Hallo Katharina,
ich heiße Monique bin 29 Jahre jung und Mutter eines besonderen Kindes.
Bitte versteh mich nicht falsch, jedes Kind ist besonders, nur meines entspricht auch nicht der „Norm“.
Auch wenn rein äußerlich nichts zu sehen ist, haben wir eine besondere Geschichte.
Ich habe lange überlegt, ob ich das so öffentlich kundgebe.
Sehe es aber auch als Möglichkeit, anderen Eltern die Angst zu nehmen.
Auch wenn unsere Geschichte und die dadurch verbundene Diagnose durch die Medien sehr bekannt ist und bestimmt auch einiges als fehlerhafte Erziehung gelten kann, ist es trotzdem ein Problem das mich jeden Tag vor Aufgaben stellt die mich an Grenzen bringen.
Fangen wir mit mir an.
Ich bin auch „besonders“.
Mein Leben ist gespickt mit Krankheiten und Klinikaufenthalten.
Schmerzen die körperlicher sowie seelischer Natur sind.
Aber genau das hilft mir gerade weiter.
Hat es mich doch sensibilisiert anders hinzusehen.
Bei meinem Sohn geht’s um das leidige Thema ADHS gepaart mit Bindungsstörung und Entwicklungsverzögerung im sozialen und emotionalen Bereich.
Das alles garniert mit dem typischen Rattenschwanz an Sorgen, Ängsten und Problemen.
Und bitte nicht zu vergessen die ganzen Vorurteile.
Ein Kleiner Ausschnitt aus dem Leben von meinem Sohn:
Er kam zu früh, nach einer sehr problematischen Schwangerschaft. Direkt nach der Geburt musste er auf die Intensivstation. Alle hatten etwas Bedenken wie 6 Wochen fehlende Nestwärme im Mutterbauch verkraftet werden. Aber er war stark. Er hat viel geschrien, gut gegessen, wenig geschlafen. Nach 2 Wochen durften wir heim. Nur schrie er! Viel und ausgiebig. Nichts hat geholfen. Die Hebamme, Mütterberatung alle waren ratlos. In Kliniken wurde er durch gescheckt, aber es war nichts zu finden, außer der eventuellen Tatsache, dass ich dran Schuld bin weil ich irgendetwas übertragen haben könnte. Als er 6 Wochen alt war hatte er sich den ersten Leistenbruch erschrieen. 5 Monate später kam die nächste OP am Magen es folgten noch 4 weitere OP´s wegen der unterschiedlichsten Dinge. Viele Krankenhausaufenthalte wegen unklarem Fieber was doch sehr bedrohlich hoch stieg.
Da er so temperamentvoll war, dachte ich mir, eine Tagesmutter schafft mir Entlastung.
Weit gefehlt.
Nicht tragbar für die Gruppe.
Im Kindergarten wurde es dann auch nicht besser. Zum Schluss hatte ich ein Kind was sich von allem absonderte. Das dachte es hätte keine Freunde und jeden Tag weinend in die Kita ging.
Auch zu Hause war er viel wütend. Er schlief nie durch, zappelte wie ein Hampelmann. Seine Sprache war mehr als dürftig, selbst ich als Mutter hatte meine große Mühe ihn zu verstehen. Er findet bis heute keinen Zugang zu anderen Kindern, findet aber jeden Erwachsenen toll, auch wenn dieser nicht besonders freundlich gesonnen ist.
Zum Schluss sind wir, als er 3 war, zu einem speziellen Diagnosezentrum gegangen. Nach vielem Hin und Her brauchte es doch über 2 Jahre Kämpfen, bis wir uns einig waren.
Warum kämpfen???
Als Mutter die selber krank ist, war ich in deren Augen nicht konsequent genug, würde übertreiben bis hin zu Dingen erfinden, damit ich einen Grund hätte, mich aufopfernd zu kümmern. Viele Elternkurse später, einen bitterbösen Brief von der Kita, mit Selbstzweifeln, kam es doch ans Licht.
Mittlerweile ist er in einem speziellem Kindergarten und auch die beißen sich die Zähne aus.
Findet er ja nicht einmal wirklich Zugang zu seiner eigenen Gefühlswelt, wie soll er das denn bei anderen Kindern schaffen?
