Kinderbilder im Netz.
Gerade mal wieder dank eines Artikels im Tagesspiegel ein heftig diskutiertes Thema. Und auch im Rahmen der re:publica werden nächste Woche einige bekannte Familienblogger über dieses Thema diskutieren. Tollabox hat bereits eine tolle Zusammenfassung der unterschiedlichen Positionen zum Thema zusammengetragen.
Welche Position ich in der ganzen Debatte beziehe, dürfte jedem klar sein. Und trotzdem bin ich nicht verschlossen gegenüber anderen Meinungen. Ich finde es genau so verständlich, wenn man seine Kinder eben nicht im Netz zeigen möchte und würde diese Meinung vielleicht heute auch stärker beziehen, wenn vor etwas über sechs Jahren nicht alles anders gekommen wäre.
Meine Toleranz ist sogar so groß, dass ich mich niemals zu Kinderbildern im Netz äußern würde, in denen das Gesicht durch einen Button, einem Balken oder ähnliches unkenntlich gemacht wurde (das geht natürlich auch in cool, wie wir zum Beispiel an das Nuf sehen).
Die arme Kate muss sich gerade der öffentlichen Kritik sämtlicher Menschen unterziehen, weil sie sich wenige Stunden nach der Geburt topgestylt mit Baby der Öffentlichkeit zeigt. Nicht alle finden das gut. Aber was wäre, wenn sie sich die verdiente Privatsphäre des Wochenbetts gönnen würde? Das wäre dann auch nicht richtig. Wie man es macht, ist es falsch. Aber egal, ich schweife mal wieder ab. Was ich eigentlich sagen wollte –
Als Blogger muss man sich immer wieder öffentlich der Kritik anderer aussetzen. Selbst Schuld, hat man sich ja so ausgesucht, oder? Neulich war es erst mein neues Lieblingskleid, das als „potthässlich“ bezeichnet wurde, aber oft ist es auch viel grundliegenderes, wie zum Beispiel Kinderbilder im Netz. Von wohl gemeinter Kritik bis stumpfer Beleidigung ist alles dabei.
Als ich damals mit dem Bloggen begonnen habe, da war das ausschließlich für meine Familie, insbesondere meine Oma in Dänemark (die nicht müde darin wird mir zu sagen wie sie das genießt die Bilder der Kinder auf dem Blog zu sehen) und dann eben noch eine Hand voll anderer Leute, die selbst ein Kind mit Down-Syndrom haben. Damals habe ich das Blog nicht nur anders geschrieben, sondern es war auch wesentlich privater.
Heute mache ich das anders.
Nachdem ich ein paar prägende, sehr unschöne Erfahrungen durch das Blog gemacht habe und zwischenzeitlich sogar in Erwägung gezogen hatte alles aufzugeben, gab es zum Schutz unserer Privatsphäre erstmal nur noch Nähposts. Nicht jedermanns Sache, das hat mich damals einige Leser gekostet. Aber auch mich erfüllte das nicht, ausschließlich über meine Nähwerke zu schreiben. Mittlerweile habe ich wieder zu meiner Mitte gefunden und das Blog befasst sich mit vielen alltäglichen Themen. Trotzdem lasse ich sehr viel Privatleben außen vor. Ich entscheide wann ich wo einen kleinen Einblick gebe. Aber es muss sich gut anfühlen.
Die Bilder, die ich zeige, sind wohl ausgewählt und zeigen die Kinder fast ausschließlich in meiner genähten Kleidung. Auch das hat seine Gründe. Über die Kindermodels im Otto-Katalog gab es doch auch nie eine Debatte, oder habe ich das damals einfach nur verpasst? Man stelle sich mal vor, alle Kindermodels in Modeprospekten hätten einen Button oder Balken vor dem Gesicht. Das wäre doch traurig!
Kinder werden ohnehin schon viel zu sehr aus dem öffentlichen Leben ausgeschlossen.
