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Mein Leben mit dem Besonderen #70 Down-Syndrom und Leukämie

Es ist immer schwierig einen Anfang zu finden. 10 Jahre sind vergangen, seit Jolina geboren wurde. Vieles hat sich verändert, viele Dinge, die wir nach der Geburt über das Leben mit DS-Kindern dachten, sind nicht eingetreten. Wir sehen nur eine fröhlich, aufgeweckte Dame, die so langsam aber sicher in die vorpubertierende Phase kommt. Anfang Juni stand bei Jolina ein Entwicklungsgespräch an. Vier Jahre Schule – ein kleiner Rückblick und wie die Chancen für ihr späteres Leben aussehen könnte. Stefan war dort und war sehr positiv überrascht über die tolle Entwicklung unserer Tochter in der Schule. Ich ebenfalls.

Es freut mich riesig zu hören, dass die Lehrer sich einig sind, dass sie definitiv eine selbstständige Frau werden wird, die ihr Leben selbst in die Hand nehmen kann. Natürlich in ihrem Rahmen. Sie trauen ihr zu, dass sie demnächst auch allein mal zur Schule fahren kann. Und das sie auch dort ankommt. Nur die Mama ist da leider eine Bremse. Hüstel. Man kann ihr Aufgaben erteilen, die sie auch gewissenhaft ausführt, sie kommt sogar dann selbstständig zurück und trödelt nicht im Schulgebäude umher. Sie ist ausdauernd und schafft es sogar Aufgaben zu Ende zu bringen, ohne sich ablenken zu lassen. Natürlich wird vorher diskutiert bis die Nerven der Erwachsenen blank liegen, aber dann erledigt sie in einem Affentempo die Aufgaben, dass einem die Ohren wackeln. Klar hat sie auch ihre Defizite, zum Beispiel mag sie schreiben und lesen so gar nicht. Da fallen ihr auch unendlich viele Dinge ein, wie man um diese unangenehmen Sachen herumkommen könnte. Rechnen liegt bei ihr im Gegensatz hoch im Kurs. Natürlich gibt es Kinder, die weitaus besser sind, und wir wissen selbst, dass wir mit ein wenig mehr Disziplin unsererseits Jolina auch weiter „vorantreiben“ könnten. Dann wäre sie auch besser, denn es steckt noch Einiges in ihr, davon sind wir schon überzeugt. Aber im Moment sind wir ganz zufrieden, wie es läuft… Auch wenn sie weiterhin noch nicht Fahrrad fahren kann bzw. nicht will oder besser tauchen als schwimmen kann sind wir mit der Entwicklung von Jolina sehr zufrieden. Schwimmen mag sie gar nicht nicht – und dann überzeugt mal ein Mädchen mit diesem Sturkopf. Lach. Quasi unmöglich. Auch ihre unbekümmerte Art immer ehrlich zu sein, hat uns schon manchmal in für uns peinliche Situationen gebracht. Da wird ein Mann im Wartezimmer eines Arztes mit den Worten „Boah, ist der dick“ begrüßt. Ich wäre am liebsten im Erdboden versunken. Gut er war etwas fülliger, aber wir Erwachsene haben es eben gelernt, den Mund zu halten. Oder in der Kirche bei der Trauung meines Bruders, fällt ihr ein, sie muss mir ihre Verletzung am Mittelfinger zeigen. Nicht mit der flachen Hand, nein nur der Mittelfinger wurde in Szene gesetzt….

Wenn wir zurückblicken, hätten wir uns nie träumen lassen, dass unsere so gut in der Schule ist und lesen kann und rechnen unendlich mag. Das sie gern bastelt und das mit einer Ausdauer und Ruhe. Wäre es uns damals nach der Geburt ein wenig bewusster gewesen, dann wären nicht so viele Tränen geflossen. Für uns ist einfach damals die Welt zusammengebrochen, denn der Traum, den man sich ausmalt, was ein Kind alles machen wird und sein kann, zerplatze von jetzt auf gleich.

Aber man jammert eben auf hohem Niveau, denn es gibt durchaus Schlimmeres als DS zum Beispiel als wir nach 2 ½ Jahren eine weitere  Nachricht erhielten, dass uns abermals die Beine unter den Füßen wegzog. Aber lest selbst, wie wir es damals erlebten.

