfach seine Familie?
    Das waren die Gedanken, die mich da gar nicht mehr losließen, und ich dachte: So oft rennen Menschen aneinander vorbei und interessieren sich nicht füreinander. Sie glotzen, wenn sie etwas sehen, das anders ist, und bewerten es. Aber interessieren tut es sie nicht (wirklich).

    Manchmal denk ich, es ist vielleicht das Alter.. Je älter ich werde, desto mehr Gedanken mache ich mir.
    Und desto bewusster registriere ich, dass es oftmals einfach nur ausreicht, freundlich zu sein. Wie viel allein nur ein Lächeln bewirkt! Vor zwei Tagen in der U-Bahn, ich fahre die Rolltreppe rauf, ein anderer neben mir fährt runter. Er lächelt mich an, einfach so, ich lächel zurück. Einfach so! Das tut niemandem weh – und so ein Gefühl trägt einen den Rest des Tages!

  11. Ani Lorak sagt

    Hm. Ja, das ist so. Abweichungen von der Norm sind schwierig. Ich bin beim Thema Inklusion sehr gespalten. Bin nicht sicher, ob immer der richtige Weg. Ich wünsche mir, dass Dein Wunsch sich erfüllt und genauer, liensweren und freundlichen Umgang miteinander, kein vorschnelkes Urteilen. Ich kann nur im weitesten Eure Probleme nachempfinden und wünsche viel Kraft und Mut, den braucht es. Feiere schönnund lasse Dich feiern.

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