Trotzdem werden die Menschen nicht müde darin sich mit erhobenen Zeigefinger gegen Kinderfotos im Netz auszusprechen, wie das eben so im Online-Leben ist. Die Gründe dafür erschließen sich mir schon. Aber genau so wie ich online nicht sicher sein kann wer sich die Bilder meiner Kinder anschaut, kann ich offline auch nicht sicher sein wer meine Kinder beobachtet und vor allem warum. So weit will ich auch gar nicht denken, denn ich habe meinen Glauben an das Gute im Menschen noch nicht gänzlich verloren.
Auch für mich gibt es Grenzen und eine gewisse Medienkompetenz der Eltern setzen solche Bilder schon voraus, wie bereits auch Jette von Me Supermom in ihrem Artikel sehr treffend zum Thema geschrieben hat.
Aber die Bilder meiner Kinder komplett aus dem Blog heraus lassen – unvorstellbar!
Es gab Zeiten, in denen Kinder mit Down-Syndrom versteckt wurden. Diese Zeiten sind zum Glück vorbei. Warum ich hier Bilder vom Sonnenschein zeige, ist auch allgemein bekannt. Ich muss mich ganz bestimmt nicht für sie schämen! Und es gab nach der Diagnose Down-Syndrom nichts, was mir mehr Mut gemacht hat als all die Bilder der anderen Kinder im Netz.
Manchmal zeige ich auch Bilder vom kleinen Bruder, aber das eher selten. Habt Ihr auch schon bemerkt, oder?
Natürlich könnte ich das Blog auch ohne all die Bilder meiner Kinder führen, das wäre möglich, würde aber dennoch irgendwie keinen Sinn machen. Dass ich die Bilder vom Sonnenschein zeige, hat auch weniger was mit Selbstdarstellung zu tun, die einem ja auch ganz gerne in dem Zusammenhang unterstellt wird, sondern viel mehr mit der Verantwortung, in der ich mich sehe, meinem Kind ein barrierefreies Leben zu verschaffen und vielleicht hier und da Berührungsängste und Vorurteile abzubauen.
Bilder sprechen noch einmal eine eigene Sprache.
Ich kann sagen, dass ich ein ganz wunderbares und manchmal sogar sehr fröhliches Kind habe, dass es meistens gar kein Thema ist, dass es das Down-Syndrom hat, sie auf ihre Art und Weise einfach toll ist und alles andere als dumm…
Bilder lassen noch einmal ihren eigenen Interpretationsspielraum.
Bilder von mir verbergen im Moment zum Beispiel nur schwer, dass ich gerade ziemlich unter Strom stehe. Ich sehe auf den meisten Bildern sehr gestresst und angespannt aus, auch wenn ich es in dem Moment der Aufnahme gar nicht bin. Ein kleiner Blick in meine Seele und dem Stück Alltag, den ich im Blog komplett außen vor lasse.
Das Blog ist über die Jahre zu einem kleinen Herzblut-Projekt geworden. Ich bin im Reinen mit dem, was ich im Blog zeige und mit dem, was ich lieber außen vor lasse. Ich entscheide worüber ich schreibe, welche Bilder ich zeige und welche lieber nicht.
Ich positioniere meine Meinungen zu bestimmten Themen, wie zum Beispiel die Inklusion, die ich stark befürworte, aber ich bin auch nicht verschlossen für andere Meinungen. Dass nicht jeder so tolerant ist, sehe ich dann an dem Leserschwund genau zu den Themen rund um das kleine Extra des Sonnenscheins (früher waren das mal die Nähposts… okay, der Wandel der Zeit eben).
Vor ein paar Jahren wäre man vielleicht noch nicht auf die Idee gekommen einen Blog über sein Familienleben zu schreiben. Ich hätte wahrscheinlich auch nie eins geschrieben, wenn es den Sonnenschein nicht gäbe. Es gab auch nicht so viele öffentliche Meinungen zu all den Themen rund ums Familienleben, aber man musste sich auch nicht ständig für seinen eigenen Lebensstil rechtfertigen.
