Allgemein, Mein Leben mit dem Besonderen

Mein Leben mit dem Besonderen #7 Therapiechaos – Belastung oder Entlastung

Ich bin ein großer Fan von Katharinas Blog! 
Auf den schönen Blog von Katharina und all die anderen bin ich erst gestoßen, als mein Sohn Tim ca. 1 Jahr alt war….
Da ich die Rubrik „Leben mit dem Besonderen“ sehr toll finde und ich mir wünsche, dass diese bestehen bleibt, dachte ich mir, dass ich ja anstatt lesen auch mal was schreiben könnte. Und sich seine Erlebnisse oder Erfahrungen sozusagen mal von der Seele zu schreiben tut einem ja vielleicht auch manchmal sehr gut…. 
Ich bin 34 und die Mama von Tim. Tim ist unser erstes Kind und im Juni 2012 ebenfalls mit dem Down Syndrom geboren. 
Wir wussten während der Schwangerschaft nichts von Tims besonderem Extra. Und das war auch gut so… Ich hatte eine ganz tolle Schwangerschaft, ich hab die Zeit einfach nur genossen… Ich hatte eine normale Geburt und alles verlief ganz normal. Als der Verdacht auf Trisomie 21 im Raume stand, haben wir einen Chromosomentest machen lassen, der dann den Verdacht bestätigt hat. Dieses schreckliche Gefühl, als es uns den Boden unter den Füßen wegzog, werde ich mein Leben lang nicht vergessen … irgendwie hatten wir ja doch noch die Hoffnung, dass sich der Anfangsverdacht nicht bestätigen würde…
Das erste Jahr nach Tims Geburt war für mich die schwerste Zeit. Der Grund dafür war nicht die Diagnose alleine, sondern wie wir oder ich mit unserem Kind betreut wurden, ob von Seiten meiner Hebamme oder der ersten Kinderärztin. Speziell das Thema Physiotherapie hat einen großen Teil meiner Kräfte und Energie gekostet. Wir standen sozusagen völlig alleine in dieser „neuen Welt“…. Ohne Reiseführer, ohne Sprachkenntnis, noch dazu völlig orientierungslos. 
Los ging es schon bei der Diagnoseübermittlung nach dem Chromosomentest (wir haben 2,5 Wochen auf das Ergebnis gewartet!!! Der Chromosomentest wurde 1 Woche nach Tims Geburt bei der Kinderärztin gemacht, da ich im Krankenhaus nachgehakt habe, ob alles ok sei, weil mir Tims Augen so auffällig erscheinen und mein Bauchgefühl gesagt hat, dass irgendwas anders ist…. Diese Aussage wurde vor meiner Entlassung nochmals angesprochen und die Ärzte und Hebammen waren sich nicht sicher….. Ich wurde entlassen und der Arzt hat uns aber dann doch nahegelegt, einen Chromosomentest machen zu lassen… Im Nachhinein finde ich es sehr verantwortungslos… was wäre gewesen, wenn Tim organische Schäden gehabt hätte….??? Wir wussten damals ja noch gar nix über das Down Syndrom und seine möglichen „Nebenwirkungen“… Es hat bei mir den Eindruck erweckt, die wollten „mit dem Thema“ einfach nix zu tun haben….)Die damalige Kinderärztin wusste überhaupt nix mit uns anzufangen. Wir haben keine gute Aufklärung bekommen, sie hat uns völlig betröppelt angesehen, als wir sie fragten, was die Diagnose jetzt bedeutet und wie sich das alles so auswirkt…. Sie hat mir nur eine Telefonnummer einer anderen Mama gegeben, die ein Jahr zuvor einen Sohn mit DS bekommen hat. Sie hat uns nicht mal zu einem Kardiologen überwiesen…. Wie gesagt, bis dahin wusste ich ja noch nicht mal, dass Kinder mit Down Syndrom oftmals organische Beeinträchtigungen haben können….Es war einfach alles sowas von unprofessionell…
Meine Schwester, die als HEP arbeitet und meine Mama (die selber vier Kinder hat) haben uns dann über vieles informiert und aufgeklärt, auch dass Tim schnellstens organisch untersuchen werden muss!! Zu dieser Zeit war Tim dann bereits 3 Wochen alt…. Nicht auszudenken, wenn da irgendwas gewesen wäre!!
Ab sofort habe ich mich oder wir uns um alles selber gekümmert und einen Termin im ZK in Augsburg beim Kinderkardiologen vereinbart… Gott sei Dank war organisch alles fit und auch das Herz war ok!