Wenn man die Statistik betrachtet, dann ist das Risiko bei Kindern mit DS sehr hoch an Leukämie zu erkranken. Aber wir als Meister des Verdrängens, denken immer, uns wird das schon nicht passieren. Das erhöhte Risiko ist zwar vorhanden, aber man hofft, man bleibt verschont.

Wir wurden eines besseren belehrt.

Nach gut 2 ½ Jahren hatten wir uns langsam damit abgefunden, dass Jolina mit einem zusätzlichen Chromosom geboren wurde. Die Abstände, an denen ich mich fragte, warum wir, wurden von Mal zu Mal größer. Es spielte sich langsam alles ein. Mehrmals in der Woche ging es zu den notwendigen Therapien. Und seit September ging Jolina in die Kinderkrippe.

Ich hatte endlich wieder einen Job gefunden, der mir Spaß machte und wo ich für einige Stunden, einfach keine Mama sein musste. Wo und ich nicht ständig unter Strom stand und mich immer wieder fragte, wie kann ich mein Kind am besten fördern ohne es zu überfordern. Alles verlief harmonisch. Und so langsam kehrte Routine ein. Und dann kam der Tag, den wir nicht mehr so schnell vergessen werden. Verdrängen ja, vergessen nein.

Jolina war an diesem besagten Tag, wie den Tag davor auch, bei unserer Tagesmutter untergebracht. Die Kinderkrippe hatte auf Grund einer Weiterbildung geschlossen. Am Tag zuvor berichtete unsere Tagesmutter bereits, dass mit Jolina irgendetwas nicht in Ordnung sei. Was wir am Abend jedoch nicht bestätigen konnten. Sie wirkte zwar etwas müde, aber wir haben es auf andere Dinge geschoben. Sie musste die Woche davor, etwas zeitiger aufstehen, da wir von der Arbeit aus, beide etwas früher beginnen mussten. Den Freitag davor ging sie sogar freiwillig ins Bett, was uns sehr wunderte, wir aber nicht weiter ernst nahmen.

An jenem besagten Tag, ein Dienstag, genauer gesagt, der 15. April 2008, fuhr ich nach der Arbeit zur Tagesmutter, um Jolina abzuholen. Sie berichtete, dass Jolina an diesem Tag nur schlafen wollte. Sie wollte nichts essen, nicht spielen und sie sähe ziemlich blass aus. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich doch ziemlich hin und her überlegte, ob ich mit ihr zum Kinderarzt fahren sollte oder nicht. Ich habe mich dann zu einem Besuch beim Kinderarzt entschlossen. Ich dachte an nichts Ernstes, wer denkt schon in dieser Situation an Leukämie. Na ja, beim Kinderarzt wurden wir mit den Worten begrüßt: „Oh Jolina, du siehst aber gar nicht gut aus, du bist ja so blass.“ Bei mir stand dann ein sehr großes Fragezeichen auf der Stirn. Mein Kind und blass, warum sehe ich das bloß nicht?

Während der Untersuchung wurde unser behandelnder Arzt immer unruhiger. Bei der gründlichen Untersuchung der Bauchgegend, informierte er mich darüber, dass er etwas gefunden hätte und dass bei ihm ein Verdacht aufgekommen wäre, den er mir aber erst einmal nicht sagen möchte. Er verschrieb uns eine Überweisung fürs Krankenhaus und bat uns, sie dort gründlich untersuchen zu lassen.

Einige Monate später, bekam ich seinen Diagnosebericht in die Hände. Er hatte die zuvor diagnostizierte Vergrößerung der Milz als Tumor interpretiert. Im Nachhinein hatte sich sein Verdacht nicht bestätigt. Ich bin auch ganz froh, dass er es mir in seiner Praxis nicht mitteilte. Ich glaube nicht, dass ich dann noch mit dem Auto hätten fahren können.

Dies alles passierte innerhalb von 2 h. Nun saßen wir in der Aufnahme des Krankenhauses. Unsere Tochter machte einen schlappen Eindruck, aber sie war noch gut drauf. Es war eigentlich unvorstellbar, Jolina und richtig krank – niemals, nicht so wie sie drauf war.

Nach einiger Zeit wurden wir endlich aufgerufen und aufgenommen. Wir teilten der Bereitschaftsschwester mit, dass  wir noch keine Ahnung hätten, warum wir hier sind. Der Kinderarzt hatte uns seine Diagnose ja nicht mitgeteilt.

