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Mein Leben mit dem Besonderen #62 Hämangiom

Mein Name ist Melanie und ich bin 28 Jahre alt. Ich schreibe auf meinem Blog Frickeltante über das Leben als nähende Ruhrpott Mama.
Seit knapp 2 1/2 Jahren stellt unsere Tochter (Die kleine Dame) unser Leben auf den Kopf.

Eines muss ich vorweg erst mal sagen, für jede Mama und jeden Papa ist das Leben mit Kind oder Kindern etwas Besonderes, ob mit einem „Extra“ oder ohne.

Auch unsere Tochter ist etwas besonders. Besonders aufgeweckt, besonders lustig und manchmal auch besonders nervenaufreibend.
Trotzdem hat Sie auch eine Besonderheit, welches nicht viele Kinder haben. Nur etwa 3-5% aller Kinder tragen diese Besonderheit.
Sie hat ein Blutschwämmchen am linken Unterarm. In der Medizin besser bekannt als Hämangiom und im Volksmund eher als Erdbeerfleck.

Nach Ihrer Geburt im Juli 2013, konnten wir noch nichts von dem Blutschwämmchen erahnen, welches sich in den nächsten Tagen und Wochen bilden sollte. Anfang August fiel uns auf das an dem Unterarm der kleinen Dame sich eine Art „Blauer Fleck“ gebildet hatte. Zuerst dachte ich, sie sei mit ihrem Ärmchen im Gitterbett hängen geblieben. Schon plagte mich das schlechte Gewissen, dass mein Kind sich weh getan hätte ohne das ich davon etwas mitbekommen hatte.

Recht schnell veränderte sich der „Blaue Fleck“ und plötzlich waren zwei kleine rote Pünktchen zusätzlich da. Mir schwante schon das es sich um ein Hämangiom handelte, da unser Neffe auch ein Hämangiom an der exakt selben Stelle hatte. Genau hatte, denn ein Hämangiom bildet sich im Laufe der Zeit wieder zurück. Und verschwindet irgendwann komplett.

Kurz zur Erklärung worum es sich bei einem Hämangiom, Blutschwämmchen und oder Erdbeerfleck handelt.

Ein Hämangiom, auch Blutschwämmchen oder Erdbeerfleck genannt, ist ein embryonaler Tumor mit Endothel-Proliferation und sekundärer Ausbildung von Gefäßlumen. Typischerweise sind Hämangiome bei Geburt noch sehr klein und nehmen dann in manchen Fällen (ca. 10 Prozent) vor allem im ersten Lebensjahr deutlich an Größe zu. Einige Formen treten nach dem 3. Lebensjahrzehnt auf.
Ein Hämangiom besteht aus einem Sichtbaren Oberhautanteil, dem Roten Fleck und einem Unterhautanteil, in welchem sich auf die Gefäße zur Hämangiom Versorgung befinden.
Quelle: Wikipedia

Die nächste U- Untersuchung beim Kinderarzt stand an und wir zeigten Ihm die Pünktchen welche sich weiter ausgebildet hatten. Die Stelle an denen sich die Pünktchen zeigten war geschwollen und sehr erhaben. Dieser überwies uns in die Kinderchirurgie, zu einer Ärztin welche sich auf Hämangiome bei Kindern spezialisiert hat.

Haemangiom 1. Bild

Zum Glück bekamen wir schnell einen Termin in der Hämangiom Sprechstunde und schon ein paar Tage später waren wir zum ersten und für viele Jahre nicht zum letzten Mal dort. Zum Glück waren alle sehr nett und haben sich ganz viel Zeit für die kleine Dame und uns genommen.
Ich selbst bin Krankenschwester und stehe allem was mit der Medizin zu tun hat sehr kritisch gegenüber. Vor allem wenn es um die Behandlung meiner wenigen Wochen alte Tochter geht.
Das Blutschwämmchen, zu dem es sich schon entwickelt hatte, wurde fotografiert (um das Wachstum und das Aussehen zu dokumentieren) und ein Ultraschall wurde gemacht um zu sehen wie tief das Hämangiom ist und wie es durchblutet wird. Denn ein Hämangiom versorgt sich Autakt.

Ab diesem Zeitpunkt sind wir alle 2- 3Wochen zur Kontrolle hingefahren.
Anfang September hatten mein Mann und ich das Gefühl, dass sich das Hämangiom nochmals enorm vergrößert hatte und noch dicker geworden war. Also gingen wir außerhalb der Vorsorgetermine in die Kinderchirurgie.
Am Ende einer sehr langen Ultraschalluntersuchung stand fest, der Unterhautanteil hatte sich massiv vergrößert und dadurch würde dieser das Knochenwachstum in Ihrem Arm beeinträchtigen. So stand nach kurzer Beratung mit dem zuständigen Oberarzt und eine Menge tränen meinerseits fest, unsere Tochter musste mit nur 6 Wochen operiert werden.