Die Kinderärztin hat uns nie wieder gesehen… 
Ich war dann anfangs in der örtlichen Frühförderstelle bei uns im Ort. Bei uns im Ort werden alle, die mit ihren Babys (Frühchen, entwicklungsverzögerte Kinder, Kinder mit Behinderung…) zur Krankengymnastik müssen oder eben Therapie machen sollen, automatisch zur örtlichen Frühförderstelle geschickt. Ich hatte ja auch da keine Ahnung, was gemacht wird, wenn man mit seinem Baby zur Krankengymnastik gehen muss oder soll. Hier wurde ich mit ziemlich veralteten Denkansätzen und Bildern von Kindern mit Trisomie 21 konfrontiert. Im Wartezimmer hing ein Down Syndrom Plakat von 1989…. Total ausgeblichen und alles andere als fröhlich….Aber ich wusste es bis dahin ja auch nicht besser…. Meine beiden Schwestern arbeiten zwar beide als HEP. Aber ich muss gestehen, dass das Thema Down Syndrom oder generell Behinderungen für mich zuvor nie relevant war… ich gehörte zu den Menschen, die Berührungsängste damit hatten….
Es wurde dann mit Vojta bei Tim angefangen. Als ich genauer wissen wollte, was das genau ist, warum man genau das macht, was das bewirkt etc….. hat mir die damalige Therapeutin einen Flyer in die Hand gedrückt, denn sollte ich mir durchlesen. Ich fand das zwar irgendwie komisch, hab ihr aber vertraut und ich fand sie anfangs auch ok. Ich hatte bis dato keine Erfahrung mit Therapeuten, ich habe zuvor sowas nicht benötigt.
Im Nachhinein ärgere ich mich, was ich da hab über Tim und mich ergehen lassen, schon alleine wegen der Einstellungen und Sichtweisen. Ich war zu dieser Zeit einfach in so einer Schockstarre und hab gedacht, dass dieser Ablauf jetzt einfach zu unserem Leben gehört und war völlig neben der Spur, sonst hätte ich vielleicht gleich angefangen mich anderweitig umzusehen. Aber ich war wie gefangen…. Ich habs einfach nicht auf die Reihe gebracht, was zu ändern…Aber irgendwie in meinem Inneren hab ich immer einen Stimme gehört, die mir gesagt hat, dass das nicht der richtige Ort für Tim und mich ist…. Und dass es irgendwo eine Anlaufstelle gibt, die ein anderes Bild von meinem Kind und generell von Kindern mit DS haben müssen…… 
Tim ist es nach ca. 7 Monaten nicht mehr so gut gegangen, es fing damit an, dass er nicht mehr gestillt wurde und er irgendwann ziemlich schlecht gegessen hat. Trotz Krankengymnastik ist seine Asymmetrie und die extrem ausgeprägt Instabilität im Halswirbel, Schultergürtel und Atlas nicht besser geworden….. Er hat sich extrem überstreckt, hat angefangen zu schielen und war sehr unzufrieden, weil er mehr mit seinem Körper machen wollte, als er konnte….Ich hab mir solche Sorgen um meinen süßen Buben gemacht!! Ich war echt verzweifelt und hatte einfach Panik!!! Ich habe das Thema immer wieder zur Sprache gebracht, aber es wurde immer wieder abgetan mit der Aussage, das sei bei manchen Kindern mit DS einfach so…
Nach den Terminen bei der damaligen Physiotherapeutin in der Frühförderstelle war ich sehr oft ausgepowert, niedergeschlagen und habe viel geweint, weil ich einfach wusste, das passt alles nicht, das kann doch nicht so weitergehen…
Als Tim dann 6 Monate war, bin ich einmal im Monat mit ihm nach Augusburg zu einem Mutter-Kind Treffen vom Verein „Einsmehr“ gefahren.(Auf den Verein bin ich ebenfalls durch Eigenrecherche gestoßen…) 2012 sind im Augsburger Raum einige Babies mit dem besonderen Extra auf die Welt gekommen. Durch den Verein „Einsmehr“ in Augsburg habe ich dann andere sehr nette Mamas kennengelernt und da habe ich dann mitbekommen, dass es neben Voijta ja noch andere Therapieansätze für DS Kinder gibt…. Und mitbekommen, wie toll die meisten von ihren Physiotherapeuten betreut und aufgefangen wurden. Ich hab mich dann echt gefragt, wo bin ich denn bei uns nur gelandet??? 