Mal abgesehen von der Nacht, in der unsere Tochter geboren wurde, stand uns nun die längste Nacht seit Ewigkeiten bevor.

Wir wurden zuerst auf die Station „Oase“ gebracht. Nun hieß es warten. Es war bereits 20:00 Uhr und Jolina wurde so langsam richtig müde. Zwischendurch mussten wir noch zum Ultraschall. Tja und irgendwann waren wir dann endlich mal dran. Nun fing für uns der Alptraum erst richtig an. Jolina brauchte einen Zugang. Die Ärzte wollten Blut abnehmen, um herauszufinden und zu bestätigen, was Sie wohl schon längst vermuteten.

Ich weiß nicht mehr, wie viele Zugängen Jolina am nächsten Tag hatte. Ich weiß nur noch, dass mein Herz blutete, weil sie Jolina in meinen Augen quälten und ich nichts dagegen tun konnte. Sie schrie, sie wehrte sich, aber die Ärzte brauchten einen Zugang. Ich bin irgendwann nicht mehr in den Behandlungsraum gegangen. Ich konnte einfach nicht mehr. Jolina war total zerstochen. Und ich so wütend. Mehrmals habe ich dem Arzt gesagt, legen Sie bitte am Kopf einen Zugang, da bekommen Sie auf jeden Fall ihr Blut. Aber nein, man muss erst einmal Hände und Füße zerstechen, um dann festzustellen, man sollte doch mal einen Zugang am Kopf ausprobieren. Nach langem Hin und Her, hatten die Ärzte dann gegen 1:00 Uhr morgens, mehrere Zugänge, eine ausreichende Menge Blut und ein vorläufiges Ergebnis – Leukämie.

Jolina hatte eine sehr hohe Anzahl an Leukozyten und einen HB-Wert von 3,5%. Wir standen so neben uns, dass wir diese Werte uns erst Wochen später von den Schwestern haben geben lassen. Der HB-Wert liegt bei einem gesunden Kind bei 11-14%. Das hieß, Jolina brauchte dringend Blut. Jolina war zu dem Zeitpunkt immer noch wach. Irgendwann sind wir langsam zur Ruhe gekommen und schon standen die Ärzte wieder im Zimmer. Die Bluttrasfusion war da. Wieder kam ein neuer Zugang hinzu, da die anderen nicht mehr brauchbar waren.

Gegen 5:00 Uhr morgens konnten wir endlich einschlafen. Trotz der ganzen Aufregung hatte Jolina irgendwann doch etwas  Hunger. Leider durften wir ihr nichts geben. Denn es stand ja bereits die OP für den Katheder an, der am Mittwochmorgen gelegt werden sollte.

Wann die OP standfand, weiß ich nicht mehr. Ich weiß jedoch noch, ich fühlte mich elend. Ich wusste nicht wie lange die OP dauern würde. Ich habe kaum etwas wahrgenommen. Ich stand die ganze Zeit neben mir. Auf der Kinderkrebsstation angekommen, hieß es dann warten und Jolina beruhigen. Irgendwann ging es endlich in den OP-Saal. Fast 3 Stunden bin ich im Zimmer auf und ab gegangen, habe zwischendurch versucht etwas zu essen und habe doch nur geweint.

Die Schwestern gingen ein und aus und ich weinte nur. Dann kam Jolina aus dem OP zurück. Kaum kam sie wieder zu sich stand schon die Visite an und in unserem Zimmer. Ich glaube es waren 5 oder 6 Ärzte und einige Schwestern. Ich hörte nur Bla, Bla, Bla und einzelne Brocken „Ja ihr Kind hat zu 95% Leukämie, Studie, Chemotherapie, Freitag geht’s los, gefährlich etc.“ Wums und wieder wurde uns der Boden unter den Füßen weggerissen. Ich muss auch gestehen, ich habe mich mit den Tränen so zurückhalten müssen, denn ich wollte nicht vor diesen Leuten weinen. Nein, diese Blöße wollte ich mir einfach nicht geben, zurückblickend noch nicht.