Mit einem Kältelaser sollte der Unterhautanteil des Hämangioms verkleinert werden, dieses OP- Verfahren hinterlässt keinerlei Narben. Dazu wurden die kleine Dame und ich für 3 Tage stationär im Krankenhaus aufgenommen.
Am zweiten Tag wurde sie operiert bzw. gelasert.
Vorher wurde, der da noch sehr kleinen Dame, ein Zugang in den Kopf gelegt. Ich glaube bis heute das ich diese notwendige Prozedur schlimmer fand als die Kleine.

Mein Kind am OP abzugeben, war somit die schlimmste Erfahrung meines Lebens. Am liebsten wäre ich mit in den OP gegangen. Ich habe auch versucht im Vorfeld der OP die Ärzte davon zu überzeugen das ich mit in den OP kann, bin ja schließlich Krankenschwester. Die Ärzte fanden die Idee leider nicht so toll, so mussten wir auf dem Zimmer auf den Anruf aus dem OP warten. Zum Glück hat der Zwergen Papa mir Gesellschaft geleistet. 

Nach 1,5 Stunden, welche uns wie Stunden vorkamen, konnten wir in den Aufwachraum zu unserer kleinen noch sehr müden Maus. Die OP an sich dauerte nur etwa 20 Minuten, Madame hatte aber keine Lust das Traumland zu verlassen und musste somit ein bisschen länger im OP beim Anästhesisten verbringen.

Ich hatte schon die größten Sorgen wie wir das Hämangiom versorgen müssen und wie ein Verbandwechsel bei so einem kleinen Menschen klappen soll. Und siehe da, es gab keinen Verband. Das Hämangiom mussten wir lediglich täglich mit etwas Vaseline eincremen, damit es nicht trocken würde und sich so risse Bilden konnten. Sie hatte die OP sehr gut verpackt und schon am nächsten Tag durften wir nach Hause gehen.

haemangiom 2. Bild

Seit der Operation sind knapp 2 1/2 Jahre vergangen. Seitdem waren wir noch unzählige Male in der Hämangiom Sprechstunde zur Kontrolle, bei den ersten malen immer mit der Angst im Nacken das die kleine Dame nochmals gelasert werden muss. Zum Glück blieb es uns bzw. Ihr erspart.
Laut der Kinderchirurgin, wird Madame noch einige Jahre Trägerin eines Blutschwämmchens sein. Da dieses noch sehr groß ist und sich sehr langsam wieder zurückbildet. Aber es bildet sich zurück und das ist die Hauptsache. Der Rote Fleck ist schon blasser geworden und auch viel kleiner. Der Unterhautanteil ist noch sehr erhaben.

Das ist aber nicht schlimm, denn die kleine Dame stört ihr Blutschwämmchen nicht. Sie kennt sich selbst ja nur mit ihrem „Schwämmchen“, was sie eher stört ist das Muttermal welches sich vor kurzem neben dem Hämangiom gebildet hat.
Sie lebt ja schon immer mit dieser Besonderheit. Für sie ist es ganz normal und auch andere Kinder mit einem Hämangiom sind für die kleine Dame nichts Besonderes. Häufig zeigt sie den anderen Kindern ist Blutschwämmchen und erzählt, dass es nicht schlimm ist und gar nicht weh tut.
Ihr bereitet der kleinen Dame keine Schmerzen, selbst nach Ihrer OP zeigte sie keine Anzeichen von Schmerz an der gelaserten Stelle.

Da sich das Blutschwämmchen an ihrem linken Unterarm befindet, werden wir mit Blicken und teilweise auch komischen Kommentaren erst konfrontiert, wenn es wärmer draußen wird und das T-Shirt Wetter beginnt.

Wie schon geschrieben für Madame ist ihr „Extra“ nichts Besonderes. Für die meisten anderen Kinder, mit denen sie in Kontakt kommt ist es auch nichts worauf sie lange achten oder sogar den Kontakt zu Ihr meiden. Häufig wird das Hämangiom kurz inspiziert und dann geht das Spielen schon los.
So wie ganz häufig im Leben sind die Erwachsenen das „Problem“. Was ich schon gehört habe im Hinblick auf den Blutschwamm meiner Tochter.

„Oh, hast du dich schon tätowieren lassen?“
„Hast du dir weh getan? Soll ich dir ein Pflaster holen?“
„Kann man das nicht wegmachen lassen?“

Auf die letzte Frage habe ich immer wieder dieselbe Antwort. Klar kann man es operativ entfernen lassen. Aber:
1. Es wird eine Narbe entstehen, die Sie ihr Leben lang tragen wird. Das Blutschwämmchen bildet sich meist ohne Narbenbildung von allein wieder zurück.
2. Es ist eine Operation bei der immer etwas passieren kann und nur um den roten Anteil aus kosmetischen Gründen entfernen zu lassen, lassen wir unsere Tochter nicht operieren.
Solang die kleine Dame sich nicht an Ihrem „Extra“ stört, gehen wir zur Vorsorge in die Kinderchirurgie und mehr nicht.