Wir wohnen ca. 50 Kilometer entfernt von Augsburg entfernt in der Kleinstadt Schrobenhausen und da ich das Angebot an Physiotherapeuten für Babies mit Down Syndrom oder anderen Behinderungen fast gleich null….
Ich habe mich davor schon mal etwas umgehört und auch von Voitja, Bobath, Pörnbacher Therapie kurz gehört… Aber das war alles Neuland und einfach so viel für mich…… ich hab davor 10 Jahre als Sekretärin im Büro gearbeitet. Ich war fit in Veranstaltungen organisieren, Büromanagement etc… aber von den ganzen Therapieformen habe ich vorher noch nie was gehört und deshalb von Tuten und Blasen überhaupt keine Ahnung.
Es ist ja anfangs für jede Mama beim ersten Kind alles neu, so anders…. alles ändert sich, auch persönlich ändert man sich. Und dann auch gleich noch der Oberchecker in Therapiemöglichkeiten zu sein..… Ich war einfach total überfordert. Auch mit der Verantwortung, zu entscheiden und zu erkennen, was richtig, was falsch, was gut, was schlecht ist……. Ich hätte mir gewünscht, ich hätte jemanden an meiner Seite gehabt, der mich an der Hand nimmt und sagt, du ich kenn mich aus, genieß die erste Zeit jetzt einfach mal mit deinem Kind, lernt euch kennen und dann helf ich dir, wie es weitergeht….  So irgendwie…
Auch die ersten Eltern die ich bei uns in der Gegend kennengelernt habe, waren nicht gerade stimmungsaufhellend für mich… Eine hat mir nur erzählt, was ihr Sohn trotz Therapien noch nicht kann und dass ich mich verabschieden soll, von einem normalen Leben. Ab sofort ist nix mehr normal…Und ich fand den 6jährigen echt toll und hab mir gedacht, dass ich sehr zufrieden und stolz wäre, wenn Tim sich auch so entwickeln würde….
Hatte ich doch so sehr auf die coolen, lustigen Mamas gehofft, von denen Conny Wenk in ihren Büchern berichtet hat….;-)
Ich hab dann beschlossen keine Termine mehr bei der Frühförderstelle auszumachen und auch keine allzu engen Kontakte zu Eltern pflegen mag, bei denen das Glas immer halb leer ist, anstatt halb voll…. Ich sag das jetzt einfach mal so….Ich bin jemand, der meistens davon ausgeht, dass alles seinen Sinn im Leben hat und versuche das Beste aus allen Lebenslagen zu machen. Und mir tut es dann einfach nicht gut, wenn jemand so pessimistisch ist ..…besonders am Anfang nach Tims Geburt, hab ich immer Ausschau nach den Eltern mit DS Kindern gehalten, die genauso denken wie ich, dass unsere Kinder eine größere Herausforderung sind als manche anderen Kinder, aber dass das jetzt nicht das Ende der Welt ist und man ja vielleicht auch was positives aus dieser Situation machen kann. Und nicht alles nur grau ist… Klar gibt es auch nicht so gute Tag, die dürfen ja auch sein…. Aber ob ich in meinem Leben glücklich bin oder nicht, kann ich doch nicht davon abhängig machen, ob mein Kind das Down Syndrom hat oder nicht…Ich glaube, man kann nicht automatisch mit jeder Mama befreundet sein, die ebenfalls ein Kind mit Down Syndrom hat – nur weil man sozusagen in derselben Situation steckt, heißt es nicht, dass man automatisch auf derselben Wellenlänge schwimmt.
Da ich anfangs nicht ewig in der Weltgeschichte mit meinem Kind rumfahren wollte, habe ich einen neuen Versuch gestartet und in der Nähe eine andere Therapeutin gefunden, die die Pörnbacher Therapie angeboten hat. Das war dann auch eher ein Reinfall, der Therapieansatz war super, hat mich sehr überzeugt, aber die war so unsensibel und hat mir voll die Angst gemacht wegen der extremen Asymmetrie und wie ich denn nur solange mit dem Kind bei der Frühförderstelle sein konnte und nix geändert habe….. und dass es echt kurz vor 12 ist, Tim konnte nicht wirklich fixieren und von Feinmotorik war da auch nicht viel da…. Ich war am Ende, und hab mir echt gedacht, ich bin die beschissenste Mama, der Gott ein Kind geben konnte…. Ich fühlte mich als Versager und konnte nicht mehr… 
Das konnte jetzt auch nicht die richtige Therapeutin für Tim sein….
