Mein Leben mit dem Besonderen begann am 18.12.2013 mit 21 Jahren, als ich einen positiven Schwangerschaftstest in den Händen hielt. Nichts ahnend was uns noch alles erwarten wird.
Mitte April erfuhren wir, dass unser Baby ein Mädchen wird. Ich war so verliebt in unser Wunschkind. An diesem Tag erfuhren wir aber auch, dass sie höchst wahrscheinlich anders sein wird. Wie sehr anders konnte uns der Arzt damals nicht sagen. Oder wie sie es überhaupt betreffen wird. Die Wochen vergingen. Ich habe oft über die Worte des Arztes nachgedacht, aber nichts desto trotz freute ich mich auf die Geburt. Am 22.08.2014 kam sie zur Welt. Völlig unafällig. Anfangs. Die erste Nacht verbrachte sie auf meiner Brust. Da fiel mir schon auf, dass sie komisch atmete. Mal gar nicht, mal schnell.
Sie kam auf die Intensivstation. Dort wurde sie erstmal untersucht. Nach ein paar Tagen bekam sie eine Blutvergiftung und kämpfte um ihr Leben, da war mir klar, egal wie schlimm die Diagnose ist, Hauptsache sie lebt und ist bei uns. Nach der Sepsis bekamen wir die Diagnose Joubert Syndrom.
Anfangs ein Schock, tausend fragen schossen uns damals durch den Kopf. Ich hab mich damals so oft gefragt, ob sie jemals lachen wird. Auch wenn es banal klingt, für mich war das damals einer der wichtigsten Fragen. Am Schlimmsten waren diese Ängste für mich, wenn ich meine Tochter in der Nacht nicht bei mir hatte. Sobald ich sie sah waren alle Ängste und Sorgen wie weggeblasen. Ich sah nicht ein besonders Kind vor mir. Ich sah einfach meine Tochter. Meine wunderbare, perfekte, kleine Tochter.
Nach der Entlassung war ich plötzlich Teil einer anderer Welt. Man lernte Menschen kennen, die man sonst nie kennengelernt hätte. Man lernte Begriffe, die ich vorher noch nie gehört hätte. Wir hatten eine vollgeplante Woche mit Arztterminen, Physiotherapie, Frühförderung usw.
Manchmal kam ich mir gar nicht vor wie die Mama, sondern wie die Krankenschwester meiner Tochter. Aber ich lernte mit der Zeit damit umzugehen. Ich lernte auch mit Vorurteilen umzugehen. Vor meiner Tochter sah ich Eltern mit besonderen Kindern mit einem anderen Blick. Ich hatte Mitleid mit ihnen. Jetzt weiß ich, dass das Unsinn war. Solche Eltern verdienen Respekt. Ich weiß mittlerweile auch wie sich dieser Blick anfühlt. Und ich finde es so wahnsinnig schade.
Ich will kein Mitleid. Ich liebe meine Tochter so wie sie ist. Sie ist für mich einfach perfekt. Und ich würde sie niemals eintauschen wollen. Sie ist ein kleiner Sonnenschein. Nie wird für mich etwas selbstverständlich sein, kein Schritt, kein Wort. Für mich ist alles was sie bis jetzt gelernt hat ein Wunder. Und ich bin dankbar, dass ich dieses Wunder miterleben darf.
Hallo,
ich habe vorher noch nie von einem Joubert Syndrom gehört. Vielen Dank für den Bericht. Ich habe den aller größten Respekt vor Elternpaare die es schaffen gemeinsam mit ihrem besonderen Kind ein zufriedenes Leben zu führen. Es ist nicht einfach diese Belastung Tag und Nacht und trotzdem alles gemeinsam zu machen. Viele Ehen zerbrechen daran und ein Elternteil wird dadurch total überfordert. Machmal hat man Glück liebevolle Großeltern zu haben, die den Enkel so lieben wie er ist und sich über einen wenn auch noch so kleinen Fortschritt freuen und dankbar sind. Man erkennt auch, wer ein wirklicher Freund ist. Ich habe festgestellt, dass viele erwachsene Menschen nicht mit dem Besonderen umgehen können. Kinder sind da ganz anders. Im Alter eines Menschen passiert so viel und er kann durch einen Unfall oder eine Erkrankung z.B. Alzheimer ein besonderer Mensch werden. Ich wünsche Euch viel Kraft, Liebe und Verständnis Anderer.
Liebe Grüße Inge