Leider gibt es auch immer mal wieder blöde und verletzende Kommentare.
„Komm von dem Mädchen weg, wer weiß was die da am Arm hat.“
Meistens schüttle ich nur mit dem Kopf, anstatt zu erklären was Madame am Arm hat. Warum kann man nicht einfach Fragen oder wenn man es sich nicht traut, still sein?!

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Nicht nur, dass diese Aussagen völlig bescheuert sind, sondern unverschämt und teilweise auch verletzend. Wir werden uns diese Aussagen noch einige Sommer antun müssen.
Kinder treten anderen Kinder und Menschen mit Besonderheiten viel offener gegenüber, davon könnten wir Erwachsene uns mal eine dicke Scheibe abschneiden und Menschen mit Besonderheiten ganz normal begegnen, auf Augenhöhe.

5 Kommentare

  1. Michelle sagt

    Danke für den Bericht und alles Gute euch und vor allem eurer Tochter. Unsere Große hat auch ein bis zwei Woxhen nach der Geburt so ein Teil bekommen, am Oberarm. Nach Rücksprache mit der Hautärztin haben wir uns damals entschieden es gleich weglasern zu lassen, da war die kleine Maus 2 Monate alt. Dass es evtl. Verschwindet war uns zu unsicher und wir hatten auch ein bisschen Angst, dass es vielleicht sehr groß wird. Die Schutzbrille auf den kleinen Kopf zu ziehen war eigentlich das Schlimmste an der ganzen Sache, wir mussten zu drei Behandlungen, es war ja noch nicht sehr groß oder tief. Jetzt hat sie da am Arm eine etwas hellere Stelle und ich muss sagen, dass ich froh bin, dass wir das damals so entschieden haben. Sie hatte in der Vorachulzeit Dellwarzen an ganzen Körper und schon ganz schön darunter gelitten wie sie aussieht. Vielleicht hätte sie sich auch an das Blutschwämmchen gewöhnt, oder es wäre tatsächlich verschwunden. Aber so ist es weg und wir vermissen es nicht.
    LG, Michelle

  2. Sabine sagt

    Hallo Melanie
    Danke für Deinen Text! Ich wünsche Deiner Tochter und Euch als Familie alles Gute!
    Ich selber kam mit einem Tierfellnävus am Arm auf die Welt. Ein ziemlich grosses, braunes, behaartes Muttermal, welches operativ entfernt werden musste, da es sich zu Hautkrebs entwickeln kann. Und ich kann mich extrem gut an all die Fragen früher erinnern, die erschrockenen Gesichter, die Leute die sich ekelten. Meine Eltern sagten mir, ich solle auf sämtliche blöde Fragen antworten: „Der liebe Gott hat hier den Pinsel in die falsche Farbe getaucht“. Das könnte man zwar heute nicht mehr so sagen, in den 70er Jahren ging das und die Erwachsenen fingen sofort an zu schweigen :-).
    Liebe Grüsse und danke für Deinen Bericht
    Sabine

  3. Anke sagt

    Vielen Dank für die „Besonderheit“. Ich selber habe seit meiner Geburt ein Blutschwämmchen am Bauch. Es wurde nie etwas damit gemacht, heute ist es sehr blass und weniger dick. Ich gebe zu, dass ich da selber überhaupt nicht daran und denke und auch schon verwundert war, wenn z. B. ein Arzt gefragt hat, was ich da habe. Es ist eben schon immer da. Und bis zu dem Beitrag eben hatte ich es auch wieder vergessen. 😉

  4. Sara Verhoeven sagt

    Ich habe seit meiner Geburt auch ein Blutschwämmchen. Auf der linken Wange. Es ist etwa so groß wie ein 1€ Stück.
    Meine Eltern waren damals auch sehr verunsichert und haben sich gesorgt, aber die Kinderärztin sagte von Anfang an, dass das Blutschwämmchen von alleine verblassen würde. In der Nacht trug ich als Baby Handschuhe, damit ich mich nicht ausversehen dort kratzte. Und wie von der Kinderärztin prophezeit war das vorher knallrote Blutschwämmchen zu Beginn meiner Kindergartenzeit schon so weit verblasst, dass es genau so rosa war wie die restliche Gesichtshaut. Man sieht, dass sich die Hautstruktur von der restlichen unterscheidet. Manche Menschen sprechen mich noch heute darauf an und glauben, es sei eine Narbe. Aber den meisten fällt es gar nicht auf. Ich bin echt froh, dass meine Eltern damals der Kinderärztin vertraut haben und keinen Eingriff machen ließen. Denn die Narbe wäre mit Sicherheit auffälliger…

  5. Ich würde auch das Risiko einer OP nicht eingehen, wenn es nur kosmetisch ist – das Risiko ist immerhin da, dass etwas schief geht.

    Und im Endeffekt wird eure Tochter viel daraus lernen und viel Selbstbewusstsein entwickeln. Und eines Tages ist es ja zum Glück wieder weg…

    Alles Gute für euch,

    liebe Grüße,
    Hanna

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