Ich zweifelte immer mehr an mir und die Sorge um mein Kind war sehr groß…. Es hat sich in mir ein extremer Druck aufgebaut, mir ging es psychisch sehr schlecht und ich wusste nicht mehr, wie ich alles stemmen kann. Mein Mann ist selbständig und arbeitet viel, es lag an mir, mich um die Therapien für Tim zu kümmern. Mein Mann war dadurch auch sehr verzweifelt und war ebenfalls am Boden.
Ich habe dann eine der Mamas aus dem Verein angerufen und sie um Hilfe gebeten, weil ich nicht mehr weiter wusste. Es wurde mir dann die Telefonnummer von Frau Limbrock in Augsburg gegeben, sie sei eine super Physiotherapeutin und liebt Kinder mit DS. Ich solle sie mir mal anschauen, auch wenn ich 45 Minuten einfach zu fahren habe. 
Ich hatte dann ein sehr liebes Telefonat mit ihr und wir haben ganz schnell einen Termin bei ihr bekommen. Ich bin mit keiner großen Erwartung hingefahren…. Aber auf der Rückfahrt war ich einfach voller Dankbarkeit und Zuversicht und innerlich viel ruhiger!
Schon alleine wie sie und empfangen hat und mit Tim umgegangen ist…. Sie hat sich Zeit für Tim und mich genommen. 
Sie arbeiten nach Ihren Therapie-Ansätzen, hauptsächlich mit dem Pörnbacher Konzept, aber sie geht gezielt auf jedes Kind einzeln ein und arbeitet nicht nach „Fließband-Arbeit“, wie ich das von der Frühförderstelle kannte…. Sie schaut sich bei jedem Termin das Kind genau an und kuckt, was das Kind braucht und wo sie das Kind an dem jeweiligen Tag fördern kann, auf spielerische Art und Weise, in Kombination mit den Therapiehilfsmitteln Rollbrett, Lagerungskeil oder Rotationsstuhl…
Jetzt war mein Bauchgefühl ganz stimmig….. Frau Limbrock ist die Richtige für meinen Tim!!
Ich hatte das Gefühl, dass wir nach einer langen, sehr schweren Reise endlich angekommen sind!
Ich habe auch keine Sekunde mehr darüber nachgedacht, dass ich ca. 45 Minuten einfach zu fahren habe. Für mich war klar, dass es mir das Wert ist. 
Die nächsten Monate waren viel Arbeit für Tim und mich. Tim ging es aber sehr schnell viel viel besser – und das war für mich das Wichtigste!!! Ich habe mich bei Frau Limbrock einfach sicher und gut aufgehoben gefühlt und diese innere Ruhe, die dann langsam aber sicher wieder in mir zurückkam, hat sich natürlich dann auch auf Tim übertragen. Aber da mit der Pörnbacher Therapie alles gut im Alltag zu integrieren ist und spielerisch abläuft, war es gut zu handhaben und Tim und ich hatten auch Freude dabei. Tim hatte sehr viel aufzuholen, aber Dank Frau Limbrock haben wir Tims extrem Instabiliät gut in den Griff bekommen. Er hat mit der Pörnbacher Therapie innerhalb von 6 Monaten sehr viel aufgeholt, er hat einen bessere Aufrichtung bekommen, er hat gelernt zu fixieren, die Feinmotorik hat sich freigespielt, er ist ruhiger geworden und die Asymmetrie hat sich sichtbar verbessert!! Er hat einen guten Mundschluss bekommen und gelernt gut zu kauen! Und was ganz wichtig war, dass sich seine bereits bestehenden Stereotypien und Fehlmuster aufgelöst haben!
Er hat einfach super Fortschritte gemacht und macht er auch weiterhin…. 
Sie hat mir die Therapieelemente anfangs ausgeliehen, so dass ich gleich mit Tim zu Hause loslegen konnte. Das war eine enorme Erleichterung für mich. Es war gedanklich ein riesiger Berg, der sich da vor mir da aufgetürmt hätte, wenn ich mir die Elemente sofort hätte selber besorgen müssen…. So konnte ich mich in Ruhe und ohne Druck dem ganzen Papierkram und den Telefonaten mit der Kasse etc. stellen.
