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Mein Leben mit dem Besonderen #86 Links oder Rechts?

Mit der linken oder rechten Hand schreiben, ist egal?

Durchaus nicht!

Linkshänder wurden  früher umgeschult

Früher war es verpönt, mit der linken Hand zu schreiben. Die Welt wird von Rechtshändern dominiert, auch heute noch. Wenn Linkshänder früher in die Schule kamen, wurden sie auf die rechte Seite umgeschult, oft mit fatalen Folgen für das ganze Leben.

Die Umschulung ist schädlich

Eines Tages stand eine junge Frau in meiner Praxis. Sie sagte, dass sie lesen könne, aber sie sei Analphabetin. Bald stellte sich heraus, dass sie eigentlich Linkshänderin ist, aber in der Schule mit der rechten Hand schreiben musste. Das verwirrte sie komplett. Sowohl in Deutsch als auch in Mathe hatte sie große Probleme, stieß in der Schule und zu Hause auf völliges Unverständnis. Nach der Ausbildung beschloss sie, dass sie Analphabetin ist und schrieb nichts mehr, keine SMS, keine Karte, nichts. Erst mit 36 Jahren traute sie sich und stellte sich ihrem Problem. Sie erlernte das richtige Schreiben in zwei Jahren Lerntherapie. Die erste Karte, die sie im Urlaub schrieb, schickte sie mir.

Warum ist die Umschulung schädlich?

Weil ein Linkshändergehirn immer ein Linkshändergehirn bleibt. Wenn es aber die rechte Hand zum Schreiben steuern muss, leidet es unter einer permanenten Überforderung. Im Groben ausgedrückt, steuert die linke Gehirnhälfte die rechte Körperseite und umgekehrt. Die Arbeitsteilung im Gehirn bringt Vorteile: Während sich bei Rechtshändern die linke Gehirnhälfte auf die feinmotorische Steuerung der Rechten konzentriert, hat die rechte Gehirnhälfte Zeit für anderes.

Passiert eine Umschulung auch heute noch?

Ja, eine Umschulung kommt noch vor. Es hat sich zwar im Großen und Ganzen herumgesprochen, dass Linkshändigkeit normal ist, dennoch passiert es. Wie? Zum Beispiel, wenn die Erzieherinnen im Kindergarten nicht geschult sind und die Linkshändigkeit nicht ernst nehmen. In der Schule wissen immer noch manche Lehrer nicht viel darüber. Linkshänder werden oft wenig unterstützt und haben deshalb eine sehr krakelige Schrift. Aber auch die Umgebung des Kindes kann dazu führen, dass sich ein Kind selbst umschult. Kennen Sie das? „Nimm den Löffel in die richtige Hand!“ „Gib mir bitte die richtige Hand!“ Eine Umschulung kann (muss nicht) demzufolge zu Lernproblemen, zu einer Lese-Rechtschreib- und/oder Rechenschwäche führen.

Wie stellen Sie fest, ob Ihr Kind Linkshänder ist?

Beobachten Sie ihr Kind. Schießt es den Ball vielleicht mit dem linken Fuß? Schaut es mit dem linken Auge durch das Schlüsselloch? Doch Vorsicht, die dominante Händigkeit entwickelt sich bei jedem Kind unterschiedlich! Wenn Sie unsicher sind, dann wenden Sie sich unbedingt an einen Kinderarzt, der Ihnen einen Spezialisten nennen kann.

Worauf sollten Sie achten, wenn Ihr Kind in die Schule kommt?

Es gibt Läden für Linkshänder. Dort sollten Sie Ihrem Kind unbedingt Schreibutensilien für Linkshänder besorgen. Besonders wichtig ist die Schreibunterlage für die richtige Schreibhaltung des Kindes. Außerdem sollten Sie die Lehrer darauf aufmerksam machen und sie um Unterstützung bitten.

Gibt es auch Beidhänder?

Ja, das gibt es. Leider ist das noch nicht so gut erforscht und kommt zum Glück nicht so oft vor. Die Forscher vermuten, dass die übliche Dominanz einer Gehirnhälfte fehlt, die normalerweise über die bevorzugte Hand entscheidet. Das führt oft (nicht immer) zu großen Schwierigkeiten beim Lernen, weil das Gehirn jedes Mal neu entscheiden muss, von wo aus es die Impulse geben soll. Auch das ist eine immense und permanente Überforderung für das Gehirn.

