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Mein Leben mit dem Besonderen #79 Lerntherapie

Ich musste immer viel lernen, dennoch machte ich das Abitur und studierte. Es gab Lehrer, die ich mochte, es gab aber auch die, die ich gar nicht mochte.

Dann wurde ich Mutter zweier Kinder. Als meine Tochter in die Schule kam, wurde schnell klar, dass es sehr schwer werden würde. Sie hatte eine Lese-Rechtschreibschwäche und Rechenschwäche. Die Hauptursache ist ihre Beidhändigkeit, hervorgerufen wahrscheinlich durch einen kurzzeitigen Sauerstoffmangel während der Geburt.

Meine Tochter besuchte noch die 1. Klasse, als die Lehrerin mir sagte, dass meine Tochter nie mehr als die Hauptschule schaffen würde. Heute spricht meine Tochter vier Sprachen und studiert BWL.

Später kamen die Probleme meines Sohnes dazu, der hochbegabt ist und sich in der Schule oft langweilte oder mit den Lehrern anlegte.

Als meine Kinder die Schule beendeten, war ich gerade arbeitslos. Irgendwie wusste ich plötzlich, dass ich Lerntherapeutin werden musste. So viele Jahre las ich alles, was es zu diesem Thema gab, besuchte ich Lehrerfortbildungen, leitete eine Selbsthilfegruppe, kurzum war zu einer Expertin geworden.

Ich studierte zwei Jahre lang Psychologie, ließ mich zur Legasthenietrainerin ausbilden und machte mich vor fast 14 Jahren in Berlin selbstständig. Dort führte ich zuletzt 2 Praxen mit fast 100 Schülern und 10 Honorarkräften.

Im Mai zog ich nach Paderborn. Hier eröffnete ich eine neue Praxis.

Seit vielen Jahren beschäftige ich mich nun mit diesen Themen. Mein Beruf ist meine Berufung. Ich erarbeitete eine eigene Methodik, eigenes Arbeitsmaterial und eigne mir immer wieder neues Wissen und neue Methoden an.

Ich teile in einem Blog und auf Facebook mein Wissen und meine Gedanken zu diesen Themen, denn sie liegen mir am Herzen.

Ich verstehe einfach nicht,

warum immer noch viele Lehrer sagen, dass sie nichts über diese Themen wissen,

warum die LRS und die Rechenschwäche praktisch aus der Inklusion ausgeklammert werden,

warum Eltern immer noch gesagt bekommen, dass sich das vielleicht auswachsen würde oder dass sie ihr Kind nicht richtig erziehen,

warum Eltern faktisch immer wieder Alleinkämpfer sind,

warum die Studenten nach wie vor nichts über Legasthenie und Dyskalkulie während ihres Studiums vermittelt bekommen

… ?

Eines ist klar: Lernprobleme wachsen sich nicht einfach so aus. Die Betroffenen benötigen Unterstützung, und zwar so schnell wie möglich. Ist der Frust erst einmal da, verlieren die Kinder den Glauben an sich und hinken sie hinterher, dann können sie das in den meisten Fällen ohne Hilfe nicht mehr schaffen.

Nur ein Beispiel: Wenn ein Kind Probleme im Hunderterbereich hat, wie soll es dann im Tausenderbereich rechnen?

Heute haben die Lernprobleme der Kinder viele Ursachen, mit der Erziehung hat das jedoch wenig zu tun. Ein großes Problem ist die Schule selbst. Es wird zu viel zu schnell vermittelt, sehr selten Stoff wiederholt und zu wenig Rücksicht auf die individuellen Fähigkeiten der Kinder genommen. Das sind nur einige wenige Ursachen!

Ich zeige Ihnen in den nächsten Blogbeiträgen gerne, worauf Sie achten sollten und vor allem, wie Sie ihrem Kind helfen können. Im nächsten Beitrag erkläre ich, wie Kinder die Zehnerzerlegung mithilfe von Bildern schnell und effektiv erlernen können.