Frau Limbrock war die erste Therapeutin, die auch mal hören und wissen wollte, wie es mir und auch meinem Mann geht und was ich oder wir so alles erlebt haben, seit Tim da ist. Es war unglaublich wichtig für mich, auch mal über meine Sorgen und Ängste sprechen zu können. Sie sieht Tims Stärken und erfreut sich an seinem Lernen und hebt nie hervor, was er noch nicht kann, sondern was er alles gut macht, was er wieder neues kann und erfreut sich mit mir an ihm und wie er die Welt entdeckt! Sie erklärt alles sehr gut und genau, so dass ich auch mittlerweile ein gutes Basiswissen der Physiotherapie erworben habe und kein Nullchecker mehr bin…. 😉 Und auch sonst hat sie immer ein offenes Ohr und gibt Tipps und Ratschläge….Was ich aber am allerschönsten fand, war ihre Art und Weise, wie sie mit meinem Kind umgegangen ist und auch heute noch umgeht. So einfühlsam, liebevoll und voller Freude! Tim ist gerne bei ihr und macht ganz toll mit – somit ist die Therapie keine Belastung, sondern einen Entlastung.
Auch was das Thema Logopädie und Frühförderung angeht, konnte ich mit ihr besprechen und habe mich dann in meinen Entscheidungen leichter und sicherer getan. Ich war einfach total verunsichert und hatte ehrlich gesagt Angst, wieder in dem nächsten Hamsterrad zu landen. 
Jetzt sind wir angekommen…. Ich habe die Anlaufstelle gefunden, die ich mir für Tim und mich herbeigewünscht habe…. Bis dahin war es ein langer Weg….. Aber seitdem ging es dann bergauf! Auch ich wurde wieder ruhiger und habe meine Intuition und Bauchgefühl wiedergefunden. Und 3 liebe, coole, lebensfrohe Mamas mit tollen, besonderen Kindern habe ich ebenfalls kennengelernt!
Ich bin glücklich und zufrieden, wie es jetzt ist! Und sehr stolz auf meinen besonderen Buben, der inzwischen 2,5 Jahr ist!
Gerade das Therapieangebot für oder bei unseren Kindern ist so groß, dass sich da die meisten erstmal durchwurschteln müssen. Und letztendlich muss jede Mama oder jedes Elternpaar selbst entscheiden, was für sein Kind gut ist oder nicht, und was es evtl. auch überhaupt nicht braucht! Was für Kind A passt, passt nicht automatisch zu Kind B oder C….
Wichtig ist auf alle Fälle eine Therapeutin (egal in welchem Bereich) zu haben, bei der oder dem man ein stimmiges Bauchgefühl hat, dass Kind sich wohlfühlt und man sein Kind in guten Händen weiß……. Wenn wir schon Therapie mit unseren Kindern machen, dann an der richtigen Anlaufstelle…. Alles andere ist ja auch für das Kind nicht fördern. Und uns als Eltern kostet es unnötig Energie…
Wenn ich einen Sinn in diesem Dilemma, dass ich das erste Jahr erlebt habe, sehe, dann den, dass vielleicht irgendjemand jetzt meinen Bericht liest und Mut daraus schöpft… oder vielleicht auch gerade erst in der Anfangsphase steckt und meine Erfahrung überdenkt…. Und sich somit zu Hause entspannt, mit seinem Kind ankommt und sich in aller Ruhe auf die Suche nach der richtigen Anlaufstelle bzw. Therapeuten macht. Denn während ich jetzt grad so schreibe, kommt mir der Gedanke, ob die Belastung nicht alleine von der schlechten anfänglichen Betreuung kam, sondern auch von mir selber…. Hätte ich mich anfangs da nicht so reingestresst, hätte ich den Blick für das Wesentliche vielleicht gar nicht so verloren…. Und mich entspannt zurückgelegt, und mir und Tim mehr Zeit gelassen, alles auf uns zukommen zu lassen……. 
Nur so nebenbei ich habe trotz allem viel mit Tim gekuschelt und geschmust und normale Sachen gemacht, die andere Mamas oder Familie auch machen… Tim war auch schon mehr im Urlaub, als mancher Erwachsener….… ☺ (Nicht dass hier jetzt noch ein Bild aufkommt, dass ich nur bei der Therapie mit Tim war 😉 – aber mein Kopf hat sich im ersten Jahr leider sehr sehr viel damit beschäftigt….)
