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Bodybashing – muss das sein?!

Eine liebe Freundin von mir ist gerade im Urlaub. Eine quirlige, sehr toughe Frau, die absolut nicht auf den Mund gefallen ist. Und möglicherweise hat sie vielleicht 1-2 Kilo mehr auf den Rippen. Aber was spielt das schon für eine Rolle.

Glückliche Urlaubsbilder postete sie in der vergangenen Woche auf ihrem Insta-Account und dann plötzlich ganz viele Tränen und Traurigkeit. Sie erfuhr Diskriminierung und Beleidigungen anderer Urlauber aufgrund ihrer Figur. Hotelgäste, die sich von ihr wegsetzten oder die Speisen auf ihrem Teller kommentierten, sie mit abwertenden Blicken taxierten.

Da war selbst meine Freundin sprachlos. Und verletzt. Verständlich. Aber kein Einzelfall. Leider. Bodybashing ist ein gesellschaftliches Problem.

Studien zufolge findet sich jedes zweite 15 Jährige Mädchen (und jeder dritte 15 Jähriger Junge) zu dick. Selbstakzeptanz ist in unserer Gesellschaft Mangelware und die Medien sorgen dafür, dass bei ganz jungen Menschen kein gesundes Selbstbild entstehen kann.

Ich muss mir selbst zwar nicht über zu viele Kilos Gedanken machen, aber ein bisschen mehr Sport würde meinem Körper und meiner Gesundheit nicht schaden. Meine Selbstakzeptanz schwankt irgendwo zwischen „So lange ich noch in diese Jeans passe…“ und „Ach Du Scheiße, was sind das denn da für Dellen an meinem Po?!“.

Es gibt Tage, an denen mag ich mich gar nicht und an anderen denke ich „Och…“. Der Weg zum „och…“ war aber ein sehr langer und sehr holperiger Weg.

Mit 18 Jahren war da dieses Wochenende, an dem ich wusste, dass es mein letztes sein würde, wenn ich nicht sofort wieder anfangen würde zu essen. Zu diesem Zeitpunkt wog ich etwa genau so viel wie meine 9 Jährige Tochter jetzt.

Damals dachte ich, dass ich nur erfolgreich und liebenswert sein kann, wenn ich schlank bin. Ein Bild, das dank Formaten, wie Germanys Next Topmodel immens verstärkt wird. Glücklicherweise gibt es Stars, wie Adele, Beth Ditto oder Rebel Wilson, die zeigen, dass man das Business auch mit vielen Kurven rocken kann.

Und zum Glück gibt es viele Kampagnen und Gegenbewegungen, die dem Magerwahn die Stirn bieten. Aktuell läuft „I feel Pretty“ im Kino, den ich unbedingt noch mit einer Freundin schauen möchte. Aber auch „Embrace“ bewegte im vergangenen Jahr die Gemüter.

„So wie die sich ernährt, ist es doch kein Wunder, dass die so aussieht“. „Ganz schön mutig mit der Figur am Strand zu liegen“ bis hin zu „Iiiieh, neben der möchte ich nicht sitzen. Nachher werde ich auch so dick wie die!“.

Dicke Menschen sind ständig unterschwelliger Kritik und äußerlichen Bewertung ausgesetzt. Sehr dünne Menschen natürlich auch. Und Menschen mit einer Vorgeschichte, wie ich sie habe, sowieso.

Eine Freundin sagte mir mal, dass damals mit dem Schwinden meiner Kilos meine Persönlichkeit wich. Ich war plötzlich nicht mehr die lebensfrohe Ulknudel, mit der man Pferde stehlen kann.

Man kann einen Menschen und seine Persönlichkeit nicht nach seinem Gewicht beurteilen. Es gibt manchmal ganz einfache Gründe warum jemand eher dünn oder eben etwas molliger ist. Die dünne Frau, die sich den dicksten Eisbecher im Café gönnt, erntet entweder diese „Hat die es gut, kann essen, was sie will und nimmt nicht zu“ oder diese „Ich wette, die geht gleich aufs Klo und steckt sich den Finger in den Hals“ Blicke. Und ihre sehr kurvige Freundin daneben erntet zu 90% sicherlich diese „Tsssss, da braucht die sich aber auch nicht wundern!“ oder aber, wenn sie sich nur einen Latte Macchiato gönnt die „Die isst bestimmt heimlich!“ Blicke.