Meine Tochter hat keine dominante Seite

Bereits nach zwei Wochen Schule sagte mir die Lehrerin, dass mit meiner Tochter etwas nicht stimme. Der Beginn eines langen Leidensweges! Viele Buchstaben und Zahlen konnte sie nicht unterscheiden und schrieb sie falsch herum. Die Zeilen konnte sie nicht halten, bald schon war sie frustriert und traurig. Als sie in der dritten Klasse war, bekam ich einen sehr guten Tipp. Ich meldete sie beim Taekwondo an. Ich sprach mit dem Meister, erklärte ihm das Problem und bat ihn, sie niemals zu kritisieren oder über sie zu lachen. Dann wäre sie nämlich nie wieder hingegangen. Nach drei Jahren gehörte sie zu den Besten. Ihre Orientierungsfähigkeit hatte sich wesentlich verbessert, sie lernte das Lesen und kam generell besser klar.

Sollen umgeschulte Linkshänder rückgeschult werden?

Es gibt Leute, die meinen, dass das so sein muss. Wissenschaftler und Experten raten jedoch oft davon ab, vor allem, wenn die Kinder bereits das Lesen und Schreiben gelernt haben. Es gibt für solche Fragen Experten, an die man sich wenden kann. Zum Beispiel: Dr. Hannelore Pester aus Berlin, http://www.linkshaenderberatung.de/

Haben Sie noch Fragen? Dann besuchen Sie mich bitte auf meiner Webseite: www.sabine-omarow.de oder bei Facebook: https://www.facebook.com/Praxis.fuer.SinnLerntraining.Sabine.Omarow/

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11 Kommentare

  1. Sophie sagt

    Ich bin Linkshänderin. Mein Mann ist ebenfalls Linkshänder. In unserem Haushalt befinden sich nur wenige linkshänderspezifische Dinge: ein Dosenöffner, teilweise ergonomisch passende Stifte (für unsere Kinder in der Rechthänderversion), symmetrische Pfannenwender und die Computermaus.

    An meinen ersten Tag im Kindergarten (ich war 4) erinnere ich mich noch heute: die Erzieherin wollte mein schönes Händchen schütteln. Meine Mutter antwortete, ihre Tochter habe nur schöne Hände und sie verbitte sich solchen Quatsch. Mit der Linkshänderschere kam ich gar nicht klar, sie ist aber für viele wirklich eine Erleichterung. Mit dem Füller schmierte ich elendig übers Blatt, bis ich schneller trocknende Tinte bekam, meine Schrift ist ziemlich ordentlich, auch wenn ich meine Hand niemals so gehalten habe, wie Linkshänder das sollten (da hat bestimmt ein schlauer Rechtshänder seine Haltung gespiegelt). Ich kenne auch keinen Linkshänder, der das macht, alle haben die Hand über oder unter der zu schreibenden Reihe. Ich brauchte länger als andere Kinder, um die Buchstaben und Zahlen nicht spiegelverkehrt zu schreiben, es gab aber auch Rechtshänder mit dem gleichen Problem. Ich saß in meiner gesamten Schulzeit links am Tisch, damit ich mir mit den Rechtshändern nicht ins Gehege kam. Zum Stricken lernen benötigte ich mehrere verschiedene YouTube-Videos, weil mir kein Rechtshänder beibringen konnte, wie es geht. Das waren aber auch alle Probleme. Die Schleife zu binden lernte ich gegenüber meiner Mutter, wie in einem Spiegel. Beim Lineal ziehe ich die Linie nicht von 1 bis 10, sondern von 10 bis 1. Das Schalten im Auto ist kein Problem, meine motorisch fittere Hand hält sowieso besser das Lenkrad.

    Mir fallen andere Linkshänder erst auf, wenn erstaunte Rechtshänder es merken, und diese Feststellung erfolgt ständig, ob beim Unterschreiben an der Kasse oder in Verbindung mit der ordentlichen Schrift: „Du schreibst ja mit Links schöner als ich mit Rechts!“. Wir fühlen uns nicht besonders, unnormal empfinde ich eigentlich nur die permanente Thematisierung durch „nicht Betroffene“. Woher sollen Rechtshänder wissen, was Linkshänder brauchen? Da wird meiner Meinung nach viel zu viel Theater gemacht, man sollte einfach jeden machen lassen, er wird seinen Weg schon finden. Der Linkshänderspezialkrempel ist teuer und bringt meist nichts – es ist doch egal, in welche Richtung die Zahlen auf dem Lineal gehen oder ob der Anspitzer andersrum gedreht wird, sämtliche Schraubverschlüsse gehen auch nur in eine Richtung auf und es wird der Tag kommen, an dem jeder Linkshänder mal mit fremdem Material arbeiten muss.