Anfangs war meine Sichtweise ja auch, dass ich mit Tim Therapien machen muss, dass er sich so gut oder normal wie möglich entwickelt… 
Meine Sichtweise hat sich grundlegend geändert. Und das ist auch gut so….
Ich mache Physiotherapie mit Tim damit er gut krabbeln, gut sitzen, gut essen und trinken gelernt hat und bald auch gut laufen kann. Logopädie, damit man ihn unterstützt in die Sprache zu finden. Die Logopädin mag Tim auch sehr gerne und er hat großes Interesse und Freude die Sprache zu entdecken.
Und nicht, um ihn so „normal“ wie möglich hinzubiegen…..
Ich habe in den letzten 2,5 Jahren gelernt, dass es nicht darauf ankommt, dass man mit einem Kind, das Förderbedarf hat, Therapien macht. Es ist wichtig, dass man die richtigen Therapeuten bzw. das richtige Netzwerk hat, und unsere Kinder sind so sensibel, sie zeigen uns so leicht und schnell, wo sie sich wohlfühlen, wen sie mögen. Der Rest ergibt sich dann meistens von selbst…..Alles andere was in einem Kampf endet, kann nicht der richtige Weg sein!
Das Leben ist kein Kampf!
Mein Kind darf seinen Weg gehen, den er nach seinen Möglichkeiten und Begabungen gehen kann. Wichtig ist mir, dass es ihm gut geht und er glücklich ist! Er muss nicht Germany´s next Top Downie“ werden. Er wird von uns in keine Schublade gepresst, er darf so sein, wie er ist – „Einfach Tim“. 
In dieser Welt wird uns so vieles aufgezwungen und gerade wir als Eltern mit Kindern, die eine Behinderung haben, müssen sich in der Zeit, in der es anscheinend für alles eine „Lösung“ gibt noch mehr behaupten. Da kommen dann vielleicht Aussagen, wie von meinem Schwiegervater, der meinte, „du machst doch schon ewig Physiotherapie, warum läuft denn Tim jetzt immer noch nicht…“. Das nervt und macht mich traurig und sauer…. Und dass Tim noch einen ausgeprägten Knick-Senk-Fuß hat, der sich verbessern sollte, bevor er voll losrennt, interessiert da nicht…. Hauptsache man kann sagen, er läuft!!!!! 
Das Thema „Laufen“ ist bei Kindern ja generell das „Vergleichsthema Nummer 1“, ob bei Kindern mit 46. oder auch 47. Chromosomen
Wir leben einfach in einer Leistungsgesellschaft…..….
Was mir gerade noch dazu einfällt….Ich war letztes Jahr mit Tim beim Kinderendokrinologen, um mal seinen Schilddrüse prüfen zu lassen. Die Werte waren soweit ok, allerdings ist bei dem großen Blutbild aufgefallen, dass der Wert des Wachstumshormons zu niedrig ist. Der Arzt meinte, da Tim ja schon mit der Einschränkung Down Syndrom leben muss, sollten wir uns, falls sich das mit dem Hormon nicht regeneriert oder so ähnlich, Gedanken über eine Hormontherapie machen, da er ja dann noch kleiner sein wird, als Menschen mit DS sowieso schon sind. Er sähe das als zusätzliche Einschränkung. Der Arzt war an sich sehr nett….  Es ist halt sein Job….. Ich finde das jetzt auch nicht zum Aufregen. Mich hat es eher mal wieder zum Nachdenken angeregt, was alles wichtig ist, um der Norm zu entsprechen. Wie groß muss ein Mensch oder Kind generell gewachsen sein, damit es ok ist!?!?
Unsere Kinder, alle Kinder sind genau richtig, so wie sie sind und jedes sollte auch so leben und sein dürfen, wie es ist! Jedes ist ein Individuum, etwas Besonderes und vor allem einzigartig!
Nur wir Erwachsenen sind diejenigen, die unsere Kinder manchmal „kaputt“ formen oder umformen wollen…. Und dass, nur im Leistungsstrom mitschwimmen zu können oder weil wir Anerkennung von anderen suchen….????
Man kann kein Chromosom wegzaubern, aber es gibt Therapien oder Therapeuten die helfen, dass das Kind entsprechend seiner Möglichkeiten und Begabungen, auf seinem jeweiligen Entwicklungsniveau, gefördert wird. Und unsere Kinder somit freudig vieles erlernen können. 