Und auch in der Klatschpresse gibt es keine beliebteren Themen wie mager Angelina Jolie oder Amal Clooney sind oder aber umgekehrt Stars, die ständig mit dem JoJo Effekt zu kämpfen haben, wie beispielweise Mariah Carey oder  Kirstie Alley.

Neulich erst habe ich ein Gespräch mit Soneas Bruder geführt, der mir zuflüsterte „Die Frau da auf dem Roller ist aber sehr dick“. Glücklicherweise bekam sie das nicht mit, denn das wäre mir wirklich unangenehm gewesen. Irgendwie kamen die beiden ins Gespräch und anschließend meinte er zu mir „Die Frau war aber sehr nett!“.

„Ja, natürlich war sie das! Wie freundlich jemand ist, hat schließlich nichts mit der Figur zu tun. Es gibt nette und weniger nette Menschen, manche sind dünn, andere dick. Aber freundlich oder unfreundlich kann jeder sein.“. Ich denke, er hat verstanden, was ich ihm sagen wollte.

Und genau so ist das mit meiner Freundin, die gerade auf Gran Canaria Urlaub macht auch. Losgelöst von einer lächerlichen oberflächlichen Reduktion auf die Körperfülle, kann man mit ihr eine richtig coole Zeit haben und mega viel Spaß. Und Bauchschmerzen. Nicht vom Essen, sondern vom Lachen.

Bodybashing und Bodyshaming sind ein Problem, das wir aus unserer Gesellschaft nicht raus bekommen. Aber vielleicht können wir uns einfach mal selbst reflektieren und darüber nachdenken was wir mit unserer Reaktion auf das Äußere anderer anrichten können. Negativ wie positiv.

Genäht habe ich eine Hylsa aus dem lilleMAG und das aus dem Jersey Karneval der Tiere von Tante Gisi, den es ab Samstag bei lillestoff gibt.

Und damit reihe ich mich ans Schlusslicht vieler großartiger und unterschiedlichster Frauen in der RUMS-Parade ein.

14 Kommentare

  1. Sabine sagt

    Liebe Katharina
    danke für Deinen Text!
    Unsere ältere Tochter ist 12 und ich sehe gerade, was in ihrem Umfeld abgeht und wie das sich vergleichen und taxieren beginnt. Die Tochter einer Freundin ist mit 13 in der Klinik wegen Magersucht und die Ärzte meinten, dass sei „das neue Einstiegsalter“. Schrecklich. Und rundum fangen Mütter an, Ausdauersport zu treiben und ständig auf Insta oder WhatsApp ihre verlorenen Pfunde zu kommentieren und zu zeigen. Oder „heute habe ich gesündigt“ mit einem klitzekleinen Stück Schokolade zu posten. Was sind wir denn für Vorbilder? Ich treibe selber auch drei Mal pro Woche Sport, esse aber auch fürs Leben gerne Schokolade und will lauf keinen Fall meinen Töchtern ein Bild vermitteln, dass man sündigt und dass jedes Gramm zu viel schlecht ist!
    Liebe Grüsse
    Sabine

  2. Liebe Katharina.

    Danke für deine Worte und die mehr als gute Umschreibung für eines der vielen gesellschaftlichen Probleme dieser Welt – und das obwohl man doch einfach das Leben genießen könnte und sich über so viele Kleinigkeiten freuen könnte 🙂
    Ich selbst habe auch schon immer ein paar Kilos zu viel und kenne diese Blicke nur zu gut, kenne aber durch meine beste Freundin auch das andere Extrem (so wie du es durchgemacht hast). Es gibt tausend Gründe warum jemand dick oder dünn ist – mit der Einstellung „Leben und leben lassen“ wäre vielen Menschen geholfen

