Allgemein

E-Mail to Heaven

Lieber Papa,

mag sein, dass es irgendwie albern ist, wenn ich Dir heute schreibe. Dabei würde es mir unendlich viel bedeuten, wenn Dich meine Zeilen erreichen könnten. Wenn ich Dich noch einmal sehen könnte. Wenn ich noch einmal Deine Stimme hören könnte. Wenn ich noch einmal eine Antwort von Dir bekommen könnte.
Ein gutes Jahr sind wir nun ohne Dich. Das klappt erstaunlich gut. Meistens. Fehlen tust Du trotzdem. Sehr oft.
Wie viele Momente gab es, in denen ich mir Dich herbei gesehnt habe. Es waren sehr viele und sicherlich auch mehr als zu Lebzeiten. Denn da warst Du einfach und selbstverständlich da.

Jeden Morgen laufe ich an Deinem Bild im Flur vorbei und schau Dich an. Es gibt Tage, an denen lächelst Du mich an und es gibt Tage, an denen ist Deine Miene sehr ernst. Und an dem Tag, an dem Vincent geboren werden wollte, hast Du mir von Deinem Bild aus zugezwinkert, als ich Dir beim Packen einen nervösen Blick zugeworfen habe.

Manchmal stelle ich mir vor, dass Du da oben auf einer Wolke sitzt und stolz auf Deine Enkelkinder runter blickst. Das ist ein tröstendes Gefühl. Umso trauriger ist dafür das Gefühl, das mich so oft überkommt, wenn ich daran denke, dass Du so vieles nicht mehr miterleben kannst. Soneas erstes „Opa“ hast Du nur ganz knapp verpasst. Wie sie nun anfängt immer mehr zu sprechen und erzählen, hätte Dir sicherlich viel Freude bereitet. Ich denke an all die Worte, die Du Sonea nicht mehr beibringen kannst, um anschließend laut zu lachen, wenn wir die Hände über den Kopf zusammen schlagen. Dein Lachen…das fehlt mir auch.
Dass Du Soneas Opa bist, ist ihr trotz Deines Verlustes sehr bewusst und sie zeigt oft auf Dein Bild und sagt „Da Opa!“. Manchmal nimmt sie es auch von dem Schrank herunter und gibt Deinem Bild einen herzhaften Schmatzer, einfach so.
Ich denke daran, wie Du sie mit zum Badminton spielen genommen hättest, mit ihr Kastanien sammeln gegangen wärest, den Nikolaus zum Besten gegeben hättest und einfach nur Spaß an ihrer spitzbübischen Art gehabt hättest (wieder höre ich Dich lachen…leider nur in meinem Kopf). Das und noch viel viel mehr wäre so selbstverständlich für Dich gewesen, würdest Du noch leben.

Ich wünschte, Du hättest Vincent wenigstens noch kurz kennenlernen dürfen. Wie oft hätte ich Dich in der Schwangerschaft und auch danach so gerne angerufen. Wie oft bleibe ich beim Scrollen durch mein Telefonbuch bei Deiner Nummer hängen…ich hab sie noch nicht gelöscht.

Das Leben geht weiter, als wäre nichts gewesen…ohne Rücksicht auf Verluste, Deinen Verlust. Und trotzdem fehlst Du immer noch sehr. Und der einzige Trost, der bleibt, ist die Erinnerung an Dich und die Hoffnung, dass Du uns von Deiner Wolke aus immer fest im Blick hast.

Ich vermisse Dich…

Deine Trine