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Mein Leben mit dem Besonderen #76 Besonders normal

Ich verfolge schon ewig den Blog von Sonea und natürlich freue ich mich auch jeden Freitag über „Mein Leben mit dem Besonderen“

Immer wieder habe ich darüber nachgedacht auch mal etwas dazu zu schreiben, aber das anfangen ist so schwer, dann die Frage, was soll man denn eigentlich schreiben. Später sind mir dann so viele Dinge eingefallen, dass ich mich nicht entscheiden konnte was als erstes und so bin ich einfach beim Nichtschreiben geblieben. Weil es so bequem ist freitags den Rechner hochzufahren und von jemand anderem zu lesen.

Jetzt lese ich immer öfter, dass zu wenig Beiträge kommen und nun habe ich es doch endlich geschafft mich hinzusetzten und über mein Leben mit dem Besonderen nachzudenken und zu berichten, ich brauche immer Druck 😉

Wie gesagt kann ich mich nie entscheiden von was ich genau schreibe, desshalb fange ich doch einfach mal am Anfang an.

Vor etwas mehr als elf Jahren war ich mit meinem zweiten Kind schwanger. Da ich in der ersten Schwangerschaft eine Gestose mit HELLP-Syndrom hatte, war ich in der zweiten aufmerksamer, auch meine Ärztin. Es ging mir aber die ganze Zeit recht gut, nach der Übelkeit die ersten Monate konnte ich die Zeit genießen und auch das Baby im Bauch war recht lebhaft und munter. Bis zum 25. März, es war Karfreitag, als ich sie plötzlich nicht spürte und ein total ungutes Gefühl hatte. Nach etwas hin und her haben wir uns aufgemacht um das im Krankenhaus abzuklären. Dort wurde dann alles sehr hektisch und sie holten, währed einer Notsectio meine Tochter. Ich hatte eine akute Plazentainsuffizienz, war in der SSW 28+2 und so kam das kleine Bündel mit 990g auf diese Welt. Meine Malina.

Diese Nacht war schrecklich für mich. Von meiner Tochter, die im angrenzenden Kinderkrankenhaus auf der Intensivstation lag wusste ich nur dass sie lebt, aber nicht wie es wird und so wollte ich nur Zeit vertrödeln, bis ich endlich zu ihr konnte.

Aber Sie hat es recht gut gemacht, ein Tag später konnten sie schon die Beatmung wegnehmen und so ging es eigentlich die meiste Zeit Bergauf. Das einzige, was uns besorgte war, dass sie nach drei Tagen einen Herzfehler bei ihr fanden. Hier konnte uns allerdings der Kinderkardiologe beruhigen. Wir wurden gut aufgeklärt und wussten, dass wir eine Katheteruntersuchung nach ca. einen halben Jahr machen mussten, aber die richtige OP wird erst später stattfinden. An dieser Stelle muss ich nun auch mal die Kinderkardiologen loben, bis jetzt die nettesten und tollsten Ärzte die ich kennengelernt habe.

Obwohl die Ärzte im Krankenhaus gleich am Anfang meinten, meine Tochter kann erst zum errechneten Geburtstermin entlassen werden, durften wir letztendlich zwei Wochen früher heim. Für mich war in diesem Moment klar, sie ist ein Frühchen, ab jetzt muss sie einfach nur noch die Zeit aufholen.

Das dies doch nicht ganz so läuft, habe ich erst nach und nach mitbekommen.

Mit Füttern und auch Stillen haben wir uns gequält, bis ich es nach sechs Monaten aufgegeben habe. Die Zeit war für uns beide nicht toll und im Nachhinein würde ich das wohl nicht mehr so verbissen angehen. Die Ärztin habe ich vorher schon öfter darauf angesprochen, dass sie immer die Zunge so raus streckte. Bei der Beikost wurde das natürlich schrecklich und es blieb einfach nichts drin. Irgendwann war ich so entnervt, dass ich einforderte zur Logopädin zu gehen. So war ich mit zwei mal Krankengymnastik die Woche und Logopädie mit meiner 10 Monate alten Tochter voll auf beschäftigt, hatte ich doch auch noch meinen zweijährigen Sohn.

Aber es gab noch mehr Dinge die mir aufgefallen sind. Von der Motorik machte sie wirklich sehr langsam Fortschritte, ich würde sagen, im ersten Jahr hat sie eher Zeit gebraucht anzukommen. Sie war unheimlich brav, lag am liebsten auf dem Boden  und hat die Decke angelächelt. Hunger verspürte sie nicht von alleine und hat sich desshalb auch nicht gemeldet. Ansonsten war sie doch im ganzen sehr hypoton.

