Bei den jetzigen Temperaturen denke ich gern an diesen Sommer zurück.
Wir hatten tolle Sonnentage und noch nie waren wir so oft im Freibad wie dieses Jahr.
Meine Töchter haben inzwischen ein Alter erreicht, wo Freibad auch Freizeit bedeutet. Die kleine ist 6 und kann schwimmen und die Große ist 10 und kann noch viel besser schwimmen 😉 Bei meiner großen Tochter ist das für uns mehr als ein Wunder, denn sie kam mit einer seltenen Generkrankung auf die Welt und nie hätten wir gedacht, dass sie Sprechen, Laufen, Fahrradfahren und sogar Schwimmen lernt. Genau genommen leben wir ein ganz normales Familienleben. Ihre geistige Behinderung bringt mich von Zeit zu Zeit an meine Grenzen, aber welche Kinder tun das bei ihren Müttern nicht 😉 Doch manchmal gibt es Situationen, in denen unser ganz normales Familienleben eben nicht ganz normal ist. Eine dieser Situationen ergab sich diesen Sommer an der Kasse im Freibad. Eine nette ältere Dame im Kassenhäuschen begrüßte uns freundlich. Meine Töchter standen neben mir, als ich den Behindertenausweis meiner großen Tochter rausholte und ihn zeigte. Daraufhin die ältere Dame an der Kasse: „Ach ein Schwerbeschädigtenausweis, hups, so was hab ich nicht oft“. Ich musste kurz innehalten, um mir nochmal bewusst zu machen, was die Frau da gerade gesagt hatte. SCHWERBESCHÄDIGTENausweis?! Schwerbeschädigt? Wer ist beschädigt? Oder gar kaputt? Moment, ich bat meine Töchter schon mal vorzugehen und sagte zu der Kassiererin, ob sie sich denn im Klaren darüber sei, wie unsensibel es ist, in Gegenwart eines behinderten Menschen das Wort SCHWERBESCHÄDIGTENausweis zu benutzen. Ach und überhaupt, das Wort Beschädigung sollte meiner Meinung nach niemand im Zusammenhang mit Behinderten aussprechen! Ja, ich fühlte mich verletzt und konnte das benennen. Der Kassiererin war es tatsächlich unangenehm! Zum Glück haben meine Töchter die Äußerung dieser Frau nicht gehört oder sie haben sie nicht mitgeschnitten und abgespeichert. Ich jedenfalls denke hin und wieder daran und wünsche mir, dass alle Menschen begreifen, dass eine Behinderung keine Beschädigung ist. Nur weil meine Tochter nicht so denkt und handelt wie andere Mädchen in ihrem Alter, ist sie dennoch nicht beschädigt oder kaputt! Für uns ist sie genau richtig, wie sie ist! Wunderbar!
Wahrscheinlich war die Kassiererin schon etwas älter. Früher hieß das so, ich denke aus dem Krieg noch, wenn die Verwundeten dann „beschädigt“ waren 🙁
Manche Begriffe sind einfach auch veraltet und werden langsam ausgetauscht, so gab es bis vor ein paar Jahren noch die Bestallungsurkunde für Pfleger, inzwischen steht da Bestellungsurkunde drüber.
Ich finde man sollte nicht beleidigt sein und evtl. sogar unfreundlich reagieren, was ich in Verbindung mit Down Syndrom oft mitbekomme. Auch zu unserer Tochter hat schon jemand mongoloid gesagt, eine war 30 die habe ich dann aufgeklärt eine andere war fast 90, da habe ich es einfach untergeschluckt, denn sie hat es nicht böse gemeint und manchmal bin ich auch müde aufzuklären und dadurch ein eigentlich nettes Gespräch in eine ganz andere Richtung zu leiten.
Ich persönlich habe mir noch nie Gedanken um das Wort schwerbeschädigt gemacht, weil ich einfach auch schon etwas älter bin und es in meiner Kindheit oft benutzt wurde und damals die Kriegsverletzten auch noch im täglichen Bild waren.
Manchmal benutzt man tatsächlich Wörter ohne genau hinzuhören, da hast du Recht und damit verletzt man vielleicht auch unbewusst
Danke für deinen Beitrag! Ich würde aber noch weiter gehen als du 😀 ich finde es sogar unmöglich „Behinderte“ zu sagen. Dann doch viel lieber Menschen mit einer Behinderung, oder noch besser ganz konkret, Menschen mit einer Sehbeeinträchtigung, oder körperlichen Beeinträchtigung.
Wenn wir über unsere Sprache nachdenken wie sie den Menschen beschreibt, denken wir auch über unser Menschebild nach.
Noch einmal danke, und hab einen wundervollen Herbst
Glg, Sabine
Danke für den Beitrag. Manche Begrifflichkeiten sollten anders gewählt werden. Das stimmt. Wie gut, dass Deine Kinder dies nicht beachtet haben.