10 Kommentare

  1. Knodel Inge sagt

    Vielen Dank für diesen Bericht. Schön, dass es Menschen wie Sie gibt. Alles Gute

  2. Vor zwölf Jahren habe ich eine Ausbildung zur Legasthenietrainerin gemacht und war auch einige Jahre selbstständig. Als die heute Sechsjährige zur Welt kam, wurden andere Dinge wichtig und Selbstständigkeit und Alleinerziehende mit vier Kindern passte nicht ganz zusammen. Ich bereue es, dass ich mich nie mehr getraut habe in die Selbstständigkeit zu gehen. Es gibt so viele Kinder, die durch das System Schule ihrer Chancen beraubt werden. Danke für Deinen Bericht.

    • Ich bin davon überzeugt, dass alles zu seiner Zeit kommt. So lange meine Kinder die Schule besuchten, hätte ich es auch nicht geschafft, mich selbstständig zu machen. Zeit für die eigenen Kinder wäre ja nicht mehr gewesen. Jetzt sind meine Kinder groß. Da ich kann meine ganze Kraft in die Arbeit stecken. Ich komme oft erst spät nach Hause. Das geht nur sehr schlecht, wenn man selbst kleine Kinder hat.

  3. Ann-Kristin sagt

    Ich weiß, warum viele Lehrer sagen, dass sie nichts über dieses Thema wissen – weil sie es tatsächlich nicht wissen! Es wird im Studium nicht und danach in der Referendariatsausbildung erst recht nicht vermittelt, und wenn man dann fertiger Lehrer ist, 26 Stunden oder mehr unterrichtet, jede Woche Konferenzen, Arbeitsgruppen- oder sonstige Treffen hat, Elterngespräche führt, Unterricht vor- und nachbereitet, Klassenarbeiten und Klausuren korrigiert, usw., dann hat man als Lehrer, der seinen Job gut machen möchte, einfach keine Zeit, sich zusätzlich zu solchen Themen fortzubilden. Das ist leider so, dass solche Dinge dann tatsächlich am individuellen Interesse der Lehrperson hängen – es gibt ja so viele Dinge, die getan werden sollten/ könnten/ müssten. Dazu möchte ich aber auch betonen, dass viele Schulen inzwischen ein wirklich gutes Netzwerk an (einzelnen) aus-(weiter-)gebildeten Kollegen hat, die sich tatsächlich auskennen oder zumindest Hilfe vermitteln können. Aber ja, im normalen Schulalltag, von Stunde zu Stunde ist es tatsächlich schwer, damit umzugehen. Für Lehrkräfte und betroffene Schüler.

    • Ja, leider ist das noch immer so. Letzten Freitag war ich in Göttingen bei einer Konferenz. Dort stand ganz am Ende eine junge Frau auf und erzählte, dass sie 5 Jahre lang studiert habe und nun am Ende des Referendariats sei. Dennoch wisse sie immer noch nicht, wie man eine Legasthenie erkennen könne und auch nicht, wie man helfen könne. Das ist nicht zu verstehen! Unfassbar!
      Tatsächlich wird den Lehrern immer mehr zugemutet. Inklusion zum Beispiel, ohne jedoch genug Personal und finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen und die Lehrer ordentlich dafür auszubilden.

  4. Doro allgaier sagt

    Danke! Mit diesen Dingen „schlagen“ wir uns derzeit auch herum. LRS ja oder nein und was kann man tun damit das mit dem lesen besser wird… Es ist vor allem auch ein echtes Labyrinth, denn wer ist nun für was zuständig wenn es um Diagnostik und evt Therapie geht? Wenn man das nämlich selbst bezahlen muss wird das echt kostspielig.
    Es ist super dass es gerade in diesem Bereich Leute gibt, die echte Fachkräfte sind!
    Weiterhin viel Erfolg bei Ihrer Arbeit!

    • Für das Lesen ist es das Beste, mit Silben zu beginnen. Der Mildenberger Verlag hat gute Bücher für Leseanfänger und Erstlesebücher, da dort mit Silben begonnen wird. In den anderen Büchern sind die Silben farbig markiert. Das ist eine sehr gute Hilfe. Es gibt auch ganz einfach Bücher für Leseanfänger. Da habe ich auch immer jeder zweite Silbe markiert. Das geht auch! Alles Gute!

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