Ich weiß, dass ich kurz vor ihrem zweiten Geburtstag mal wirklich ein tiefes Loch zu überwinden hatte, da ich nicht wusste was aus ihr wird. Laufen konnte sie nicht, sie robbte immer noch über den Boden, die Herz-OP stand vor der Tür. Ich wusste nicht ob wir in dem Haus wohnen bleiben konnten, da es viele Treppen hat und was, wenn sie nie laufen lernt, wird sie irgendwann selbständig werden oder auch wie würde die OP ausgehen, ganz einfach, wie würde unser zukünftiges Leben aussehen?

Da ist es so, dass ich nun gerne meinem alten Ich sagen würde…….ganz normal. Unser Leben würde ganz normal aussehen, denn das ist es für mich, für meine Familie.

Ich will jetzt nicht die ganzen elf Jahre Stück für Stück durchkauen, das wäre zu viel und vielleicht auch zu langweilig, aber ich möchte kurz die wichtigsten Dinge erzählen. Nach der ersten Herz-OP (leider hatten wir danach noch zwei weitere, ich hoffe damit war es das mit dem Thema Herz) ging es meiner Tochter besser, sie machte schneller Fortschritte und lernte auch das Laufen. Mit der Sprache tut sie sich recht schwer, sie kann sprechen, mittlerweile auch recht gut, allerdings kommt seit der Schulzeit dazu, dass sie weiß, dass sie anders ist und da traut sie sich oft nicht mit anderen zu reden.

Wir haben auf anraten eines Arztes verschiedene Gen-Tests gemacht, da Herzfehler und Behinderung ja auffällig ist, allerding kam dabei nichts raus. Ich muss auch sagen, wir haben das nur gemacht, das es gemacht war, es hätte ja eh nichts geändert und ist uns eigentlich auch egal. Als Diagnose steht bei ihr einfach „statomotorische Entwicklungsverzögerung“ was nicht wirklich etwas darüber aussagt und besonders bei Ämtern wäre es manchmal besser, man hätte etwas mit einem tollen Namen, haben wir aber nicht. Manche haben auch die Überlegung, ob sie durch die Geburt und die Unterversorgung im Mutterleib so geworden ist. Das glaube ich eigentlich nicht. Mein Gefühl sagt mir, dass sie genau so sein sollte, wie sie ist. So lieben wir sie.

Sie ist ein glückliches, feinfühliges Kind, das nicht alles kann und auch nich alle lernen wird, wie andere Kinder in ihrem Alter, dafür in manchen Dingen wieder unheimlich gut ist. Zum Beispiel hat sie einen super Orientierungssinn und kann mir da schon helfen wenn ich durch das Parkhaus irre und das Auto suche. Namen kann sie sich gut merken und mir da auch aus der Patsche helfen. Sie kümmert sich gerne um andere, erledigt übertragene Hausarbeiten und kümmert sich auch liebevoll (naja, manchmal auch weniger liebevoll, wie Geschwister eben so sind) um ihren kleineren Bruder, der vor vier Jahren auf die Welt kam und unsere Familie komplett gemacht hat.  Gerne geht sie zur Schule und durchlebt gerade die Pupertät mit allen Stimmungsschwankungen und auch körperlichen Veränderungen.

So stelle ich immer wieder fest, dass das Leben mit dem Besonderen bei uns und für uns doch ganz normal ist. Und meine Zukunftsängste sind eigentlich auf ein recht erträgliches Maß zusammengeschrumpelt. Denn Gedanken macht man sich ja bei jedem Kind.

2 Kommentare

  1. Ich freue mich auch jeden Freitag auf „mein Leben mit dem Besonderen“ und bin froh das sich doch noch immer wieder Menschen finden die uns an ihrem Leben teilhaben lassen.
    Danke Katharina und Danke an alle Verfasser der wunderschönen Texte.
    Ich würde es sehr schade finden wenn es einschläft und hoffe es werden noch viele besondere Freitage 😉

  2. Carina sagt

    Vielen Dank, dass du uns deine Erlebnisse mit deiner Tochter geteilt hast! Vielen Dank dafür!
    Vielleicht sollte ich auch mal meine Geschichte teilen.

    LG Carina

Kommentare sind geschlossen.