Ich weiß nicht, wie lange dieses Gespräch dauerte. Mir kam es wie eine Ewigkeit vor bis sie alle das Zimmer verließen und ich endlich meinen Tränen freien Lauf lassen konnte. Jolina schlief noch und hat von alldem nichts mitbekommen. Im Nachhinein habe ich mich doch relativ schnell mit dieser Situation abgefunden. Es war zwar ein Schock, aber dieser saß nicht so tief, wie bei der Diagnose Down Syndrom. Die ersten Tage vergingen hinter einer Wand aus Nebel. Jolina war total verändert. Sie ließ keinen mehr an sich ran. Sogar uns hat sie abgewiesen. Das hat uns schrecklich wehgetan. Aber wir konnten sie verstehen. Sie war total überfordert. Jede Menge neue Gesichter, jeder will etwas von ihr und jedes Mal war dies mit Schmerzen verbunden. Sie wehrte sich und schrie wie am Spieß, wenn die Schwestern nur ansatzweise in die Nähe des Katheders kamen. Wo war unser liebes Kind hin. Würde sie jetzt immer so sein? Es war schlimm mit anzusehen, wie ängstlich unsere Tochter wurde. Sie verstand nicht was los war. Was taten ihr ihre Eltern bloß an? Und warum?

Und dann kam der erste Chemo-Block. 8 Tage lang gab es 3 verschiedene Chemos. Erstaunlicherweise machte es ihr nichts aus. Auch die fast täglichen Untersuchungen am Katheder verliefen von Mal zu Mal besser. Ihre Blutwerte verschlechterten sich auch nicht wie angenommen. Den ersten Block hatten wir mit Bravour gemeistert. Tja, aber gehen lassen wollten sie uns trotzdem nicht. Das hieß dann für uns Tag für Tag abwarten, bis der nächste Block beginnen sollte. Dazwischen lagen 12 Tage, fast 2 Wochen. Aber es kam wieder einmal anders als man es sich zu erhoffen wagte.

Zwei Tage vor dem nächsten Chemoblock, kam Jolina in die Phase, über die wir dachten, diese hätte sie hinter sich gelassen. Sie bekam hohes Fieber, das 13 Tage andauerte, bis es endlich sank. Sie wurde mit verschiedenen Fiebermitteln versorgt, aber sobald eins seine Wirkung verlor, stieg das Fieber wieder an. Ich bin echt am Stock gegangen. Wir hatten echt die Befürchtung, sie schaffe es nicht. Die Ärzte konnten nichts weiter tun. Die Fiebermittel waren bereits an der höchsten Grenze angelangt. Mehr konnten die Ärzte ihr nicht geben. Jolina musste es jetzt aus eigener Kraft schaffen. Und sie hat es geschafft. Viele Tränen habe ich vergossen. Ich kam mir so hilflos vor, ich wollte sie ja nicht verlieren. Aber sie hat gekämpft.

2 Wochen nachdem das Fieber endlich wegging, sollte der nächste Block beginnen. Aber vorher durften wir dann für 2 Tage nach Hause. Das war wie ein Sechser im Lotto. Endlich nach 6 Wochen mal für 2 Tage im eigenen Bett schlafen. Mal etwas Schmackhaftes essen. Und vor allem, wir mussten auf keinen Ständer mit Infusionen neben ihr aufpassen. Vor allem für Bienchen war es super toll. Sie konnte endlich mal schnell rennen, ohne dass sie von Mama ständig ermahnt wurde. Sie ist die ganze K1 Station hoch und runter gelaufen und mit so viel Freunde und Spaß, dass mir ein paar Freudentränen das Gesicht herunter kullerten.

Nun kam der der zweite Block. 96h am Stück sollte die Chemo in den kleinen Körper unseres Bienchens gepumpt werden. Einfach unvorstellbar. Schon nach 24 h, hat sich ihr Körper mit Fieber gewehrt. Sie hat sich so unvorstellbar schnell hochgeschüttelt. Es war so grausam.
Da die Erfahrungsberichte von Kids mit DS nicht so zahlreich sind, haben sich die Ärzte entschlossen, diesen Block erst mal abzubrechen. Und so schnell, wie das Fieber gekommen war, so schnell war es dann auch wieder verschwunden. Es stellte sich heraus, dass Jolina gegen ihre Hauptchemo allergisch reagierte.

Irgendwann durften wir nach Hause. Zwischen den stationären Krankenhausaufenthalten ging es regelmäßig zu Kontrollen in die OBE. Dort wurde kontrolliert, wie weit sich das Blutbild von Jolina stabilisiert hatte, um mit dem nächsten Block anfangen zu können. Den dritten und vierten Block, welche die heftigsten Dosierungen aufwiesen, haben wir sehr gut überstanden.