„Für unsere digitale Gesellschaft ist das Netz zum Lebensraum mutiert und Social Media sind wir die Straßen oder ein Marktplatz. Das ist ein ÖFFENTLICHER Raum.“ schreibt Tollabox in ihrem Post sehr treffend. Und genau in diesem Raum finde ich es wichtig, dass vor allem Kinder ihren Platz haben dürfen. Insbesondere Kinder, wie den Sonnenschein.
Besonders viel Zustimmung haben übrigens die Posts von Herz und Liebe und von Leitmedium, der das Thema noch einmal populärkulturell in einem großartigen Artikel durchleuchtet hat, erhalten. Aber auch beim Post von Mama notes, die schreibt, dass es eine persönliche Entscheidung der Eltern ist, ob man Kinderbilder im Netz zeigt, saß ich eifrig kopfnickend vor dem Rechner.
Es wird sicherlich immer wieder eifrige Debatten zu diesem Thema geben und Menschen, die ihre Meinungen vehement verteidigen. Das lässt sich auf sämtliche Lebensbereiche übertragen. Meine Entscheidung kennt Ihr, aber vielleicht sieht diese in ein paar Jahren auch wieder anders aus.
Stoff: Sommersweat flieder von lillestoff
Schnitt: Minikrea 30212
Plotter-Einstein inspiriert von aenni
<3
Was wäre dein Blog ohne diese wundervollen Fotos von deinem Sonnenschein. Mir zaubern sie immer ein Lächeln ins Gesicht. Dein Blog macht mit Sicherheit vielen Eltern, die mit "besonderen" Kindern leben, Mut diese nicht zu verstecken. Damit sehe ich ihn als absolut wertvollen Beitrag unserer Gesellschaft dahin bringen Inklusion wirklich zu leben. Ich bin ein großer Fan und hoffe, dass du uns noch lange an deinen Gedanken und Erlebnissen teil haben lässt und dass Sonea noch lange Lust hat für uns so wunderbar zu posen.
Ich selbst kann zur eigentlichen Diskussion nur folgendes beitragen: Mein Goldkind wird auch regelmäßig für den Blog abgelichtet und gezeigt. Sie weiß im Grunde auch wo die Bilder auftauchen. Allerdings achte ich darauf, dass die Bilder nicht mit ihren richtigen Namen "googelbar" sind. Deshalb nenne ich sie im Blog immer nur "Goldkind". Ich bilde mir ein, dass es sie davor schützt unter Umständen ausgelacht zu werden, wenn sie z. B. als Jugendliche für Freunde mit diesen Bildern findbar ist. Ob diese Idee am Ende aber wirklich hinhaut weiß ich aber im Grunde nicht.
LG Corinna
Hallo Katharina,
ich bin ganz deiner Meinung, das jeder selbst entscheiden kann ob und welche Bilder er ins Netz stellt. Ab und an stelle ich auch mal ein Bild meiner Enkel ins Netz, aber nur weil ich weiß das die Eltern das selbst auch tun. Wenn die Eltern das ablehnen würden würde ich dies akzeptieren und eben den Kopf mit einem Balken versehen oder ähnliches.
Und ich mag deine Bilder vom Sonnenschein. Sie strahlt so viel Freundlichkeit aus und manchmal auch Trotz. Und leider gibt es in unserer Gesellschaft noch viel zu viele, die behinderte Kinder (ganz gleich welcher Art) aus der Öffentlichkeit verbannen würden.
Ich wünsche mir weiterhin so bunt gemischte Post von dir wie bisher und freue mich auf jeden Einzelnen.