Tim geht seit einem Jahr in die Kinderkrippe, er hat  einen Integrativplatz und seitdem blüht er total auf! (Mir tut es auch sehr gut! ;-)) Er geht sehr gerne hin und er ist sehr gut in die Gruppe integriert. Ich glaube, mit anderen Kindern zusammen zu sein und von ihnen zu lernen, ist die beste Förderung für unsere Kinder generell.
Ich gebe zu, es ist nicht immer leicht, anders zu sein und das auch oft zu spüren…. 
Ich glaube, jeder hat seine Aufgabe im Leben. Und meine Aufgabe ist es sicherlich, meinen ganz eigenen Weg zu gehen und durch Tim noch mehr „anders sein“ zu dürfen und zu lernen drüberzustehen, was andere sagen oder denken! 
Klar tut es weh und macht mich traurig, wenn ich merke, dass Tim speziell von manchen Bekannten oder Verwandten (die meisten haben ihn lieb ohne Wenn und Aber und gehen ganz natürlich mit seinem besonderen Extra um!) vielleicht bemitleidet wir, weil er DS hat. Und nur die Dinge gesehen werden, die er eben noch nicht kann oder auch mit anderen Kindern verglichen wird…. Aber das ich bestimmt auch ein Reifeprozess für mich…. Für ihn bin ich bereit diesen Weg zu gehen! Und ich habe Vertrauen, dass ich das auch noch lerne! 😉 Vielleicht verändere ich dadurch ja in meinem Bekannten- und Verwandtenkreis auch etwas….ich wünsche es mir!!!!
Wenn mir jemand einen Nachricht senden möchte, sehr gerne…….
(E-Mail Adresse auf Anfrage bei Sonea Sonnenschein)

————————————————————————
Liebe Marion, vielen vielen Dank an dieser Stelle noch mal für diesen tollen, ausführlichen Bericht. Er hat mir mal wieder vor Augen geführt wie viel Glück wir haben die Praxis Rodenacker mit dem „Rundum Sorglos Paket“ in unmittelbarer Nähe zu haben. An diese Hilflosigkeit nach der Geburt, nicht zu wissen wohin man sich nun wenden muss und wie es weiter geht, erinnere ich mich noch sehr gut und wir erleben sie gerade ein Stück weit wieder in Sachen Schule. 
Ich wünsche Euch für die Zukunft weiterhin alles Gute, freue mich ganz besonders auf den 21.03 und darauf hoffentlich bald wieder von Euch hier zu lesen. Liebe Grüße…

6 Kommentare

  1. Ein schöner Bericht. Gerade, um Eltern zu zeigen, dass es auch anders geht. Es ist aber traurig, was du am Anfang durchmachen musstest 🙁 Da haben sich Ärzte und Therapeuten echt nicht mit Ruhm bekleckert.
    Ich bin selber Ergotherapeutin. Und bei der Behandlung eines Kindes oder Erwachsenen ist IMMER das Umfeld mit einzubeziehen. Wie du schon geschrieben hast, was für A passt, passt nicht für B usw. Außerdem hat ja jeder andere Prioritäten. Und was für eine Familie Stress bedeutet, ist für eine andere in Ordnung. Schön, dass du so auf dein Bauchgefühl gehört hast. Da hat Tim echt Glück mit seiner Mama. Die ihn zwar fordert, aber nicht überfordert. Und Glückwunsch, dass ihr jetzt die für euch perfekte Therapeutin gefunden habt.
    LG Jasmin

  2. Ein schöner wenn auch zum Teil sehr trauriger Bericht. Ich bin fassungslos über die sehr mangelhafte Betreuung von Eltern und Kind. Das in unserer hoch modernen Zeit! Wie viel Kraft müssen junge Eltern aufbringen? Allein gelassen von Ärzten, Therapeuten und mitunter auch vom sozialen Umfeld. Ich bin Mitte Fünfzig, habe drei erwachsene Kinder. Ein Kind seit der Geburt stark hör behindert. Ich wünsche den Eltern weiterhin viel Kraft und Freude bei der Begleitung des Kindes auf seinem Lebensweg!
    P.S. Im letzten Jahr durfte ich Gruppenbetreuerin bei dem jährlich statt findenden DownSportlerFestival in Frankfurt/Kalbach sein. Für Kinder ab 4Jahre bis ins Jugendalter. Ein tolles Erlebnis und eine Bereicherung für mich. Strahlende Kinderaugen beim Laufen,Hüpfen und Springen. Ebenso auch für die gesunden Geschwisterkinder.