Und dann kam die Zeit den zweiten Block zu wiederholen. Tja, und wieder bekam Jolina nach 24 h Chemo am Stück sehr hohes Fieber. Aber dieses Mal wurde nicht abgebrochen. Da waren die Ärzte richtig hart und wir mussten nochmals 4 schlimme Tage überstehen. Aber schließlich war es geschafft. Wir hatten den kompletten Block hinter uns gebracht. Nun hieß es abwarten bis sich das Blutbild wieder regeneriert haben würde. Aber es ließ sich sehr, sehr lange Zeit, was die Ärzte schon für sehr ungewöhnlich hielten. Schließlich kam es und wir konnten Anfang Dezember den Katheder entfernen lassen.

Noch zwei Wochen warten und dann konnten wir endlich wieder einmal baden gehen. Ich habe mich mehr gefreut als Jolina. Sie fand es am Anfang sehr beängstigend. Aber nach 10 min fand sie wieder Freude beim Baden und wollte nicht mehr raus.

In dieser Zeit haben wir viele liebe neue Menschen auf der Station kennengelernt und als Freunde hinzugewonnen. Einige Kids haben es leider nicht geschafft und haben uns frühzeitig verlassen. Wir mussten mit ansehen, wie es den Kindern immer schlechter ging. Ich denke heute noch oft an diese Kinder zurück. Daher sind wir um jeden Tag froh, denn wir mit Jolina verbringen dürfen.

Wir fühlten uns auch zwischen den einzelnen Pausen richtig gut aufgehoben. Die Krankenschwestern, die Betreuerinnen überhaupt das ganze Personal hatte immer ein offenes Ohr  für uns. Sie sprangen auch mal ein, wenn ich als Mutter einfach nicht mehr konnte. Auch die Gespräche, die man zwischendurch mit den Menschen führte, die in der gleichen oder in einer ähnlichen Situation standen, haben uns sehr geholfen. Leider muss man auch dazu sagen, bei dieser Situation haben auch wir erkennen müssen, wer unsere wahren Freunde waren oder wer auch nicht. Viele unserer Bekannten konnten mit dieser Situation einfach nicht umgehen und haben sich zunächst erst mal zurückgezogen.

Bei diesem Bericht kann man nur erahnen, mit was einer Heftigkeit, der Körper eines kleinen Menschen, mit schädlichen aber doch notwendigen Mitteln vollgepumpt wird. Da unsere Kinder auf diese Art von Therapien sehr, sehr empfindlich reagieren, werden die üblichen Dosierungen angepasst und stark reduziert. Auch die Dauer der Therapie ist bei weitem nicht so intensiv wie bei „gesunden“ Kindern. Daher hat man, wenn alles relativ gut geht, nach einem halben Jahr, alles so gut wie überstanden.

Danach kehrte wieder Routine ein, Alltag will ich es nicht nennen. Jolina ging dann ab Januar in einen Regelkindergarten und entwickelte sich prima. Rückschläge traten nicht auf und die Routineuntersuchen verliefen ohne Vorkommnisse.

Die Angst wird immer bleiben, dass Jolina auch einen Rückfall, ok mittlerweile wäre es eine neue Leukämie erleiden könnte. Bei jedem Schnupfen oder bei einer auffallenden Änderung ihres Wesens, bekomme ich Panik, heute noch und das nach 7 Jahren. Sie ist nicht mehr so präsent die Angst, aber sie wird bleiben.

Ich muss sagen, dass ich einen sehr kulanten Arbeitgeber habe. Ich war noch in der Probezeit, als die Leukämie bei Jolina ausbrach und er hat mich nach 6 Monaten trotzdem übernommen. Dafür bin ich ihm heute weiterhin sehr dankbar.

Ein „normales“ Leben werden wir nie führen, aber wir sind froh, dass Jolina die Leukämie besiegen konnte. Heute machen wir einfach das Beste aus der jeweiligen Situation. So gut wie es eben geht. Denn schlimmer geht es immer.

Jolina mittlerweile große Schwester eines vierjährigen Wirbelwindes, Stefan und Sandra

Wir haben es gut überstanden und Jolina hat es geschafft, am Leben zu bleiben. Einige, die mit uns zusammen die Zeit im Krankenhaus verbrachten, leider nicht. Und daher sind wir ganz dankbar, wie es heute ist. Wir möchten keinen Tag missen, keinen Tag anders machen – so wie es ist – ist es wunderbar auch mit Höhen und Tiefen. Denn auch bei uns läuft es auch nicht immer alles perfekt und harmonisch zu.

