Allgemein, Mein Leben mit dem Besonderen

Mein Leben mit dem Besonderen #87 Charlotte….

Von Anfang an lese ich diese Rubrik und warte immer schon auf den nächsten Freitag.
Auch wollte ich schon lange meine bzw. unsere Geschichte erzählen, wusste aber nie genau wie, es sollte ja nie ein zu großes Chaos werden, und doch wollte ich jedem unserer Kinder gerecht werden.

Meine Lösung, ich erzähle einfach von jedem Kind einzeln…
So beginne ich mit der ersten Schwangerschaft….
Ungeplant, wie wahrscheinlich so oft….. Aber trotzdem habe ich mich gefreut, viel Ungewisses, denn wir lebten in verschiedenen Städten und alles warf einfach viele Fragen auf….

Die Schwangerschaft verlief auch ganz reibungslos, die Entwicklung des Kindes war gut, ich habe nur die normalen Ultraschall machen lassen, dies war auch sehr im Sinne meines anthroposophischen Arztes….Hebamme gefunden und auch einen Geburtsvorbereitungskurs besucht…. Also nach Plan, alles nach Buch…..

In der 32. Schwangerschaftswoche begann es dann mit einem Ziehen im Bauch. Zuerst dachte ich, ok, vielleicht senkt sich das Baby, aber übers Wochenende wurden die Schmerzen immer schlimmer bis ich dann meiner Hebamme anrief, diese meinte: fahr sofort ins Krankenhaus und lasse nachschauen….

So haben wir es auch gemacht, ich durfte dann gleich im Krankenhaus bleiben, kam an den Tropf mit Wehenhemmer, Spritzen zur Lungenreifung und strikte Bettruhe.

Tägliche Untersuchungen sind ja dann an der Tagesordnung. Immer wurde gesagt: ihrem Kind geht es gut…….

Nach 3 Wochen in der Klinik dann: das Kind wächst nicht mehr richtig, wir möchten Sie gerne in das städtische Klinikum verlegen, die habe bessere Geräte, können eine bessere Überwachung vornehmen, und im Notfall ist die Kinderklinik angeschlossen….

Na gut, meinem kleinen Wesen da drin soll es einfach gut gehen….. So würde ich mit dem Krankenwagen quer durch die Stadt gefahren und im Klinikum sind die Zimmer auch luxuriöser…..

Nun war ich also in der Maschinerie eines großen Krankenhauses, und jeden zweiten Tag gab es Ultraschall und das ganze gedöns zur Überprüfung…. Regelmäßig durfte ich trotz Bettruhe über die Gänge hüpfte zum vorgeschriebenen CTG, denn aus Personalmangel konnten Sie das nicht auf den Zimmern machen…

Immer der Befund….dem Kind geht es gut, alles dran, hier auf dem Ultraschall können Sie dieses und jenes Organ sehen, alles klar…..

Wieder drei Wochen später, der Tropf wurde mir zum Duschen weg gemacht, setzten die Wehen wieder ein und zwar ganz gewaltig. Ich habe sofort der Schwester Bescheid gegeben, bekam aber nur die Antwort: das kann nicht sein, so schnell passiert nichts….

Passiert nichts, ist eine gute Antwort…. Schnell meinem Partner angerufen, der inzwischen von meiner Wohnung aus arbeitet, und der hat mich nicht mehr im Zimmer angetroffen… Denn die Wehen kamen so schnell, dass ich ruckzuck im Kreißsaal war….

Eine Geburt, von der ich nichts mehr viel weiß. Irgendwann lag die Ärztin auf mir drauf und hat das Baby rausgedrückt….

Und auf einmal war es da….unser Baby, aber es wurde ganz schnell aus dem Zimmer gebracht, uns wurde nicht gesagt, gar nichts, nur das Baby war weg….
Nicht was los ist, nicht wo unser Baby den ist… Einfach weg….