Liebe Grüße
Claudia
Liebe Katharina,
Ich msg alle deine Beträge, egal ob es ums Nähen, der Inklusion (finde ich wahnsinnig toll, ich habe nämlich so noch keine Berührung mit diesem Thema), der Sonnenscheinextrasd oder eine Produktempfehlung geht. Ganz toll finde ich auch die Blogreihe, bei der andere zu Wort kommen. Musste mal geschrieben werden.
Nun zum Thema, ich mag deine Einstellung zu euren Kinderfotos! Mein Mann und ich sind diesbezüglich unterschiedlicher Auffassung und daher sind unsere Kinder gesichterlos.
Liebe Grüße, Karin
Es wird keiner gezwungen, Posts zu lesen. Es ist schnell gemeckert, aber besser gemacht eben nicht. Und oft sind die, die am lautesten brüllen, die, die es keinen Sch…. besser machen. Ich finde dich, deine Kinder, deinen Mann und deinen Blog wunderbar, auch wenn ich euch nur virtuell kennen darf. Zu Nähposts gehören Tragebilder und die mit Kopf und Gesicht. Was ist daran schlimm, sein Kind in einem tagestauglichen Kleidungsstück zu zeigen? Versteh da die Aufregung oder die Kopfwegretuschier- oder -fotografiererei kein bisschen. Mach bitte genau so weiter, ohne dich und deine Familie, die tollen Berichte gerade über das Besondere, wäre die Bloggerwelt um einiges ärmer. Erst gestern hatten wir hier in unserer Dorfgemeinschaft Lautenbach einen Tag der offenen Tür und ich kann dir gar nicht sagen, wie toll ich es finde, dass sich diese besonderen Menschen so ins Zeug legen und freuen auf einen Tag, der im Grunde nur ganz viel Arbeit mit sich bringt.
LG Katrin
Ich glaube, diese Entscheiung muss jeder selber treffen. Was den Kritikern wohl Angst macht, ist dass, das es zu den gezeigten Kindern, die ja ein größeres Publikum als draußen vor der Tür haben, die Hausadresse im impressum gleich dazu gibt. Glaub ich zumindest. Ich denke mir aber auch, dass es wichtig ist, was für Bilder man zeigt. Die Bandbreite ist ja riesig und reiht von katalogähnlichen Bildern (die ich sehr gerne anschaue), bis hin zu Schnappschüssen, die den Nachwuchs in selbstgenähter Unterwäsche zeigen. Was meiner Meinung nach zu viel gezeigt ist. Ich zeige meine Kinder auch nicht klar. Vor allem mein Mann hat da Bedenken. Und bei Kindern, die etwa sieben Jahre alt sind, müssen die Kinder mit der Veröffentlichung einverstanden sein (hab ich neulich irgendwo gelesen). Am Ende muss jeder für sich entscheiden. Und du hast es geschrieben; es muss sich gut anfühlen! Das kann niemand anders für mich bestimmen, als ich selbst!
Viele liebe Grüße
Julia
Das ist jetzt die erste Ausführung PRO Kinderfotos im Netz, bei der ich nicken muss. Das hast du toll geschrieben, deinen Standpunkt. Dankeschön dafür. <3 Ich gehöre zu der Kategorie Kinder-ohne-Gesicht und fühle mich mit diesem Weg sehr wohl. Mein Weg eben.
Liebe Grüße
Sarah
So ähnlich schreibe ich das auch immer wieder, wenn mal wieder jemand meint mir mit dem erhobenen Zeigefinger vor der Nase zu fuchteln.
Doch diese Mahner stören mich inzwischen weniger als die Leute, die denken sie wüssten ALLES über uns, nur weil denen bekannt ist, dass ich ein pinkfarbenes Waffeleisen habe.
Du machst das richtig, denn es erreicht die Menschen und Stänkerer gibt es überall und meist ist da der Antrieb nicht der gut gemeinte Rat, sondern Neid und Missgunst.
Ich freu mich immer über Bilder mit Mandelaugen
Martina