Ich diskutiere nicht gerne. Für gewöhnlich habe ich meine Meinung und respektiere die Meinung anderer, denke gerne auch über die verschiedenen Sichtweisen nach und wäge ab, ob meine Meinung die einzig richtige für mich ist.
Obwohl ich polarisierende Themen lieber vermeide und es eher nach dem Prinzip „Leben und Leben lassen“ handhabe, konnte ich zum Thema Bluttest nicht ganz schweigen.
Diese ganze Diskussion fiel mir sehr schwer. Ich habe lange an einem Blogbeitrag geschrieben und meine Argumente für und gegen diesen Test erläutert und dann wieder den ganzen Beitrag verworfen.
Niemanden würde ich meine Meinung aufzwängen und niemanden „belehren“ wollen, welche Entscheidung im Falle einer gestellten Diagnose in der Schwangerschaft die Richtige ist. Wer hier schon lange mitliest, weiß das sicherlich. Es gibt einfach kein pauschales richtig oder falsch.
Als Mutter eines Kindes mit Behinderung und eines ohne Behinderung kann ich nur sagen, dass die Erzieherischen Herausforderungen woanders liegen, dass es nicht unbedingt das Kind mit Behinderung sein muss, das einem schlaflose Nächte bereitet und einen manchmal in die Verzweiflung treibt.
Die ganzen Diskussionen in den letzten Wochen haben mir mal wieder gezeigt, dass die größte Behinderung unsere Gesellschaft selbst hat. Teilweise mangelt es ganz klar an Toleranz und manchmal ist es einfach auch nur eine große Unsicherheit, weil die Menschen den Umgang und den Kontakt mit Menschen mit Behinderung nicht gewohnt sind. Ich weiß selbst wie das ist. Schließlich gab es da auch noch ein Leben vor Sonea. Und wenn man mich damals aus dem Nichts heraus gefragt hätte, ob ich mir jemals vorstellen könnte ein Kind mit Behinderung zu bekommen. Die Antwort wäre sicherlich ganz klar „Nein“ gewesen. Völlig normal, denke ich.
Wenn man in der Situation ist, ändert sich der eigene Blickwinkel nochmal grundliegend. Zum Glück. Und wie oft haben wir alle mal Situationen im Leben gemeistert und uns am Anfang gefragt „Wie soll ich das nur durchstehen?“.
Über den Tellerrand hinaus sieht die Welt noch einmal ganz anders hinaus. Und wenn wir einfach mal ein bisschen mehr in andere Menschen hinein fühlen würden und uns Gedanken darüber machen würden wie sich die Dinge für sie darstellen, würden wir vielleicht ganz anders in so eine Diskussion hineingehen.
Wie fühlt es sich an, wenn man die Diskussion mal aus Sicht eines Menschen mit Down-Syndrom betrachtet? Oder aus Sicht eines Autisten? Den kann man nämlich nicht mit so einem Bluttest aussortieren. Und die meisten Behinderungen werden doch ohnehin erst im Laufe des Lebens erworben.
Auf der einen Seite bin ich glücklich, dass Sonea in eine Zeit geboren ist, in der sie viele Möglichkeiten hat ihr Potential zu entfalten und ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Der medizinische und therapeutische Fortschritt sind einfach toll.
Nur unsere Gesellschaft zeigt deutliche Rückschritte. Wie viel einfacher wäre alles, wenn Kinder bereits im Kindergarten den Kontakt zu anderen Kindern mit (und ohne) Behinderung hätten. Wenn das Zusammenleben von Anfang an selbstverständlich wären und Barrieren gar nicht erst entstehen.
Wir haben zum Glück ein tolles Umfeld und Sonea ist bei allen einfach Sonea. Gerade ist sie in einer inklusiven Ferienbetreuung und es ist so schön zu sehen wie wohl sie sich inmitten der anderen Kinder fühlt und wie selbstverständlich sie in dieser Runde ist.
Und dann denke ich, wie einfach es doch sein kann, wenn man einfach ein bisschen offener für andere ist und sich nicht unnötig (be)hindert.
Zwei Wochen Osterferien sind hier geradezu verflogen. Am Montag haben wir noch Soneas Bruder getauft und viele schöne Momente gehabt. Auf unseren Osterausflug haben wir ein bisschen in unserer Insta-Story mitgenommen. Ja und eigentlich war der Plan in dieser Woche, die ich frei hatte, einiges zu erledigen und außerdem ein bisschen mehr zu bloggen. Nun, ein winziger Bruchteil davon ist mir gelungen.