  3. Bettina sagt

    Hallo, ein sehr schöner Text und ein so wichtiges Thema. Ich kann dazu nur sagen, dass mein Aussehen und mein Gewicht für mich glücklicherweise kein großes Thema ist. Ich trage Gr. 42 und fühle mich rundum wohl. Ich habe auch angesichts solcher Posts schon oft darüber nachgedacht, warum ich mit meinem Körper so glücklich bin und denke, das liegt daran, dass ich niemals von meinen Eltern bezüglich meines Körpers kritisiert wurde. Es war immer in Ordnung wie ich bin und dafür bin ich meinen Eltern unglaublich dankbar. Ich habe auch nie erlebt, dass meine Mutter um ihre Figur (übrigens ebenfalls Gr. 42) großes Aufhebens gemacht hätte. Sich schön machen und gepflegt sein stand im Vordergrund. Genauso möchte ich es auch an meine Kinder weitergeben. Eigentlich fühle ich mich noch wohler in meinem Körper seitdem ich meine Kinder habe weil ich so unglaublich stolz auf meinen Körper bin, dass er zwei Kinder ausgetragen, geboren und jeweils ca. 1 Jahr durch die Muttermilch ernährt hat. Da braucht mir niemand zu kommen und sagen, ich sei nicht schlank genug ;).
    Ich frage mich immer, warum es jemand nötig hat, andere aufgrund ihres Körpers zu kritisieren. Ich denke es steckt fast immer eine große Unzufriedenheit mit der eigenen Person dahinter.
    Viele Grüße

  4. Annika sagt

    Das ist ein sehr schöner Text!
    Er regt zum Nachdenken an und stimmt.

    Ich war gerade in Hamburg und da hat meine Schwester mich auf meine Pfunde angesprochen. Obwohl das Wochenende echt schön und harmonisch war, bleibt auch das hängen! Seit der Geburt meiner Kleinen bleiben die Schwangerschaftskilos hängen. Ich habe andere Prioritäten in meinem Leben als die Körperfülle. Und im Großen und Ganzen fühle ich mich den Großteil der Zeit echt wohl. Außerdem finde ich diese Sichtweise extrem oberflächlich!

    Wir laufen sehr viel und gerne … aber es wird oft angenommen, dass nicht … .

    Naja, als ich aus der Bahn ausstieg, hatte ein Jungendlicher ein Shirt mit dem Spruch „ Brains are the new Sixpacks“ an. Ich habe ihm gesagt, dass das echt ein obercooles Shirt sei, er hat sich bedankt und sichtlich gefreut.

    Liebe Grüße von Annika

  5. Birgit sagt

    Danke für diesen tollen Beitrag. Ist doch echt traurig, dass die Gesellschaft nichts besseres zu tun hat als über andere zu urteilen. Und ja, ich habe es auch noch nicht geschafft mich einfach nur zu 100% rundum wohl zu fühlen in meinem Körper. Immer gibt es was, was ich gerne anders hätte. Dabei kann ich doch so froh sein, dass ich gesund bin. Traurig, aber vielleicht kommt das ja noch. Glg, Birgit

  6. Heike sagt

    Mir ging es wie Clarissa. Und deine Antwort zeigt mir, wie schnell man selbst in die Falle tappt. Danke für den Denkanstoß auf jeden Fall!
    Dein Shirt ist MEGA und es steht dir zu 100 %! Wie du es kombiniert hast, deine Haarfarbe und die Brille dazu -einfach perfekt!
    Liebe Grüße
    Heike

  7. Kirsten sagt

    Hallo Katharina,
    Du sprichst mir aus tiefster Seele. Und trotzdem muss ich sagen dass ich es nicht fühlen kann. Seit meiner Kindheit haben mir meine Eltern gesagt dass ich nicht gut bin so wie ich bin. Auch das Gewicht dass ich hatte war immer ein Thema dabei. Sätze wie „eigentlich hast du so schöne hohe Wangenknochen die nur nicht zur Geltung kommen weil du zu viel wiegst“ sind nur kleinere. Ich habe viel Schlimmeres gehört. Und das führt dazu dass ich mich auch heute,mit 47 und 4 Kindern, unendlich schäme ich zu sein. Auf Insta gibt es nur 1 Bild von mir. Und das war als ich mir etliche Kilos runter gehungert habe. Bis zu meinem Burnout. Seitdem brauchte ich Tabletten und habe wieder zugenommen. Deswegen darf mich keiner sehen.
    Ich wünsche mir für alle Menschen dass sie so gesehen werden wie sie sind: wertvoll, einzigartig und unersetzlich. Vg Kirsten

    • Liebe Kirsten,

      das finde ich ganz furchtbar und das tut mir unendlich leid. Ich hoffe, Du hast mittlerweile ganz viele liebe Menschen um Dich herum, die Dir zeigen und hoffentlich auch sagen, dass Du gut und schön bist, genau so wie Du bist.