Und trotzdem bin ich jeden Tag aufs neue verliebt.
Denn ich habe ein Kind!
Es versteht manche Signale nicht, aber lächelt einen immer tapfer an.
Es hört zu viel, auch zwischen den Zeilen.
Dafür hat er eine Empathie, die unbeschreiblich ist.
Es fühlt Sand, Wasser, Kleidung und Schmerz ganz anders als andere.
Aber sein Herz fühlt genauso wie unseres und bietet so viel Platz.
Er hat keine Zeit zum Anziehen und Händewaschen,
aber sieht jedes Tier mit besonderen Augen.
Er hat für alles einen Plan und Gästelisten. Nur wenige Menschen finden darin Platz.
Aber seine Phantasie sorgt dafür, das er nicht einsam ist.
Er muss noch lernen Wünsche zu äußern,
aber wenn er es schafft, verpackt er sie zuckersüß.
Er hat ein großen Gerechtigkeitssinn und den Wenigen die er auf seiner „Liste“ vermerkt hat, wird kein Leid geschehen.
Sein Bewegungsdrang treibt ihn immer wieder zu neuen Abenteuern.
Sein Charme und sein Mut verschafft ihn sogar bei großen Kindern Respekt.
Auch wenn er seine eigenen Gefühle noch nicht versteht, hat er welche. STARK und ausgeprägt.
Er lacht gerne und wirklich viel.
Und er hat einen Mut über sich hinaus zu wachsen, den ich nur bewundern kann.
Momentan übernehmen seine Helfer die Übersetzungsarbeit für seine kostbare Seele, aber auch das wird er irgendwann alleine können.
Ich bin stolz auf mein Kind.
Denn egal welche Probleme auftauchen, hat er das Lachen nie verlernt.
Er macht Fortschritte, und ist ein kluges Köpfchen, was viele Fragen hat.
Auch das Kuscheln hat er gelernt und fordert es nun unaufhörlich ein (ich liebe es).
Und ich merke jeden Tag, wie er abends im Bett mit mir den Tag durchgeht.
Er plant richtig, wie er etwas besser machen kann, und freut sich schon so auf „sein“ ersten Freund.
Und ich freue mich auf den Augenblick, bis er selber merkt, das er schon viele Freunde hat.
Somit ende ich mit einem lang geschriebenen aber eigentlich kleinen Ausschnitt aus seinem und unserem Leben.
Es ist oft nicht leicht, aber es hilf sich mitzuteilen und auszutauschen.
Liebe Grüße
Monique
Mein Sohn hat ebenfalls ein diagnostiziertes ADHS. Fast 1 Jahr lang wurden er und wir „durchleuchtet“.
Wir haben eine schlimme Zeit hinter uns (ähnlich wie bei dir Monique).
Mit 6 Jahren war er dabei aus dem Fenster zu springen/ sich das Leben zu nehmen. Da er ein ADHS gekoppelt mit einer Hochbegabung hat, merkte er sehr früh, dass er anders ist, merkte, dass er Dinge machte, die er so nicht wollte….
Wir haben gemeinsam gekämpft. Es gab immer strenge Regeln, ganz feste Zeiten, fürs zu Bett gehen, Essen usw. Sobald etwas nur ein paar Minuten später oder früher geschah flippte er aus oder war durch den Wind.
Nun wird er in 4 Wochen 18. Ist dabei sein Abi zu machen und sagt uns gelegentlich, dass er froh ist, wie wir das mit ihm gemanagt haben.
Auch heute ist er in manchen Dingen schwieriger als andere Menschen – ABER er ist glücklich, hat Freunde und auf dem richtigen Weg.
Ich möchte Mut machen! Auch ADHS Kinder können zu glückliche, jungen Menschen heranwachsen 🙂
Es ist als würde über unser Kind(Enkelkind)geschrieben.Wir kämpfen auch jeden Tag und geben niemals auf!!!Er wird jetzt 7 besucht auf Grund seiner Schwierigkeiten eine Förderschule die ihm all die Zeit gibt die er braucht.Wenn es noch so schwer wird immer feste dran glauben wir schaffen das👍👍👍