… und auf dem unaufhaltsamen direkten Weg zum Kleinkind.

Die letzten Babywochen genießen wir noch in vollen Zügen. Viel Zeit bleibt uns nicht mehr, denn Du wirst von Tag zu Tag mehr zum Kleinkind.
Während ich ich mich die letzten Monate bei dem Gedanken an Deinen ersten Geburtstag noch entspannt zurück gelehnt habe, werde ich nun doch zunehmend nervös. Irgendwie ist das schon komisch und ging mir doch ein bisschen zu schnell.
Sogar Sonea ist dazu übergegangen Dich beim Namen zu nennen (für sie warst Du standhaft die letzten Monate immer nur das Baby).

Schnell bist Du geworden. Krabbeln im Turbogang, da überschlägt man sich auch mal und landet auf dem Bauch. Schnell muss aber auch ich sein, denn im Moment kann ich nicht Augen und Hände genug haben. Wie letztens, als Du natürlich ziemlich schnell zur Stelle warst, während ich die Spülmaschine  einräumen wollte und Dein Griff zielgerichtet zum Pizzaschneider ging. Es war nichts zu sehen, Du hast keine Miene verzogen und geblutet hat es auch nicht… also noch mal alles gut gegangen. Oder. Doch. Nicht. Als ich bemerkte, dass Deine Finger nach zwei Tagen ziemlich dick wurden und sehr wohl Schnittstellen aufwiesen, bin ich direkt mit Dir zum Arzt. Die Schnittstellen hatten sich infiziert, aber wir haben noch mal Glück gehabt. Eine Woche jeden Tag beim Kinderarzt zum Verbandswechsel. Aber der Verband ließ Dich ziemlich unbeeindruckt und schien Dich nicht einzuschränken und jeden Morgen mit den jungen Arzthelferinnen flirten fandest Du scheinbar auch gar nicht so übel. Trotzdem bin ich nun übervorsichtig, wenn Du Dich in der Nähe der Spülmaschine aufhältst.

Seit einer Woche hast Du einen neuen Kumpel, die Milchflasche. Abgestillt habe ich Dich, nachdem eine Brustentzündung die nächste jagte und es einfach nicht besser werden wollte. Die Entscheidung ist mir wirklich nicht leicht gefallen und ich habe befürchtet, dass Du es mir mit viel Geschrei ahnden würdest. Zu meiner großen Überraschung hast Du aber ganz schnell die Flasche als Ersatz akzeptiert und mir auch nur in den ersten Tagen unverblümt in den Ausschnitt geschaut. Und so lange die Milch warm ist, schmeckt sie Dir. Einschlafen kannst Du ja trotzdem eng an mich gekuschelt, mit der Flasche in der Hand. Kuschelzeit gibt es hier sowieso unbegrenzt für Dich und Deine Schwester, die wird nicht abgestillt. Und nachdem die eine Kuh einfach so gekündigt hat, habe ich ganz schnell für Ersatz gesorgt. Die gibt zwar auch keine Milch, aber mit der kannst Du immerhin kuscheln, wenn Du im Kindergarten bist und die andere Kuh nicht da ist. Ja, in 1 1/2 Monaten geht es schon los…

Mittlerweile hast Du drei kleine Löwenzähnchen. Den dritten habe ich gestern erst entdeckt. Wenn Du mit uns am Tisch sitzt, wirst Du sauer, wenn Du nicht das zu Essen bekommst, was wir anderen essen. Es ist in letzter Zeit häufiger vor gekommen, dass Du mir eine Breischale oder einen Löffel wütend aus der Hand geschlagen hast. Von Brei möchtest Du zunehmend nichts mehr wissen. Es gab schon mal kleine Momente, in denen wir ein Auge zugedrückt haben. Da durftest Du die Eiswaffel von Sonea mit Schokosoße und Streuseln dran essen und am Wochenende im Zoo hast Du ganz gierig der Gesine den Muffin aus der Hand gerissen. Na gut, die Chips gestern Nachmittag, die sich Sonea für Euch beide von der Arbeitsplatte organisiert hat, und die ihr still und heimlich auf den Küchenboden verteilt und gelümmelt habt… die durftest Du nicht essen, eigentlich. Aber auch die Spaßbremsen im Hause Sonnenschein hast auch Du schon das eine oder andere Mal kennengelernt (Tendenz steigend).