      Immerhin wirst Du darauf achten, dass Du Deinen Kindern das Gefühl gibst wertvoll und einzigartig zu sein.

      Liebe Grüße und eine dicke Umarmung
      Katharina

  8. Inge Knodel sagt

    Hallo Katharina, ich trage Gr. 44 meine Arme und mein Oberkörper sind kürzer als die Norm. Jeden Schnitt muss ich meiner nicht perfekten Figur anpassen. Habe und hatte nie eine Taille auch als bis 24 nur 98 Pfund wog. Nun bringe ich stattliche 74 Kg. auf die Waage. Ich trage meine orthopädischen Maßschuhe wie exklusive Treter zu allen Kleidern und Röcken. Wird mal wieder deswegen hinter meinem Rücken laut gelästert, gebe die entsprechende Antwort. Meine Schuhe kosten je nach Modell zwischen € 650,- und € 1150,-. Ich bin davon überzeugt, dass die Lästermäuler solche teuren Schuhe sich nicht leisten können. Das teile ich diesen blöden Kühen dann auch sehr laut mit. Peinlich berührt und mit roten Köpfen bleiben sie hinter mir stehen oder verlassen ihren Platz hinter mir.. Ich freue mich jedes Mal diebisch, wenn ich jemanden das Maul stopfen konnte. Ich bin so wie ich bin und möchte auch so bleiben und niemand hat das Recht mich so unverschämt an zu machen. Leider haben nicht alle Frauen oder aber auch Männer ein gesundes Selbstbewustsein. Ich war schon immer selbstbewust, mein Vater legte großen Wert darauf und hat das sehr stark gefördert. Mit den Worten, du kannst das, du machst das schon richtig, lass dir nichts gefallen wenn du der Meinung bist das du zu 80% Recht hast, sag ehrlich deine Meinung ohne jemanden zu sehr zu verletzen, lüg nicht, sei zuverlässig und helfe den jenigen die nicht können und auf Hilfe angewiesen sind. So sind meine Schwester und ich groß geworden. Unser Vater war gerecht,fleißig,liebenswert, hilfsbereit, durch den Krieg Schwerbehindert,leider wurde er von vielen ausgenutzt weil er fast alles möglich machte. Er war ein vorbildlicher Ehemann und Vater. Wir haben ihm sehr viel zu verdanken.. Leider werden in vielen Familien keine Werte mehr vermittelt. Eltern sind oft keine Vorbilder mehr und so kommt es zu diesen hässlichen Bemerkungen über andere weil die Kinder und auch jetzige Erwachsene nichts anderes von ihren Familien mit bekommen haben. Man kann mit diesen dummen Menschen nur Mitleid haben. Noch ein schönes Wochenende liebe Grüße Inge

  9. Clarissa sagt

    Danke für den schönen Text – nur eine klitzekleine Anmerkung: Ich bin über die Stelle gestolpert, an der du schreibst, sehr dünne Menschen hätten weniger Ausstrahlung. Das ist auch Bodybashing, nur in die andere Richtung. Ich verstehe natürlich, dass das nicht deine Absicht ist und was meinst: Wer ein gesundes Gewicht hat und sich wohl fühlt in seinem Körper, der strahlt das auch aus. Es gibt aber auch Menschen, die sind von Natur aus wirklich sehr dünn – und die können ja auch eine tolle Ausstrahlung haben.
    Bitte verstehe das nicht als Kritik, denn ich finde deinen Text wirklich gut! Es ist nur ein Gedanke, der da bei mir angestoßen wurde. Bodybashing hat leider viele Facetten. Liebe Grüße!

    • Stimmt! So gesehen ist das nicht viel besser als anders rum. Da wollte ich mal eine Lanze für kräftigere Menschen brechen und tapse voll mit rein. Ich meine es auch nicht grundsätzlich und es gibt sehr viele dünne Menschen, die wunderschön sind. Wie schon gesagt, es ist ein grundsätzliches Problem und ich glaube, wir können uns alle nicht davon freisprechen.

      Liebe Grüße
      Katharina

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