Dieser Beitrag ist in Zusammenarbeit mit dem Caritasverband des Erzbistums Köln entstanden. Der Text und die Meinungen in diesem Beitrag sind unsere eigenen.
Einen Kindergartenplatz zu finden, ist heute leider nicht mehr ganz so leicht. Meistens muss man nehmen, was kommt und kann nicht allzu wählerisch sein.
Kein Wunschkonzert
Das war vor 10 Jahre auch schon so. Und ich bin damals wie heute unendlich glücklich darüber, dass ich Sonea mit 3 Monaten in einer Kita angemeldet habe, die zwar nicht gerade um die Ecke war, aber in der Soneas Down-Syndrom kein Hindernis sein sollte.
Ein Kindergarten direkt am Wald, ein bisschen in die Jahre gekommen, aber durchaus mit Charme. Vier sehr kleine Gruppen. Zwei heilpädagogische Gruppen mit je acht Kindern und zwei Erziehern und zwei Gruppen mit 15 Kindern, davon je fünf mit Förderschwerpunkten.
Und obwohl es ein Caritas-Kindergarten war, schien es keine Rolle zu spielen, ob und welcher Konfession wir angehören.
Dass das alles nicht selbstverständlich ist, stellte ich später auch noch fest. Denn ich schaute mir noch weitere Kitas an. Klein und familiär, aber bitte kein Kind mit Behinderung. Zu betreuungsintensiv.
Oder zwar inklusiv, aber eben auch riesig, reizintensiv und laut. Nirgends fühlte ich uns richtig aufgehoben oder willkommen.
Wenn das Schicksal alles regelt
Umso glücklicher war ich, als dann der Anruf kam, dass wir ganz sicher den Platz in dem kleinen Kindergarten am Wald bekommen würden. Ich war damals mit Soneas kleinem Bruder schwanger und es fiel mir schwer meiner kleinen Weltentdeckerin gerecht zu werden. Ich war einfach nicht mehr genug.
Sonea liebte den Kindergarten vom ersten Tag an und schickte uns während der Eingewöhnung weg.
Ein Jahr später kam dann Soneas Bruder nach einer kleinen Umstrukturierung der Kitagruppen in die neu eröffnete U3 Gruppe. Die Inklusion sah vor, dass die heilpädagogischen Gruppen in inklusive Gruppen umgewandelt wurden. Danach gab es die Raupengruppe mit 10 Kindern unter 3 Jahren und drei Gruppen mit 15 Kindern über 3 Jahren, mit und ohne Behinderung.
Zwischenzeitlich zogen wir dann auch in die unmittelbare Nähe unserer Kita, denn gleich um die Ecke wurde eine schöne Wohnung frei.
Ein Ort der Geborgenheit und der Abenteuer
Die Kita wurde über die Jahre ein zweites Zuhause für die Kinder. Ein Ort der Geborgenheit, des Lernens und Entdeckens. Viele kleine Abenteuer haben die Kinder in ihrer Kita-Zeit erlebt. Aber vor allem war es ein Ort des selbstverständlichen Miteinanders, von dem alle profitierten.
Ich bin wirklich sehr dankbar dafür, dass meine Kinder ihre ersten Jahre und eine wertvolle Zeit in dieser besonderen Kita verbringen konnten und vor allem eine funktionierende Inklusion und ein gemeinsames Miteinander aus zwei verschiedenen Perspektiven erleben durften. Eine familiäre Atmosphäre, immer ein offenes Ohr und nicht bloß ein „Stop and Go“ und stets einen wachen Blick auf die Kinder und ihre Bedürfnisse.
Mich erfüllt diese Zeit nachhaltig mit großer Dankbarkeit und ich schreibe seit Tagen an diesem Beitrag. Es fällt mir nicht leicht, weil ich einfach keine Worte finde, die dieser wunderschönen Kindergartenzeit gerecht werden.
Ich war damals mit Sonea unendlich dankbar dafür, einen Ort gefunden zu haben, an dem sie Willkommen ist, genau so wie sie ist. Ein Ort des Wohlfühlens und der Freundschaft. Alles war völlig selbstverständlich.
Inklusion ist für alle da
Diese Selbstverständlichkeit erlebte ich dann mit Soneas Bruder noch einmal aus einem anderen Blickwinkel und erkannte wie bereichernd die Inklusion für alle ist.
Einer von Vincents besten Freunden ist gehörlos und diese Unvoreingenommenheit meines Sohnes beeindruckte mich damals wie heute sehr. Vincent lernte die Gebärdensprache kinderleicht und findet es nach wie vor manchmal ganz toll mit mir in Gebärdensprache zu kommunizieren und mich herauszufordern, weil ich auf Anhieb nur Bahnhof verstehe.
In dieser Kita erlebte ich vor allem, dass die Kinder sich nicht der Einrichtung anpassen mussten, sondern das Personal alles Menschen mögliche macht, um den individuellen Bedürfnissen der Kinder gerecht zu werden. Ein sehr reflektiertes, engagiertes und liebevolles Team, das nicht bloß einen Job macht, sondern individuell schaut was die Kinder brauchen.