Rhythmus im Blut hast Du, genau wie Deine Schwester (und ich frage mich ernsthaft von wem ihr das habt) und Du liebst Musik. Ich muss Dich demnächst unbedingt mal beim Tanzen filmen (in der Hoffnung, dass Du mir das in 15 Jahren nicht übel nimmst).

Laufen… ich denke nicht, dass Du bis zu Deinem ersten Geburtstag laufen wirst. Aber das ist ja auch egal. Üben tust Du schon sehr fleißig. Du ziehst Dich an allem, was einigermaßen stabil ist, hoch und wirst dabei immer kreativer… mal hast Du dabei die Hände voll mit Spielsachen, mal patschst Du mit beiden Händen gleichzeitig gegen den Schrank (es geht also auch schon für Bruchsekunden ohne festzuhalten), mal läufst Du ein paar Schritte irgendwo entlang. An der Hand laufen magst Du gar nicht (aber ich weiß ja auch, dass man das sowieso nicht machen soll… ausprobieren kann man es ja trotzdem mal), dafür schiebst Du schon mal das Bobby Car oder den Lauflernwagen ein paar Meter durch die Gegend. Alles, was für Dich erreichbar ist, nimmst Du Dir. Vorzugsweise sind das Dinge, wie die Fernbedienung, volle Gläser vom Tisch, volle Teller… ja wir müssen uns erst noch ein bisschen daran gewöhnen, dass wir wieder alles ein paar Etagen höher stellen müssen. Ich sag ja, die Spaßbremsen kommen gerade richtig schön auf ihre Kosten.

Du erzählst den ganzen Tag sehr viel. Eine kräftige Stimme hast Du, wie es sich für einen Löwen gehört. Du lautierst schon sehr toll, mit Silbenverdopplung und allem pi pa po. Das ist für mich auch völlig neu, da wir von Sonea immer nur ein durchdringendes Aaaaaaaa gewohnt waren, als sie noch ein Baby war. Ab und an kommt schon ein Papa und auch ein Mama, aber ob Du uns nun wirklich schon damit meinst, ich glaube nicht (man freut sich trotzdem jedes Mal riesig). Manchmal habe ich das Gefühl, dass Du schon versuchst einfache Worte nachzusprechen. Aber das bilde ich mir vielleicht auch nur ein.

In einem Monat schon feiern wir Deinen ersten Geburtstag. Ich werde jetzt schon ganz sentimental bei dem Gedanken, denke oft daran wie winzig Du warst, als Du auf die Welt kamst. Inzwischen bist Du schon zu einem richtigen Persönchen geworden, das mehr und mehr Charakter entwickelt. Deine Mimiken sind einmalig. Es ist so schön zu sehen wie Du Deine Welt entdeckst und erforschst und ich liebe es Dich einfach nur anzuschauen und Deinen Papa zu sehen, oder Deine Schwester und manchmal auch ein bisschen mich selbst.

Heute Morgen wachte Sonea auf (sie ist irgendwann heute Nacht zu uns ins Bett gekommen), schaute zu Dir rüber (Du tobtest schon um mich herum im Bett, während ich noch gegen die Müdigkeit ankämpfte), grinste über das ganze Gesicht und streichelte Dir ganz lieb über die Wange. Mich würdigte sie keines Blickes. Du und Deine Schwester habt jetzt schon eine ganz besondere Bindung, die ich jeden Tag fasziniert bewundere. Und dass Sonea Dich manchmal in kleine Wrestling-Kämpfchen verwickelt oder Dir das Essen vom Teller klaut und Deine Milchflasche weg nimmt und leer trinkt, scheint dem ganzen keinen Abbruch zu tun.