    Liebe Grüße
    Tina

  3. Toll, das Tim eine so wundervolle Mama hat, die ihn ganz einfach Kind sein lässt, die ihn fördert, aber nicht überfordert! Du hast Recht, wir leben in einer absoluten Leistungsgesellschaft, es zählt nur, wer Leistung bringt und der "Norm" entspricht. Dabei ist doch jeder Mensch ein Individuum, jedes Kind, ob mit Extra oder ohne, hat seine Eigenheiten, seine Stärken und Schwächen.
    Du kannst stolz auf dich und deine Familie sein. Ihr macht das toll!
    ♥lich, Carmen

  4. Ein schöner Bericht und ich danke dir sehr, dass du deine Erfahrungen mit uns geteilt hast.
    Meiner Meinung nach sind deine Erfahrungen im 1. Jahr mit Tim bzw. mit den Therapeuten und Ärzten genau der Grund warum viele Frauen, die die Diagnose bereits in der Schwangerschaft erfahren, sich doch für einen Abbruch entscheiden. Ich bin überzeugt, wenn es so etwas, wie du es erlebt hast, nicht gäbe; wenn Kinder und ihre Eltern durch ein Netzwerk von einfühlsamen Therapeuten, Ärzten und Pädagogen einfühlsam in ihren ersten Jahren begleitet werden, dann würde sich das rumsprechen und viele Frauen/Paare müssen sich nicht mit einer furchtbaren Entscheidung quälen. Aber nur zu viele Frauen/Paare, die in der Schwangerschaft mit der Diagnose konfrontiert werden und deshalb noch vermeintlich eine Wahl haben, ahnen, dass einen mehr Steine in den Weg gelegt werden als das Extra-Chromosom. Hättest du dir vor der Geburt vorstellen können, dass du diese unfassbaren Ängste um die Gesundheit deines Kindes aushalten kannst? Die Hilflosigkeit, weil einem scheinbar niemand ernst nimmt? Das man trotzdem jeden Morgen aufsteht und nicht vollkommen daran zerbricht? Ich glaube man kann sich vorher nicht vorstellen, dass man so etwas aushalten kann und dann entscheidet man sich dagegen. Ich kann diese Frauen/Paare verstehen. Es ist nicht ihr Fehler, sondern der unserer Gesellschaft. Die permanenten Bescheidung unseres Gesundheitssystems ist Schuld, so dass qualifizierte Fachkräfte – die mit Menschen arbeiten! – eine Besonderheit darstellen. Absurd irgendwie!
    Ich hoffe sehr, dass dein Beitrag vielleicht mindestens einer Familie inspiriert, dass man es schaffen kann und dass es, wenn man seinen Weg gefunden hat, gar nicht mehr sooooo überwindbar schwer sein muss. Damit sie sich es zutrauen! Was wäre unsere Welt ohne Sonnenscheinkinder …
    Übrings das Foto ist herzallerliebst! Du hast einen wirklich sehr hübschen Jungen. 🙂
    Lg Corinna

  5. Sehr schöner gelungener Beitrag. Da sieht man mal wieder wie man alleine gelassen wird von allen möglichen Seiten, leider. Und durch Zufall und eigene Courage kommt man dann irgendwann an den Punkt wo man sich sicher und aufgehoben fühlt. Ich bin in der Nähe von Augsburg aufgewachsen und weiß dass es in manchen Gegenden noch echt ländlich zugeht und viele Ansichten doch noch sehr veraltet sind. Ich wünsche euch alles Gute für den weiteren Weg.

  6. Hallo Ihr Lieben,
    sehr schöner Bericht… Unsere Tochter ist ohne "Extras" geboren, aber mich macht es immer wieder nachdenklich und ein bissl traurig, dass wir im 21. Jahrhundert leben und ich immer wieder lese, wie überfordert sogar Ärzte und Fachkräfte sind, wenn es darum geht, das etwas "nicht normal" ist… Schade, dass es vermutlich vielen Eltern so geht wie hier beschrieben… Ich habe damals einen Kindergarten ausgesucht, der Integrationskinder aufnehmen kann und finde es klasse, wie meine Tochter mit den Kindern umgeht. Wir sprechen da offen drüber, so dass sie später keine Ängste oder Hemmungen haben muss, und es ganz normal ist, dass alle Menschen auf ihre Art anders sind.
    Ich wünsche Euch ein wundervolles Wochenende…
    GLG
    Manu

Kommentare sind geschlossen.