    Unsere Rechtshänderkinder können sich von uns gar nichts abgeschaut haben, ebensowenig wie mein Mann und ich aus den komplett rechtshändigen Familien. Trotzdem wundert sich keiner darüber, dass sie Kreise ausschneiden, ordentlich schreiben und das Besteck „richtig“ benutzen. Letzteres machen wir Eltern nur im Restaurant mit anderen Leuten am Tisch, weil es tatsächlich sehr viel Konzentration erfordert, zu Hause decken wir (auch die Kinder) für jeden passend auf unterschiedlichen Seiten Besteck und Gläser ein.

    Den Post oben halte ich, wie einige andere Leser, leider auch für einen plumpen Werbetext. Schade, da mir die Rubrik unheimlich gut gefällt, es hat einen faden Beigeschmack. LG

  2. bin Linkshänder durch und durch und ich finde diesen Artikel ziemlich übertrieben.
    Ich hatte nie Probleme, obwohl Jahrgang 1969 hat niemand versucht mich umzuerziehen.
    Mein Mann ist auch Linkshänder, spielt aber zb. Golf oder schießt mit rechts..auch kein Problem, auch wenn lt. der Autorin wenig erforscht. Ich finde hier versucht jemand Werbung für seine Beratung / Praxis zu machen und konstruiert Probleme wo keine sind.
    Insbesondere passt der Text nicht in die Rubrik „Mein Leben mit dem Besonderen“
    Sorry, aber meine Meinung

    • barbarawinstel sagt

      Danke für diese Bestätigung, ging mir genauso (siehe mein Kommentar unten). Liebe tolle Sonnea-Mama: bitte aufpassen, dass der regelmäßige Blog-Beitrag „Mein Leben mit dem Besonderen“ wirklich persönlichen Geschichten vorbehalten bleibt und keine allgemein „werbeträchtigen“ Grundsatzartikel effekthascherisch in die Runde wirft. Herzliches Dankeschön!

  3. Doro allgaier sagt

    Hier gibt es viel und es herrscht doch eine gewisse Aufklärung. Aber wenn man dann mal etwas weiter weg schaut sieht es meist ganz anders aus. So werden Kinder in Afrika bis heute noch umerzogen; denn dort gilt die linke Hand als unrein.

    • barbarawinstel sagt

      Der letzte Satz stimmt so pauschal nun auch nicht. „Afrika“ ist ein Kontinent mit vielen verschiedenen Ländern, in denen teilweise völlig unterschiedliche strukturelle und kulturelle Bedingungen herrschen – wie in Europa auch. Ich habe sehr viele Jahre in verschiedenen afrikanischen Ländern gelebt und kann das von Ihnen heraufbeschworene Klischee nicht bestätigen. Es war mir jetzt einfach doch wichtig, das auch richtig zu stellen.

      evi

  4. barbarawinstel sagt

    Mir kommt Ihr Artikel ein wenig effekthascherisch vor – Entschuldigung. Aber wo kommt es denn heute wirklich noch vor, dass Linkshänder wegen ihrer Linkshändigkeit benachteiligt werden? Mein linkshändiger Vater (87) wurde tatsächlich noch umerzogen (hatte im Übrigen aber ein grandioses Schriftbild), unsere Söhne und meine linkshändigen Neffen schreiben und arbeiten mit großer Selbstverständlichkeit links. Wir haben nie ein großes Theater um die Linkshändigkeit gemacht, geschweige denn in besonderen Läden eingekauft – beide Kinder haben eine schöne Schrift und hatten nie Probleme (höchstens, wenn sie in der Schule „falsch“ neben ihren Nachbarn sitzen und der Ellbogen in die Quere kommt…;.)… . Also: ein bisschen aufgeblasen kommt mir das hier jetzt schon vor – und nicht ganz passend für die Rubrik „Leben mit dem Besonderen“.
    Ich finde, man kann „Besonderheit“ auch künstlich konstruieren. Oder andersrum: sind wir in diesem Sinne nicht alle „besonders“?
    evi