Als die Kindergartenzeit im letzten Sommer endgültig endete, träumte ich nachts immer wieder davon, dass ich wieder schwanger bin. Nicht weil der Wunsch nach einem dritten Kind in mir schlummerte, sondern weil es die einzige Möglichkeit wäre, noch weiter ein Teil dieses tollen Kindergartens zu sein und nicht loslassen zu müssen.
Aber auch wenn wir keinen Nachzügler mehr haben, schlossen sich natürlich die Kitatüren für uns nicht komplett. Die Kinder nutzen gerne in den Ferien das Angebot ihre Kitagruppe für einen Tag zu besuchen und ich gebe seit Jahren einmal die Woche einen abendlichen Nähkurs für Mütter und Freundinnen.
Sonea Sonnenschein – Caritas from rene weides on Vimeo.
Auch die Erzieherinnen meiner Kinder sind über die Jahre zu richtigen Freundinnen geworden. Und eine sogar Vincents Patentante.
Alle Caritas-Kindertagesstätten in Köln auf einem Blick findet Ihr hier. Die Fotos für die Homepage hat übrigens Herr Sonnenschein gemacht.
Platz für alle
… das ist leider keine Selbstverständlichkeit. Aber genau so haben wir es über die letzten Jahre in unserer Caritas Kita erlebt.
Und Platz für alle, heißt auch die neuste Kampagne der Caritas, die zum Ausdruck bringen möchte, dass bei der Caritas alle Menschen willkommen sind. Egal welche Herkunft oder Religion sie haben, egal wie alt sie sind oder ob sie eine Behinderung haben.
In dem Video der Caritas spielen einige prominente Schauspieler mit. Auch Nico Randel. Der 31 Jährige Schauspieler und Künstler hat ebenfalls das Down-Syndrom und wir haben ihn bei seiner Familie in Erftstadt besucht.
Das war ein sehr schöner Nachmittag mit einer sympathischen Familie, die wir ohne das Down-Syndrom wahrscheinlich niemals kennengelernt hätten. Während ich vor allem beeindruckt von Nicos Kunstwerken war, hätte Sonea wahrscheinlich am liebsten den Massagesessel mit ins Auto gepackt oder wäre am liebsten direkt bei Familie Randel eingezogen.
An diesem Nachmittag hat uns eine zunächst unbekannte Familie völlig selbstverständlich einen winzigen Platz in ihrem Leben und Sonea in der Relax-Liege gewährt. Platz für alle.
Und ich wünsche mir für alle Kinder, dass sie immer einen Platz finden, an dem sie sein dürfen, wie sie sind. Und dass es selbstverständlich in allen Kitas und Schulen wird, Platz für alle zu schaffen. Platz für neue Freundschaften. Platz für Geborgenheit. Und Platz zum Wachsen und Lernen.
Liebe Katharina,
der Artikel ist wieder wunderbar geschrieben. Ich kann das sehr gut nachvollziehen. Unsere Tochter hat ihre Kita-Zeit auch in einer Kita der Caritas verbringen dürfen. Das Haus ein bisschen in die Jahre gekommen, der Spielplatz nicht super-modern, aber mit ganz viel Herz und Herzlichkeit. Wir, allen voran meine Tochter, erinnern uns sehr gern an diese schöne Zeit, in der sich die Erzieherinnen auch immer Zeit genommen haben, sich mit uns Eltern auszutauschen, Sommerfeste zu organisieren, Übernachtungspartys zu veranstalten und zur Verabschiedung in die Schule bekam jedes Kind eine selbstgebastelte Schultüte überreicht. Wir waren eine große Gemeinschaft und erst im Nachhinein weiß ich durch den Austausch mit anderen Eltern, was wir für ein wahnsinniges Glück mit dieser Kita gehabt haben. Vielen Dank, dass Du uns hier in Erinnerung rufst, dass der großartige Einsatz der Erzieherinnen nicht selbstverständlich ist.
Liebe Grüße von Stine
ein wunderbar geschriebener Artikel
Danke, liebe Bärbel.
Liebe Katharina,
neben all den wichtigen Dingen, die du rund um die Inklusion geschrieben hast,
ist bei mir vor allem ein Satz hängen geblieben:
Die Kita ist für deine Kinder ein zweites zu Hause geworden.
Mir ist bewusst geworden, dass ich das viel zu selten würdige.
Normalerweise strecke ich nachmittags den Kopf durch die Tür zur Gruppe und dann sollen sich die Zwerge schnell anziehen, damit ich dem Tumult aus Eltern und Kindern im Flur entkommen kann.
Ich werde jetzt öfter mal eine halbe Stunde später kommen, um dann in Ruhe vielleicht sogar mal in der Gruppe zu sitzen und mir Dinge zeigen zu lassen, ein Buch anzusehen usw. Irgendwie ist das in „unserer“ Kita nicht üblich, aber ich versuchs jetzt mal einfach.
Danke für den Gedankenanstoß!
Christina
Liebe Christina,
ich denke, dass es uns allen so im Alltagstrott geht. Meistens ist der Kopf voller Dinge, wenn man die Kinder aus ihrer Welt rausreißt und dann reagiert man oft verständnislos.
Liebe Grüße
Katharina