Morgen sind wir beim 17. Down-Sportlerfestival in Frankfurt dabei. Ein großartiges Spektakel, dem wir jedes Jahr gerne beiwohnen. Die Stimmung ist einfach jedes Mal sensationell und nicht zu toppen. Sonea freut sich schon wahnsinnig auf „ihren“ großen Tag. Für sie ist es jedes Mal ein Highlight und ich glaube, sie freut sich auch ein bisschen, dass sie an dem Tag auf so viele Menschen trifft, die genau so sind wie sie. Und natürlich werden wir Euch auch ein bisschen live in den Instagram– und Facebook-Stories mitnehmen.
Hallo Katharina,
es freut mich, dass Sonea schöne Osterferien hatte und zum Abschluß auch noch das Sportfestival. Sind wir nicht alle ein bisschen anders? Wir haben doch alle einigen Macken. Bei dem Einen sind sie mehr ausgeprägt als bei dem Anderen. Leider werden viele Menschen von ihren Eltern falsch erzogen. Toleranz sollte man schon mit der Muttermilch einsaugen. Ich habe machmal das Gefühl in eine für mich im Moment falschen Welt zu leben. Die Missgunst, die Bösartigkeiten, der Neid, die Unfähigkeit vieler Menschen einen so zu akzeptieren wie man ist. Ich habe eine lange Freundschaft ( über 20 Jahre) mit jemanden gekündigt. Selbstverständlich habe ich die jenige angerufen und ihr gesagt warum. Ich bin nun 68 Jahre und möchte mich nur noch mit Menschen umgeben und schreiben die mir gut tun. Früher wurde ich immer belächelt, wenn ich so alle 2 Jahre meinen Bekanntenkreis durch forstet habe um fest zu stellen wer noch zu mir und meiner Familie passt und wer nicht. Es sind immer welche durch die Maschen gefallen. Man muss nur so ehrlich sein und den jenigen die durchfallen den Grund mitteilen. In der Zwischenzeit gibt es immer mehr Menschen die das so machen wie ich. Es ist hart aber ehrlich.
Einen schönen Tag in Frankfurt. Liebe Grüße Inge
Liebe Katharina! Als ich deinen Bericht über den Bluttest gelesen habe , habe ich mich kurz gefragt , warum du dich dem aussetzt und ob das dir und Sonea gut tut. Aber dann war mir quasi im selben Augenblick klar, dass du natürlich für deine Meinung einstehen musst.
Ich persönlich habe mich damals bei meinem ersten Kind ganz bewusst gegen sämtliche Untersuchungen , die nicht notwendig waren , entschieden (2009, also ging es nicht um diesen Test),weil ich nicht vor eine Entscheidung hätte gestellt werden wollen , die ich -ich kenne mich-nicht hätte treffen wollen. Dabei ging es mir nie um das Down Syndrom. Das hat mir nie Angst gemacht. Die Nichte meines Mannes hat das Down Syndrom und ist eine der nettesten Menschen , die ich kenne. Sie war die Erste die mich voller Herzlichkeit in die Familie meines Mannes aufgenommen hat und auch heute noch jede Sprachnachricht mit “ ich hab dich lieb“ beendet. Trotzdem haben mich gerade wegen ihr damals viele Menschen gefragt , ob ich nicht testen lassen möchte , weil es ja vielleicht “ doch erblich ist“ . So ein Humbug! Und da sieht man leider auch wie weit die Aufklärung heute immer noch ist.
Was ich bekommen habe , ist dann einen gesunden Sohn…mit starken autistischen Zügen. Und ganz ehrlich…hätte ich das haben wollen, wenn mich vorher jemand gefragt hätte? Nein. Ziemlich viel, aber das bitte nicht. Weil ich es nicht kannte, weil ich keine Vorstellung hatte , wie es ist mit einem Autisten zu leben. Und heute? Möchte ich ihn eintauschen? Natürlich nicht.
Was mich an der ganzen Geschichte mit dem Bluttest massiv stört , sind 3 Dinge:
Erstens: das nie deutlich genug gemacht wird, was alles nicht erkannt werden kann und das die meisten Behinderungen im Laufe des Lebens erworben oder erkannt werden
Zweitens: das die Entscheidung für ein „solches“ Kind irgendwann dazu führen wird , dass Krankenkassen,das Umfeld , Schulen etc sagen können: Sie haben es gewusst , also kommen Sie selber klar.
Drittens: das suggiert wird, dass Down Syndrom etwas ist , was man verhindern sollte , weil…ja,weil was eigentlich?
Ich wünsche mir einen sehr sorgsamen Umgang mit dem Test und eigentlich wäre es sinnvoller gewesen das Geld für die Entwicklung des Tests in Aufklärung und Inklusion zu stecken . Besser for alle.
Und jetzt wünsche ich euch noch für morgen viel Spaß :-).
LG Kerstin