  5. Katharina sagt

    Ich bin ein umgeschulter Linkshänder und bezeichne mich selbst als, daraus resultierender, Beidhänder. Ich schreibe zwar mit rechts, kann es aber auch mit links. Im Alltag mache ich ebenso viele Dinge unterbewusst mit links.
    Ich finde es schade dass mich meine Oma damals nicht mit rechts hat malen lassen, aber wirklich geschadet hat es mir nicht. Meine schulischen Leistungen waren immer mindestens ausreichend. Eigentlich bin ich im Nachhinein sogar ganz froh, es bringt auch die ein oder andere Erleichterung mit sich. 🙂

  6. Jessica sagt

    Sehr interessanter Bericht, mein Sohn ist Linkshänder, für mich ist es immer fast unmöglich gewesen ihm etwas bei zu bringen wie z.B. Schleife binden. Er macht aber auch viel mit rechts schießen beim Ball spielen oder er schneidet auch mal mit links und mal mit rechts. Seine Schrift ist übrigens katastrophal.

  7. Annika sagt

    Hallo,

    mein Mann und ich sind beide Rechtshänder, unsere beiden Töchter aber Linkshänder. Ich bin wahnsinng stolz darauf … das Schuhe zubinden durfte aber die linkshändige Patentante beibringen😉.

    Bereits mit 6-8 Monaten war es bei der Großen klar- sie machte ALLES mit links. Der KiGa hat es erst so richtig geglaubt, als es mal ein Arzt gesagt hat, der sich die Kinder im KiGa angesehen hat (das war im Vorschulalter). Traurig!

    Ich bin fuchsteufelswild geworden, wenn Leute gesagt haben, sie solle „das schöne Händchen“ geben und meinte: „Das ist ihr schönes Händchen – und außerdem hat sie zwei schöne Händchen!“

    Es ist ja auch der größte nichtchirurgische Eingriff ins Gehirn, wenn man umschult. Ich kann die Gründe dafür auch wirklich nicht verstehen!

    Die Kleine wechselte ganz lange hin und her. Malte sie mit der Schwester oder der linkshändigen Erzieherin, malte sie links …. tat sie es z.B. mit uns, malte sie mit rechts😋. Sie hat sich erst mit ca. 3 Jahren entschieden.

    Bei uns sieht man immer, ob die Kinder oder wir gedeckt haben (Lage des Bestecks und der Gläser/Tassen)😀.

    Liebe Grüße von Annika

  8. Knodel Inge sagt

    Danke für diesen Bericht. Einer meiner Söhne(heute 47) ist Linkshänder. Er hat eine fürchterliche Schrift aber wir haben ihn unterstützt und auch schreiben lassen wie er wollte. Beim Häkeln bin ich gescheitert. Eine Nachbarin hat das dann übernommen. Beim Schuhe binden schaue ich auch heute noch nicht hin. Gut ist, das man die Schranktüren so anbringen kann wie es für einen geschickt ist. Mein jüngster Enkel wird auch ein Linker. Nimmt er mal die Gabel in die re.Hand landet mehr zurück auf den Teller als in den Mund. Wir bitten ihn dann doch lieber seine Lieblingshand zu nehmen damit der Teller leer wir. Es gibt auch beiderseits geschliffene Scheren, so kann sein Bruder die Gleiche nehmen. Leider sind Maschinen für Rechtshänder ausgelegt, Schrauben und viele andere Dige auch.

  9. Ani Lorak sagt

    Interessant. Mein Mann ist Linkshänder und auch mit rechts macht er mehr als ich mit links. Unser Sohn war von Anfang ein Linkshänder, mir war das gleich klar – schon im Kleinkindalter – seine dominante Hand. Schwierig war es für mich, ihm Schleife binden beizubringen. Beim Stricken bin ich gescheitert…. da ich Rechtshänder bin. Schlimm, wenn es heute noch geändert wird. Linkshänderscheren sind da wichtig, sonst frustriert es ungemein… Traurig, dass immer noch gesteuert wird. Warum? Es gibt so vieles für Linkshänder und die meisten Linkshänder benutzen die rechte Hand viel besser als die Rechtshänder die linke – weil der Alltag nun mal rechts dominiert ist…

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