Wer mehr über Jolinas Leben erfahren möchte kann gern unseren Blog besuchen! Der ist war etwas eingeschlafen, aber so die ersten Jahre von Jolina könnt ihr gern dort nachlesen. www.sasujo.blogspot.de

Mittlerweile habe ich anfangen zu nähen und bin seit 2013 total infiziert. Also wer Jolina gern aktuell kennenlernen möchte, darf gern mal auf www.sasujo2.blogspot.de  oder bei Facebook unter sasujo DESIGN vorbeischauen.

Vielen lieben Dank fürs Lesen. Uns geht es heute richtig gut, wir sind um eine große Erfahrung reicher und falls Ihr Fragen habt, gern fragen. Ich versuche es so gut wie es geht noch zu beantworten. Wie schon zum Anfang geschrieben, wir Menschen sind perfekt darin alles gut zu verdrängen… Ich habe bestimmt einiges schon vergessen.

April 2008 – der erste Tag im KH
Bild1.1
nur ein kleiner Teil an Medikamenten, die in Jolina gepumpt wurden
Bild1Bild2
April 2008 – noch mit vielen Zugängen am Kopf
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Mai 2008 – Haare sind ab!

Bild4.1

Bild4August 2008
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Oktober 2009 – heute nach fast einem Jahr ohne Leukämie
Bild6

7 Kommentare

  1. Gabi sagt

    Liebe Sandra,
    vielen Dank für den ausführlichen und ehrlichen, sehr berührenden Bericht.
    Das alles haben wir auch überstanden…
    Unser Mädchen mit DS, bei der Diagnose Leukämie 2 1/4 Jahre, hat alles sehr gut gemeistert und nun hoffen wir auch, dass die Therapie dauerhaft angeschlagen hat..!
    Alles Gute Euch als Familie!
    Liebe Grüße
    Gabi

  2. hallo Sandra ich bin sehr berührt von deiner geschicht, musste auch ein tränchen wischen. ich kann mich ein wenig in dich reinversetzten. meine tochter ist 34 jahre alt und macht Selbstmord auf raten. ich/wir stehen hilflos daneben. am schlimmsten ist jedoch, dass sie alleinerziehend ist. mein enkel ist 11 jahre…was wird uns die zukuknft bringen??? ich weiß es nicht.

    ich werde nun deinen blog besuchen; alles liebe zu dir und deiner Familie *** herzliche grüße barbara

  3. Sandra Götzke sagt

    Meine liebe Sandra,

    Du hast mir Eure Geschichte schon einmal persönlich erzählt. Schon damals hast Du mich damit total berührt. Jetzt hat mich Dein Bericht wieder total gefesselt und wieder sowas von berührt, dass die Tränen wieder wie ein kleiner Bach geströmt sind.
    Ich habe Euch alle so sehr ins Herz geschlossen! Ihr seid eine so tolle Familie und ich wünsche mir für Euch nur das Allerbeste! <3

    Deine Freundin Sandra

  4. Das mit überhaupt entwickelt hat, kommt viell falsch rüber.
    Es sollte heißen so toll entwickelt hat ♥
    Auf keinen Fall negativ gemeint sein.
    Habe es zu spät gesehen und dann schon abgeschickt.
    Verzeiht mir bitte♥
    Liebe Grüße Melanie

  5. Liebe Sandra,

    eure Geschichte hat mich auch tief berührt ♥
    Musste zwischen durch immer wieder weinen und freue mich riesig für Euch, das Jolina alles gut überstanden hat ♥ Das Ihr nach dieser schweren Zeit, wieder glücklich Euren Alltag leben und genießen könnt und sich Jolina so super in der Schule und überhaupt entwickelt hat.
    Liebe Grüße Melanie ♥

  6. dein Bericht hat mich sehr berührt..
    eure kleine Kämpferin hat es erst einmal geschafft..
    und ich hoffe es bleibt auch so
    sie ist ein süßes Mädchen 😉
    ich wünsche euch allen viel Freude und Kraft

    liebe Grüße
    Rosi

  7. Eure Geschichte berührt mich sehr. Ich frage mich manches Mal, wie bestimmt wird, wen welches Schicksal trifft. Ich wünsche euch von Herzen alles Gute mit Jolina und den anderen Zwergen.

    LG Katrin

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