Die Hebamme kam dann mit einem ganz traurigen Gesicht auf uns zu, mit unserer Kleinen würde etwas nicht stimmen, sie müssten erst noch ein paar Untersuchungen machen….. Nach und nach wurde uns dann erzählt das bei unserer kleinen Maus die Beine zusammen gewachsen sind…. Keine Operation möglich, auch die Lungen wären viel zu klein, und das Baby hätte keine Nieren, also das absolute Todesurteil….

Schließlich bekamen wir unser großes Baby endlich auf den Arm. Wir saßen nur da, uns umschlungen und dieses richtige Baby, dieser Mensch lag auf unserem Arm und dürfte seine letzten Atemzüge machen…

Wir sind nicht sehr gläubig, aber in diesem Moment war der Wunsch es taufen zu lassen. Es ging leider nur noch eine Segnung, aber das Kind bekam auch einen Namen von uns : Charlotte…. Unser kleines Mädchen.

5 Kommentare

  1. Steffi sagt

    Ich bin immer wieder überrascht, wie so etwas trotz Ultraschall vorkommen kann. Man überlegt dann, ob es wohl schon vor langer Zeit passiert ist. Aber bei Bekannten von uns wurden erst vor gut fünf Jahren trotz des feindiagnostischen Ultraschalls um die 20. Woche viele „Abweichungen“ vom „normalen“ Kind nicht(!) gesehen. Ihr Sohn kam mit schwersten Behinderungen zur Welt, musste operiert werden, wird nie laufen oder sprechen können. Sie wähnten sich sicher, da zuvor nichts aufgefallen war. Aber wie auch hier (zusammengewachsene Beine und fehlende Nieren … das MUSS man doch sehen als Arzt), hätten die Ärztin oder der Arzt das sehen MÜSSEN, und zwar nicht nur beim feindiagnostischen Ultraschall. Es sind sehr auffällige Symptome.
    Es tut mir sehr leid, dass ihr so unvorbereitet in dieses Situation gehen und euch von eurer Tochter gleich wieder verabschieden musstet!!!

    • Silke sagt

      Es sind 10 Jahre .. Also eigentlich nicht solange….. Viel später wärend der nächsten Schwangerschaft wurde uns auch erklärt das man das mit den Beinen nicht auf dem Ultraschall erkennen konnte, dafür benötigt es Spezialisten und feindiagnostik und diese besondere Behinderung kommt so selten vor das danach auch nicht geschaut wird…
      Die Nieren hätte man sehen müssen, und das ist der große Punkt der unverständlich für mich ist wie in diesen großen Krankenhäusern mit Menschen umgegangen wird und wie unsicher Diagnosen sind… Noch heute kann ich nicht an der Klinik vorbei fahren ohne das es mir schlecht geht und nehme Umwege in Kauf….

  2. Ani Lorak sagt

    Hallo, ich lese auch regelmässig mit und bin hier betroffen, wie das nicht auf dem Ultraschall gesehen wurde? Zusammengewachsene Beine? Ich bin wirklich sprachlos. Was nutzt die Technik, wenn keiner sie anwenden bzw. richtig hinsieht, weil das was nicht sein kann, ja nicht sein kann… Ich hoffe für Euch, dass Ihr das für Euch verarbeiten konntet und dass Ihr Euch richtig verabschieden konntet. Es liest sich so, dass es weitere Kinder gibt. Ich hoffe, Ihr dürft Eltern sein.

  3. Carolin sagt

    Ich lese diese Rubrik sehr oft und gern und freue mich jeden Freitag auf eine neue Geschichte… aber heute muss ich zugeben, dass es mich sehr, sehr traurig macht.

    Es tut mir so leid für euch und euer Kind und es ist für mich nur sehr schwer nachvollziehbar, wie Ärzte die ganze Zeit sagen können, es sei alles in Ordnung und dann kommt so ein Ende!?!? Unfassbar!

    Ich wünsche dir und deiner Familie alles Gute und hoffe, dass eure kleine Charlotte einen schönen Platz im Himmel gefunden hat.
    Liebe Grüße

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